Papst Franziskus bestätigte Battista Re im Amt

Der Kardinaldekan – ein einflussreiches Ehrenamt

Veröffentlicht am 08.02.2025 um 00:01 Uhr – Von Roland Juchem (KNA) – Lesedauer: 6 MINUTEN

Vatikanstadt ‐ Papst Franziskus hält viel davon, Amtszeiten zu begrenzen. Auch beim ehrwürdigen Amt des Kardinaldekans. Da stand seit Mitte Januar eine Neuwahl an, aber lange war nichts zu hören. Was zu Vermutungen anregte.

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Früher hätte Giovanni Battista Re bis zu seinem Tode "Erster" des Kardinalskollegiums sein können. Aber Papst Franziskus hat im Zuge seiner Kurienreformen auch das altehrwürdige Amt des Kardinaldekans – es geht bis in 12. Jahrhundert zurück – auf fünf Jahre begrenzt. Und so war die offizielle Amtszeit von Giovanni Battista Re als Kardinaldekan vor gut drei Wochen abgelaufen – formal zumindest. Angetreten hatte er das Amt am 18. Januar 2020 als Nachfolger des Ende 2019 zurückgetretenen Angelo Sodano. Dass Re bereits Anfang Januar wiedergewählt und vom Papst bestätigt wurde, teilte der Vatikan erst gut vier Wochen später mit.

Der Dekan des Kardinalskollegiums, auch Kardinalbischof von Ostia, war früher eine einfache Frage des Dienstalters. Paul VI. legte 1965 fest, er solle von den Kardinalbischöfen aus ihrer Reihe gewählt werden. Außerdem nahm er die Kardinalpatriarchen der katholischen Ostkirchen in den Rang der Kardinalbischöfe auf.

Wahlberechtigt sind die zwölf Kardinalbischöfe

Gemäß der von Paul VI. erlassenen und von Franziskus 2019 geänderten Regeln, musste Anfang dieses Jahres ein neuer Kardinaldekan gewählt werden – oder Re Amtszeit verlängert werden. Das Gleiche gilt für seinen Vertreter, Subdekan Leonardo Sandri (81). Wahlberechtigt sind die derzeit zwölf Kardinalbischöfe, Mitglieder der ranghöchsten Gruppe von Purpurträgern – was aber ebenfalls mehr Ehrenrang als Macht bedeutet. Da die Wiederwahl lange unerwähnt blieb, sahen sich spekulationsfreudige Vatikanbeobachter seit einiger Zeit zu Mutmaßungen und Gedankenspielen angeregt.

Begräbnismesse für gestorbenen Papst

Solange ein Papst regiert, ist Kardinaldekan ein eher langweiliges Ehrenamt. Der Dekan darf die Begräbnismesse für einen gestorbenen purpurnen Mitbruder halten – sowie bei Zeremonien und Gottesdiensten gelegentlich den Papst vertreten. Was Re in den vergangenen Jahren oft getan hat, wenn Franziskus sich nicht fit oder mobil genug fühlte, etwa um eine Eucharistiefeier auch am Altar des Petersdomes zu leiten. Spannend wird es für einen Kardinaldekan, wenn ein amtierender Papst stirbt oder zurücktritt.

Dann muss er die wahlberechtigten Kardinäle zum Konklave nach Rom einberufen. Er steht der Begräbnisliturgie des Papstes vor, hält dabei die Predigt. Auch moderiert er vor dem eigentlichen Konklave die Generalkongregationen, zu der noch alle Kardinäle auch jenseits der Altersgrenze zugelassen sind. Diese Runden dienen dem besseren Kennenlernen sowie dem Austausch darüber, welchen Typ Papst die Kirche nun braucht.

Bild: ©picture alliance / abaca | ABACA

Der Dekan des Kardinalskollegiums Kardinal Giovanni Battista Re beim Requiem für Benedikt XVI. auf dem Petersplatz. Nach fünf Jahren Amtszeit wurde er Anfang Januar wiedergewählt und vom Papst bestätigt. Der Vatikan teilte dies gut vier Wochen später mit.

Wenn der Kardinaldekan das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, leitet er auch die Papstwahl im Konklave selbst. Mit diesen Aufgaben erhält das Ehrenamt des Kardinaldekans erheblichen Einfluss. Der umso mehr genutzt werden kann, je besser derjenige vorher schon als Moderator des Kardinalskollegiums wirken konnte. Wie es etwa Kardinal Joseph Ratzinger im April 2005 machte - bevor er selbst zum Papst gewählt wurde.

