Der US-Vizepräsident besucht den Vatikan und Italien

JD Vance: Katholischer "Hinterwäldler" mit bewegter Geschichte

Veröffentlicht am 18.04.2025 um 00:01 Uhr – Von Joachim Heinz (KNA) – Lesedauer: 6 MINUTEN

Vatikanstadt/Washington ‐ Erfolgsautor, Machtmensch, Katholik, Provokateur: US-Vizepräsident James David "JD" Vance hat viele Gesichter. Welches wird der Vize von Donald Trump bei seinem bevorstehenden Besuch an diesem Karfreitag im Vatikan und in Italien zeigen?

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Einen Sinn für Inszenierungen wird man den Republikanern in den USA schwerlich absprechen können. Präsident Donald Trump weiß um die Macht der Bilder. Ebenso wie sein Vize James David "JD" Vance. Wenn der 40-Jährige, wie US-Medien berichten, am Karfreitag in Rom landet, ist die Kulisse bereitet. Es wird darüber spekuliert, dass der 2019 zur katholischen Kirche übergetretene Spitzenpolitiker am Gedenken an das Leiden und Sterben Christi teilnehmen könnte. Ebenfalls im Gespräch: der Gottesdienst am Ostersonntag auf dem Petersplatz, sozusagen in der Herzkammer der Christenheit.

Dazwischen will Vance Gespräche führen. Mit Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sind die Schnittmengen groß. Die ebenso pragmatische wie machtbewusste Politikerin der rechtsnationalen Partei Fratelli d'Italia predigt seit Jahren gegen unkontrollierte Migration an und warnt davor, dass die Geburtenflaute die westliche Welt zu schwächen droht. Schwieriger wird es bei einer geplanten Begegnung des US-Vize mit der Nummer Zwei im Vatikan, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.

Spannungen zwischen USA und Vatikan

"Während Papst Franziskus die Welt um Barmherzigkeit, Fürsorge und Gastfreundschaft für die 'Geringsten' unter uns anfleht, zeigt Präsident Trump seine Freude daran, sie abzuschieben, auszugrenzen und kaltschnäuzig abzuweisen", zitiert der "National Catholic Reporter" den langjährigen Leiter des Instituts für Politikforschung und katholische Studien an der Katholischen Universität von Amerika, Stephen Schneck. Er könne sich nicht erinnern, "wann die Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Vatikan größer waren", so der Experte.

Bild: ©picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alex Brandon

Es wird immer wieder deutlich, wie sehr sich JD Vance biegen muss, um den politischen Kurs der Trump-Administration in Einklang zu bringen mit zentralen Botschaften des Christentums.

Aus seiner Zugehörigkeit zur katholischen Kirche macht Vance keinen Hehl in den USA, die mit John F. Kennedy und Joe Biden erst zwei katholische Präsidenten erlebten, ein gewisses politisches Wagnis. Zugleich wird immer wieder deutlich, wie sehr sich der Vizepräsident dehnen und biegen muss, um den politischen Kurs der Trump-Administration in Einklang zu bringen mit zentralen Botschaften des Christentums wie der Nächstenliebe.

So führte Vance in der Migrationsdebatte einen der bedeutendsten Theologen des Mittelalters, Thomas von Aquin, ins Feld. "Du liebst deine Familie, dann liebst du deinen Nachbarn, dann liebst du deine Gemeinschaft und dann liebst du deine Mitbürger in deinem eigenen Land", so der Politiker. Erst danach könne man sich um den Rest der Welt kümmern. "Googeln Sie einfach mal 'ordo amoris'", füge der Vizepräsident unter Bezug auf den von Thomas von Aquin geprägten Begriff einer "Rangordnung der Liebe" hinzu.

Konter von Papst Franziskus

Der Konter von Papst Franziskus folgte auf dem Fuß. In einem Brief an die US-Bischöfe betonte er ohne den US-Vizepräsidenten beim Namen zu nennen , der wahre "ordo amoris" lasse sich im Gleichnis vom barmherzigen Samariter entdecken. In der Passage im Lukas-Evangelium gehe es um eine Brüderlichkeit, "die allen ohne Ausnahme offen steht".

Im vergangenen Monat rief Vance die Sozialenzyklika "Laborem exercens" von Johannes Paul II. in Erinnerung, die 1981 mit Blick auf eine wachsende Arbeitslosigkeit im Westen den Vorrang der Arbeit vor dem Kapital betonte. Wenn er den Papst richtig verstanden habe, solle Technologie etwas sein, "das den Wert der Arbeit steigert, anstatt ihn zu verdrängen", so Vance vor Vertretern von großen Tech-Firmen beim American Dynamism Summit.

Papst Franziskus beim Gottesdienst auf dem Petersplatz an Palmsonntag
Bild: ©KNA/Cristian Gennari/Romano Siciliani

Ob JD Vance persönlich auf Papst Franziskus trifft, der immer noch an den Folgen seines langen Krankenhausaufenthaltes laboriert, ist noch offen.

Der Politiker liebt offensichtlich die Provokation, was er nicht zuletzt beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus im Februar bewies, der in einem beispiellosen diplomatischen Eklat endete. Kurz zuvor hatte er auf der Münchner Sicherheitskonferenz in einer Art Rundumschlag mit Europa abgerechnet. Am Dienstag versuchte sich der Politiker in einem Gespräch mit dem britischen Online-Magazin UnHerd in einer Charme-Offensive: Er liebe die Menschen in Europa. Die amerikanische Kultur könne man nicht von der europäischen trennen. "Wir sind in hohem Maße ein Produkt von Philosophien, Theologien und natürlich den Migrationsmustern, die aus Europa kamen und die Vereinigten Staaten von Amerika ins Leben riefen", fügte Vance leicht gewunden hinzu.

Treffen mit dem Papst noch unklar

Bezüge zu Europa schimmern auch in seinem autobiographischen Bestseller "Hillbilly-Elegie" durch. "Um mich zu verstehen, müssen Sie wissen, dass ich im Kern ein ulster-schottischer Hillbilly bin", schreibt Vance, der unter schwierigen Umständen im Rust Belt aufwuchs. Das Bekenntnis zum Hinterwäldlertum gehe mit vielen guten Eigenschaften einher " einer intensiven Loyalität, einer leidenschaftlichen Hingabe an Familie und Nation und auch mit vielen schlechten. Wir mögen Außenseiter nicht besonders oder Leute, die anders sind als wir."

Nach seinem Italien-Besuch will Vance nach Indien weiterreisen, dem Land, aus dem die Eltern seiner Frau Usha stammen. Offen bleibt, ob das Paar zuvor noch persönlich auf Papst Franziskus trifft, der immer noch an den Folgen seines langen Krankenhausaufenthaltes laboriert. Vance werde zumindest einen kurzen Bild-Termin anstreben, ist sich Beobachter Stephen Schneck sicher. "Er möchte, dass das Foto ihn in der Öffentlichkeit als guten Katholiken legitimiert."

Von Joachim Heinz (KNA)