Standpunkt

Bei Koalitionsverhandlungen fehlt die religionspolitische Expertise

Veröffentlicht am 14.03.2025 um 00:01 Uhr – Von Dirk Bingener – Lesedauer: 4 MINUTEN

Aachen ‐ Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD haben begonnen – und legen ein atemberaubendes Tempo vor, kommentiert Pfarrer Dirk Bingener. Er warnt davor, wichtige Themen aus dem Blick zu verlieren – gerade in der Entwicklungsarbeit.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Es geht alles ganz schnell. Seit der Bundestagswahl sind kaum drei Wochen vergangen, die Sondierungsgespräche sind abgeschlossen und schon starten Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Deren Ergebnisse sollen binnen zehn Tagen vorliegen. "Keine Zeit verlieren" scheint die Devise angesichts der enormen politischen Herausforderungen. Es ist zu begrüßen, wenn Deutschland schnell eine handlungsfähige und stabile Regierung bekommt. Zugleich regt sich aber die Sorge, dass bei solch einem atemberaubenden Tempo wichtige Themen aus dem Blick geraten oder gar unter den Tisch fallen.

Diese Sorge nimmt zu, blickt man etwa auf die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe 12 der Verhandlungen zu den Themen "Außen und Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte". Was auffällt, ist vor allem das Fehlen nahezu jedweder religionspolitischen Expertise. Gerade einmal eines von 16 Mitgliedern hatte in der Vergangenheit explizit Berührungen mit dem Thema Religionsfreiheit. Darüber hinaus gehört weder der noch amtierende Beauftragte für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Frank Schwabe, noch einer der bisherigen religionspolitischen Sprecher der Parteien der Arbeitsgruppe an. Auch die Leiterin der Gruppe, Svenja Schulze, ist bislang nicht unbedingt durch besondere Religionssensibilität aufgefallen. Dabei sollte klar sein: Eine nachhaltige Außen- und Entwicklungspolitik sind ohne Berücksichtigung des Themas Religion kaum möglich.

Zugleich ist zu hoffen, dass die Arbeitsgruppe nicht den irrlichternden Signalen aus den USA folgt und die Weichen in Richtung einer ausschließlich interessengeleiteten Entwicklungszusammenarbeit stellt. Auch in Deutschland waren zuletzt solche Stimmen zu hören. Entwicklungszusammenarbeit aber muss sich primär an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten, insbesondere der Armen und Marginalisierten, die ja oft genug auch von ihren eigenen, vielmals autokratischen Regierungen im Stich gelassen werden. Gerade eine Bundesregierung unter christdemokratischer Führung sollte dies berücksichtigen.

Von Dirk Bingener

Der Autor

Pfarrer Dirk Bingener ist Präsident des Internationalen Katholischen Hilfswerkes missio Aachen und des Kindermissionswerkes "Die Sternsinger" in Aachen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.