Kretschmann kritisiert Personalpolitik der katholischen Kirche
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kann die Personalpolitik der katholischen Kirche nicht nachvollziehen. "Wenn wir im Staatsministerium oder in der grünen Partei keinen Nachwuchs mehr bekämen, dann würden wir Tag und Nacht überlegen, wie wir das ändern können", betont er in dem am Montag erschienenen Buch "Warum heute Christ*in sein?". Doch in der Kirche rege sich scheinbar niemand über den großen Priestermangel wirklich auf. "In so einer Situation zu sagen 'lieber keine Priester als Priester ohne Zölibat oder die Weihe von Frauen', das ist mir unbegreiflich", so Kretschmann.
Der bekennende Katholik erläutert in dem Sammelband den Grund für seinen christlichen Glauben. "Die Menschwerdung Gottes ist ein epochales Ereignis. Mit ihr ist Gott in einer radikalen Form Wirklichkeit geworden. Deshalb bin ich Christ", erklärt Kretschmann. Dieses Verwurzeltsein gebe ihm vor allem im politischen Leben Stärke, weil ihn der Glaube befreie: "Wenn ich als Politiker scheitere – und damit muss man rechnen –, dann scheitere ich nicht vor Gott." Jenseits seiner Leistung sei er vor Gott angenommen. "Das ist das Befreiende."
"Danken macht zufriedener"
Kretschmann erklärte, für ihn habe der Glaube einen tatsächlichen Mehrwert: Religiöse Menschen gälten als zufriedener, was auch etwas mit den Gottesdiensten zu tun habe: "Diese sind davon geprägt, dass wir Gott danken. Danken macht zufriedener. Man nimmt wahr, was einem alles geschenkt worden ist." Doch er kenne nicht nur das Dankgebet: Generell sei er zwar eher ein "Gemeinschaftsbeter", aber in besonders krassen Situationen, in denen es besonders hart auf hart gegeneinander gehe, "schicke ich schon einmal ein Beschwerdegebet".
Im Sammelband "Warum heute Christ*in sein?" geben 21 evangelische und katholische Christinnen und Christen ihre persönlichen Antworten auf die Frage, was sie in ihrem Leben trägt. So ist der Glaube für die evangelische Theologin Margot Käßmann politisch. Politiker Wolfgang Thierse denkt zurück an das Katholisch-Sein in der DDR und wieso der Glaube für ihn Hoffnung bedeutet. (KNA)