Standpunkt

Katholiken müssen wieder diskutieren lernen

Veröffentlicht am 21.02.2025 um 00:01 Uhr – Von Volker Resing – Lesedauer: 3 MINUTEN

Bonn ‐ Die inhaltliche Auseinandersetzung war lange keine typisch katholische Eigenschaft, kommentiert Volker Resing. Auch in der momentanen Diskussion beobachtet er exkludierendes Denken – und fordert einen Neuaufbruch.

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Die katholische Kirche hat das Diskutieren verlernt. Tatsächlich war die gepflegte inhaltliche Auseinandersetzung lange sowieso keine Eigenschaft, die intuitiv mit der römischen Konfession in Verbindung gebracht wurde. Erst in Folge des 2. Vatikanischen Konzils entwickelte sich (erneut) eine katholische Debattenkultur, die aber noch klar in der Ordnung "Volk gegen Hierarchie" funktionierte. Das änderte sich langsam, aus dem horizontalen Frontverlauf wurde ein vertikaler, in der etablierten Aufteilung von rechts und links. Doch die tiefsitzende dogmatische Prägung, dass es bei einer Debatte um den Kampf um die Wahrheit und nicht um das Ringen und Suchen nach einem guten Weg geht, steht nun erneut dem Wachsen eines demokratischen Geistes im Wege.

Was in Glaubensdingen noch bisweilen plausibel ist, verkehrt sich in der Politik zu einem anti-pluralistischen und exkludierenden Denken. Besonders deutlich wird das in der aktuellen Auseinandersetzung um die Migrationspolitik. Wenn die katholische Kirche auch in diesen schwierigen Fragen ein Ort des demokratischen Austausches sein will, muss sie moralische Überheblichkeit vermeiden. In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) begründet die ehemalige CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ihren Austritt aus dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mit dieser Veränderung der katholischen Diskussionskultur.

Es sei normal, dass migrationspolitische Debatten vom ZdK kritisch begleitet würden. Das sei nicht das Problem. "Was für mich jetzt der Grund war, auszutreten, war die neue Tonalität, mit der diese Kritik vorgetragen wird." Die eigene Position werde für die einzig richtige, gehalten und "mit dem erhobenen Zeigefinger" werde "auf alle anderen herabgeredet". Das könne sie nicht mehr mittragen, sagt Kramp-Karrenbauer.

Nach der Bundestagswahl muss es einen Neuanfang geben, so viel ist klar. Die Katholiken müssen wieder diskutieren lernen. Denn die Kirche ohne politische Debatte verfehlt einen wichtigen Auftrag, der sich aus ihrer Botschaft ergibt.

Von Volker Resing

Der Autor

Volker Resing leitet das Ressort "Berliner Republik" beim Magazin "Cicero".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.