Kardinal: Benedikt XVI. und Franziskus nicht gegeneinander ausspielen
Der spanische Kardinal Julian Herranz Casado warnt davor, die Pontifikate von Papst Franziskus und Benedikt XVI. gegeneinander auszuspielen. Die Amtszeiten der beiden aufeinanderfolgenden Päpste stellten keinen Bruch, sondern eine Kontinuität dar, sagte der 94-jährige emeritierte Kurienkardinal am Montag dem spanischen katholischen Internetportal "El Debate". Es schmerze ihn zu sehen, "dass manche Benedikt und Franziskus als Aushängeschilder der Parteilichkeit auffassen, während es sich in Wirklichkeit um zwei Pontifikate handelt, die sich in hohem Maße ergänzen", so Herranz. Beide Päpste hätten die christliche Liebe als zentralen Aspekt ihres Wirkens gesehen: Benedikt XVI. sei es mit seiner Enzyklika "Deus caritas est" (2005) über die göttliche Liebe um deren "vertikale Dimension" gegangen. Papst Franziskus haben in der Enzyklika "Fratelli tutti" (2020) die Nächstenliebe als "horizontale Dimension" der christlichen Liebe hervorgehoben.
Wenn in der Kirche Stichwörter wie konservativ und progressiv oder rechts und links gegeneinandergestellt würden, seien das Zeichen des Weltlichen, so Herranz. Er vertraue darauf, dass diese Weltlichkeit im einem neuen Konklave keine Rolle spielen werde. Zwar werde es sicher "keinen Mangel an politischen und wirtschaftlichen Interessengruppen geben, die versuchen, die Wahl der Päpste zu beeinflussen". Aber den wahlberechtigten Kardinälen stehe in der abgeschirmten Sixtinischen Kapelle der Heilige Geist helfend zur Seite.

Der spanische emeritierte Kurienkardinal Julian Herranz Casado.
Mit Bezug auf die Kirchenoberhäupter, die er an der Kurie erlebte, sieht Herranz Parallelen zwischen Franziskus und Paul VI.: "Von den sechs Päpsten, mit denen ich zusammengearbeitet habe, waren diese beiden wahrscheinlich am stärksten durch Widersprüchen zerrissen", sagte er "El Debate". Paul VI. habe durch das Zweite Vatikanische Konzil geführt und anschließend vor der schwierigen Aufgabe gestanden, dessen Beschlüsse auch gegen Widerstände umzusetzen. Franziskus sehe sich nun einem ähnlich kontroversen Klima gegenüber. Er sei mit "voneinander abweichenden Lehrströmungen" konfrontiert, die manchmal durch politische und wirtschaftliche Interessen verfälscht seien. Seine Antwort einer neuen Synodalität der Kirche knüpfe durch das Einbinden der Laien konsequent an das Zweite Vatikanische Konzil an. Es sei der "bedeutendste Beitrag von Papst Franziskus" als Kirchenoberhaupt, dieses Konzept in der Weltsynode wiederzubeleben, so Ferranz.
Als grundsätzliche Aufgabe eines Kurienkardinals beschreibt er im Interview mit "El Debate", den Päpsten in Demut und Respekt Rückmeldung über ihre Regierungsarbeit der Kirche zu geben. Dabei müssten sich die Kardinäle jedoch darüber im Klaren sein, dass ein solcher Rat auch umsonst sein und im Mülleimer landen könne. Da helfe oft eine Portion Humor.
Der 1930 in Spanien geborene Kardinal arbeitete seit den 1960er Jahren an der Kurie. Julián Herranz Casado war schon an der Vorbereitung des Zweiten Vatikanischen Konzils beteiligt und diente insgesamt unter sechs Päpsten. Schon während seines Studiums trat er dem Opus Dei bei. (gho)