Standpunkt

Bonhoeffer ist der ökumenische Patron aller politischen Christen

Veröffentlicht am 09.04.2025 um 00:01 Uhr – Von Dominik Blum – Lesedauer: 5 MINUTEN

Bonn ‐ Bonhoeffer ist heute hochaktuell für alle, die im Namen Gottes klar gegen die Aufweichung der Menschenrechte aufstehen. Deshalb kann seine Haltung ermutigen, meint Dominik Blum – denn seine politische Theologie ist wieder gefragt in den Kirchen.

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Der 9. April 1945 war einer der vielen schwarzen Tage in der deutschen Geschichte. Heute vor 80 Jahren wurde im Morgengrauen Dietrich Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg ermordet. Mit ihm starben auf persönlichen Befehl Hitlers alle sogenannten "Verschwörer" des Attentats vom 20. Juli 1944, die bis dahin noch nicht umgebracht worden waren: Die Militärs Wilhelm Canaris, Ludwig Gehre und Hans Oster sowie die beiden Juristen Karl Sack und Theodor Strünck. Auch Hans von Dohnanyi, der Schwager Bonhoeffers, wurde am 9. April in Sachsenhausen erhängt. Georg Elser, "Sonderhäftling des Führers", starb am selben Tag in Dachau durch einen Genickschuss.

"Er war glasklar in seinen Überzeugungen. So jung er war, so demütig blieb er. Er sah die Wahrheit und sprach sie aus, ohne einen Anflug von Furcht", schrieb George Bell, anglikanischer Bischof von Chichester und Bonhoeffers Freund, 1948 über ihn. Eberhard Bethge, Weggefährte und Biograph, sieht Bonhoeffers Theologie verknüpft mit einem politischen Anspruch, den er als "Wagnis des Tuns" kennzeichnet. "Was 'immer' wahr ist, ist gerade 'heute' heute nicht wahr. Gott ist uns 'immer' gerade 'heute' Gott." Mit dieser Position rechtfertigt Bonhoeffer eine politische Theologie. Sie ist auch heute wieder von den Kirchen gefragt, gegen alle neokonservativen und neurechten Mahnungen an die Christinnen und Christen, sich doch bitte politisch zurückzuhalten.

Bonhoeffers Haltung kann alle Predigerinnen ermutigen, selbst bei der Amtseinführung eines Präsidenten die Wahrheit zu sehen und furchtlos zu sagen: dass auch Migranten, Menschen mit anderer als heterosexueller Orientierung und "allen, die Angst haben", Gerechtigkeit und Erbarmen geschuldet ist. Bonhoeffer bleibt heute für alle hochaktuell, die in Gottes Namen klar widersprechen gegen das Aufweichen europäischer Menschenrechtsstandards durch Pushbacks von Asylbewerbern an den Grenzen der "Festung Deutschland", wie es die AfD verlangt.

Gerade evangelische Christen wehren sich gegen Bonhoeffers Heiligsprechung. Für mich ist er jedenfalls einer der wichtigsten Fürsprecher gegen die eigene Zukunftsangst: "Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet." (Rechenschaft an der Wende zum Jahr 1943)

Von Dominik Blum

Der Autor

Dominik Blum ist Pfarrbeauftragter in der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Artland im Bistum Osnabrück.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.