Mit der Amtszeitbeschränkung auf fünf Jahre und einer möglichen Wiederwahl führte Franziskus auch für das letzte Kurienamt eine grundsätzliche Befristung ein. Damit erhält er Gelegenheit, den von den Kardinälen gewählten Dekan turnusmäßig auszutauschen. Bei Re, der loyal zum Papst steht und den gehbehinderten Franziskus öfter bei Messen vertritt, hätte Franziskus dies nur aus Altersgründen getan. Angesichts des längeren Schweigens um Res Amtszeit hatten manche gefragt: Versucht Franziskus bei der Nachfolgeregelung seinen treuen Gewährsmann Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin durchzusetzen?

Subdekan Sandri war aussichtsreicher Kandidat

Neben Parolin sahen Vatikanbeobachter diverser Medien zuletzt vor allem den derzeitigen Subdekan des Kardinalskollegiums, den 81-jährigen Argentinier Leonardo Sandri als aussichtsreichen Kandidaten. Allerdings kann Sandri, weil über 80 Jahre, kein Konklave mehr leiten.

Einige vermuten, Franziskus habe zu seinem Landsmann ein eher kühles Verhältnis; er sähe ihn ungern als Kardinaldekan. Einige Kommentatoren behaupten, es handle sich um einen persönlichen Groll, der auf die Zeit des Papstes als Erzbischof von Buenos Aires zurückgehe, als Sandri als Stellvertreter Kardinal Sodanos im Staatssekretariat diente und angeblich mehrere von Erzbischof Bergoglio vorgeschlagene Bischofsernennungen blockierte. Andere meinen, Franziskus sei besorgt wegen der Optik einer argentinischen Phalanx an der Kurie: er selbst als Papst, sein Freund Kardinal Victor Fernandez als Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre und eines Kardinaldekans Sandri.

Verzögerung der Wahlbekanntgabe warf Fragen auf

Allerdings ist sein Einfluss begrenzt, denn Dekan und Subdekan werden von den Kardinalbischöfen gewählt. Und bei denen wäre vermutlich, je mehr Franziskus versucht hätte zu intervenieren, vorhandener Unmut wachsen. Keiner der acht Kardinalbischöfe über 80 hat - bis auf den maronitischen Patriarchen Kardinal Rai - irgendwelche kirchlichen Ämter zu verlieren oder zu gewinnen.

Kardinal Leonardo Sandri.
Bild: ©KNA

Neben Parolin sahen Vatikanbeobachter diverser Medien zuletzt vor allem den derzeitigen Subdekan des Kardinalskollegiums, den 81-jährigen Argentinier Leonardo Sandri als aussichtsreichen Kandidaten. Allerdings kann Sandri, weil über 80 Jahre, kein Konklave mehr leiten.

Die Acht bilden im Gegenteil wahrscheinlich die einzige Gruppe von Klerikern, die von päpstlichem Einfluss, Missfallen oder Gunst relativ isoliert ist. Falls beschlossen hätten - wie es Männer über 80 manchmal tun, wenn sie das Gefühl haben, nicht respektiert zu werden -, sich durchzusetzen, hätten sie Sandri trotzdem gewählt oder jemand ganz anderen. So aber scheint das Gremium erst einmal abwarten zu wollen.

Eine andere in Vatikanisten-Kreisen durchgespielte Variante setzte auf Kardinal Fernando Filoni. Der ist mit 78 Jahren wahrscheinlich zu alt, um als ernsthafter Kandidat für das Papstamt zu gelten. Aber er ist jung genug, das Amt des Dekans zu übernehmen und ein Konklave zu leiten, und er ist lange genug im Amt, um über beträchtliches Fachwissen zu verfügen. So ist Filoni als persönlicher Gesandter von Johannes Paul II. im Irak mit der Politik und Geschichte des Nahen Ostens bestens vertraut.

Das nächste Konklave würde Parolin leiten

Dann ist da noch die Geschichte mit seiner Absetzung. Der gebürtige Süditaliener aus Apulien wurde 2019 vorzeitig als Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung abgesetzt, um Platz für den Jüngsten der Kardinalbischöfe, Kardinal Luis Antonio Tagle, zu machen. Filonis Entlassung und Tagles Beförderung, so heißt es, hätten auch mit Parolin zu tun gehabt. Es sei Filonis lauwarme, sogar privat kritische Aufnahme des Vatikan-China-Abkommens von 2018 - eines typischen Parolin-Projekts - gewesen, die zu seinem Weggang führte.

Zwar ist von den vier Kardinalbischöfen unter 80 Jahren Filoni sowohl der älteste als auch der am längsten im Amt befindliche Kardinal. Dennoch würde er das nächste Konklave nicht leiten. Aufgrund einer Eigenheit der Tradition steht vor ihm in der fein ziselierten Rangfolge Pietro Parolin, da dessen Name bei der Bekanntgabe der Ernennung beider Männer zu Kardinalbischöfen im Jahr 2018 an erster Stelle erschien.

Von Roland Juchem (KNA)