Amt des Beauftragten für Religionsfreiheit offenbar auf der Kippe
Der weitere Fortbestand des Amtes des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religions- und Weltanschauungsfreiheit steht offenbar auf der Kippe. Laut den am Mittwoch von der Plattform "Frag den Staat" veröffentlichten Verhandlungsergebnissen aus den Koalitionsgesprächen von CDU, CSU und SPD haben die drei Parteien bislang keinen Konsens in dieser Frage erzielt. Der Satz "Deshalb wird die Arbeit des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religions- und Weltanschauungsfreiheit fortgesetzt" ist in dem Papier der Verhandlungsgruppe "Verteidigung, Außen, Entwicklung, Menschenrechte" als offenbar strittige Strukturfrage gelb markiert.
Hintergrund des Konflikts dürfte die im Wahlkampf von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) formulierte Forderung sein, alle Beauftragten und Koordinatoren der Bundesregierung abzuschaffen. Diese würden "im Grunde genommen mehr Probleme schaffen, als sie jemals in der Lage sind zu lösen", so Merz. Zu einem späteren Zeitpunkt hatte CDU-Generalsekretär Karsten Linnemann allerdings nur noch von einer deutlichen Reduzierung der Zahl der entsprechenden Posten als Ziel gesprochen.
Missio: Abschaffung des Amtes wäre "bittere Pointe"
Das katholische Hilfswerk missio Aachen hatte erst vor wenigen Tagen appelliert, das Amt des Beauftragten für Religionsfreiheit beizubehalten. "Menschenrechtliche Kompetenzen und religionspolitische Sensibilität sind auch aufgrund des Erstarkens autokratischer Regierungen für eine wirkungsvolle Außen- und Entwicklungspolitik unabdingbar", sagte der Präsident des Hilfswerks, Dirk Bingener. Diese Politik müsse aus christlicher Sicht den Marginalisierten, Minderheiten und Armen dienen.
Die bisherigen Beauftragten für Religionsfreiheit – Markus Grübel (CDU) und Frank Schwabe (SPD) – hätten im Entwicklungsministerium eine "außerordentlich gute Arbeit" geleistet, so Bingener weiter. "Sie waren eine hervorragende Lobby für den interreligiösen Dialog und das Friedenspotenzial der Religionen in internationalen Konflikten. Und sie setzten sich wirksam für Menschen ein, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt sind." Es wäre deshalb eine "bittere Pointe", wenn ausgerechnet Christ- und Sozialdemokraten dieses Amt nun beerdigen würden, mahnte der missio-Präsident, der auch daran erinnerte, dass das Amt 2018 gemeinsam von Union und SPD initiiert worden war.
Auch Dissens bei Entwicklungsministerium
Ebenfalls noch keine Einigung erzielen konnten Union und SPD in der Frage des weiteren Fortbestands eines eigenständigen Entwicklungsministeriums (BMZ). Während CDU und CSU sich laut dem Papier der Verhandlungsgruppe "Verteidigung, Außen, Entwicklung, Menschenrechte" weiter für eine Integration des Entwicklungsministeriums in das Auswärtige Amt (AA) aussprechen, will die SPD das BMZ als eigenständiges Ministerium erhalten und die Zusammenarbeit von AA, BMZ und Verteidigungsministerium verbessen. Einigkeit zwischen den Verhandlungspartner besteht laut dem Papier aber darin, "grundlegende Veränderungen in der Entwicklungspolitik" herbeizuführen. Ziel müsse es sein, dass die Entwicklungspolitik die aktuellen geopolitischen und -ökonomischen Realitäten stärker abbilde und gestalte.
Die beiden katholischen Hilfswerke Caritas international und Misereor hatten sich am Mittwoch in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen eine mögliche Auflösung des BMZ und Etatkürzungen für die Entwicklungszusammenarbeit gewandt. Entsprechende Pläne kämen zur Unzeit und seien ein völlig falsches Signal angesichts der politischen Herausforderungen. Mit einer Auflösung des BMZ "würde Deutschland nicht nur leichtfertig ein wichtiges Instrument in der internationalen Zusammenarbeit aus der Hand geben", sondern auch massiv an Einfluss und Bedeutung verlieren, als verlässlicher Partner in der Welt aufzutreten, sagte Oliver Müller von Caritas international. (stz)