Traditioneller Katholizismus sei in rechtsextremen Kreisen beliebt

Expertin: Traditionalisten-Influencerinnen nutzen gezielte Strategien

Veröffentlicht am 27.02.2025 um 13:59 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN

Wien ‐ Eviane Leidig hat sich ausgiebig mit traditionalistischen Influencerinnen in den sozialen Medien beschäftigt. Nun erklärt sie in einem Interview, welche Strategien sie nutzen, um junge Menschen anzusprechen.

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Die Rechtsextremismusforscherin Eviane Leidig sieht bei traditionalistisch-christlichen Influencerinnen eine gezielte Strategie, um junge Menschen anzusprechen. Diese würden vor allem jene aus religiösen Haushalten ansprechen, um Narrative wie die Komplementarität der Geschlechter zu verbreiten, sagte Leidig in einem Interview für das Internetportal "Feinschwarz" (Donnerstag). In dieser Vorstellung hätten "Männer und Frauen unterschiedliche, aber heilige Rollen". Dabei würden religiöse Botschaften genutzt, um "christlich-nationalistische Ideen zu verankern, besonders rund um das Konzept der traditionellen Kernfamilie".

Auffällig ist für Leidig aber auch die persönliche religiöse Entwicklung der Influencerinnen: Einige von ihnen seien in säkular-liberalen Haushalten aufgewachsen und hätten erst später zum orthodoxen oder katholischen Glauben gefunden. Vor diesem Hintergrund seien Beiträge über die tägliche Gebetspraxis, Buchempfehlungen oder Videos über ihre Konversionsgeschichten ein zentraler Bestandteil ihrer Arbeit.

Hinsichtlich der konfessionellen Zugehörigkeit habe sie in ihrer Forschung festgestellt, dass der Evangelikalismus ein wichtiges Identitätsmerkmal von Influencerinnen sei. Es gebe aber auch eine "bemerkenswerte Anzahl", die sich als Katholiken identifizierten, darunter einige, die erst später zum Katholizismus konvertiert seien. "Es gibt einen breiteren Trend innerhalb rechtsextremer Kreise, in denen der traditionelle Katholizismus – oft als 'tradCath' bezeichnet – stark an Popularität gewonnen hat", so Leidig weiter.

Gezielte Auswahl kirchlicher Lehren

Auffallend war in diesem Zusammenhang die symbolische Betonung der Religiosität durch das Teilen von Andachts- und Gebetsbildern. Auf diese Weise werde nach außen das Bild einer frommen Christin aufrechterhalten, gleichzeitig würden aber "gezielt bestimmte kirchliche Lehren" ausgewählt, die "mit ihren politischen Überzeugungen übereinstimmen". Und, so Leidig weiter: "Das ist ein zentraler Aspekt ihrer Taktik, die verfängt, da es ihnen so möglich ist, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen und religiöse Glaubwürdigkeit auszustrahlen."

Leidig forscht zu Rechtsextremismus und Gender, Extremismus im Netz sowie Digitalpolitik und Regulierung. 2023 hatte sie ihr Buch "The women of the far right: Social Media influencers and radicalization" veröffentlicht. Darin beschäftigte sie sich mit Influencerinnen und wie diese ihre Ideologien über Lifestyle-Inhalte in sozialen Medien verbreiten. (KNA)