Standpunkt

Das Glaubensdikasterium sollte die Würzburger Kritik ernst nehmen

Veröffentlicht am 15.04.2025 um 00:01 Uhr – Von Matthias Altmann – Lesedauer: 5 MINUTEN

Bonn ‐ Nach dem Würzburger Missbrauchsgutachten schlägt die Aufarbeitungskommission vor, einen kritischen Blick auf die Arbeitsweise des Glaubensdikasteriums zu werfen. Das sollte auch im Interesse der Behörde selbst sein, kommentiert Matthias Altmann.

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Empfehlungen von Fachleuten gab es nach diözesanen Missbrauchsgutachten schon einige. Die meisten behandeln das bistumsinterne Vorgehen oder werfen die Frage nach begünstigenden Faktoren von Vertuschung auf, etwa die Verteilung von Macht in der Kirche. Eine der Empfehlungen der Würzburger Aufarbeitungskommission hat man dagegen bisher noch kaum wahrgenommen: die Entscheidungsprozesse des Glaubensdikasteriums, das für kirchliche Missbrauchsfälle in aller Welt zuständig ist, kritisch zu hinterfragen und sich für eine Reform der Arbeitsweise einzusetzen. Das mag nach einem vergeblichen Unterfangen klingen – doch nicht nur nach den jüngsten Erkenntnissen scheint es Bedarf zu geben.

Was die Würzburger Aufarbeitungskommission kritisiert, griff auch Bischof Franz Jung in seiner Reaktion auf das Gutachten auf: Meistens erhalte man aus Rom nach einer Meldung von Fällen die Antwort, dass der Bischof nach eigener Einschätzung handeln solle – und keine Handlungsempfehlungen. Gleichzeitig gebe es Fälle, bei denen Maßnahmen des Bistums gegen Beschuldigte abgeschwächt und zurückgenommen wurden. Das erzeugt in der Gesamtheit ein schräges Bild und klingt nicht nach gemeinsamen Anstrengungen. Will man die bischöfliche Jurisdiktion nur so lange hochhalten, bis es konkret wird? Oder scheut man sich im Vatikan immer noch vor konsequentem und stringentem Handeln und schont Täter am Ende sogar noch?

Schon das Freiburger Gutachten, das 2023 veröffentlicht wurde, warf die Frage nach der Rolle des Glaubensdikasteriums (früher Glaubenskongregation) auf. Nicht nur, dass die frühere Bistumsleitung unter Erzbischof Robert Zollitsch jahrelang keine Fälle nach Rom gemeldet hat – dort scheint dieser Umstand offenbar auch niemandem aufgefallen zu sein. Es ist unklar, inwiefern man daraus Lehren gezogen hat.

Die katholische Kirche hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die Bestimmungen beim Umgang mit Missbrauch verschärft. Bei alldem, was inzwischen erkennbar und deutlich besser läuft, lassen Lehren wie jüngst die aus Würzburg Zweifel daran aufkommen, wie weit es mit dem vielbeschworenen Kulturwandel im Vatikan tatsächlich her ist. Das Glaubensdikasterium sollte daher schon aus eigenem Interesse seine Arbeitsweise auf den Prüfstand stellen.

Von Matthias Altmann

Der Autor

Matthias Altmann ist Redakteur bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.