Bischof Bätzing: Franziskus hat viele Türen geöffnet
Papst Franziskus hat die katholische Kirche in Deutschland genau im Blick gehabt – und wichtige Anstöße für aktuelle Reformfragen gegeben. Davon zeigt sich der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, überzeugt. Im Interview spricht er von einem immer fairen Austausch über den richtigen Weg.
Frage: Herr Bischof, wie war das Verhältnis von Papst Franziskus zur Kirche in Deutschland?
Bätzing: Franziskus hat uns immer kritisch begleitet. Er hat mit großer Aufmerksamkeit wahrgenommen, was hier in Deutschland Thema war, wie wir als Kirche die Zukunft gestalten wollen. Das stärkste Zeichen war sein Brief an das pilgernde Volk in Deutschland vor Beginn des Reformdialogs Synodaler Weg. Dieser Brief hat wichtige Impulse gesetzt, und wir haben sie unter dem Leitwort Umkehr und Erneuerung aufgegriffen.
Frage: Es gab aber mehrfach Konflikte und Reibungen mit dem Vatikan, gerade bei der Frage nach Veränderungen in der Kirche...
Bätzing: Das Entscheidende ist, dass wir als Kirche zusammen geblieben sind. Dass es auch einmal Auseinandersetzungen gibt, das ist doch normal. Die Einheit der katholischen Kirche in der Unterschiedlichkeit ihrer Kulturen weltweit auszuloten, das ist eine immer neue Aufgabe. Und ich habe unsere Diskussionen immer als ein faires Ringen erlebt. Die eine Seite hat ihre Position dargelegt, wir die unsere. Und der Papst hat uns gehen lassen, das war das Entscheidende. Dieser Mann hat das Vertrauen gelebt, das wird von ihm bleiben.
Frage: Bei welchen Themen und Fragen hat Papst Franziskus die katholische Kirche in Deutschland konkret mitgeprägt?
Bätzing: Franziskus hat viele Türen geöffnet. Er hat Ängste genommen und Themen zugelassen, die bis daher kaum besprechbar waren in der katholischen Kirche: die Frage des Zölibats beispielsweise oder die Frage der Homosexualität. Und er hat bei Missbrauch und sexualisierter Gewalt im Raum der Kirche sehr konkrete Maßnahmen bis hin zu Strafmaßnahmen erwirkt und ins Kirchenrecht umgesetzt.

"Papst Franziskus stand für eine Kirche, die nicht glänzen soll, sondern die sich die Hände aufreibt in der Sorge um die Armen, Notleidenden, Verzweifelten und Geflüchteten", sagt Bischof Georg Bätzing.
Frage: Hat Franziskus auch einen Kulturwandel in der Kirche angestoßen?
Bätzing: Ja, und dieser Kulturwandel wird weiterwirken. Da bin ich ganz sicher. Papst Franziskus stand für eine Kirche, die nicht glänzen soll, sondern die sich die Hände aufreibt in der Sorge um die Armen, Notleidenden, Verzweifelten und Geflüchteten. Er stand auch für das Engagement für Frieden in der Welt. Das ist der Auftrag der Kirche.
Frage: Haben Sie nun Befürchtungen, dass der nächste Papst einige der von Franziskus geöffneten Türen wieder zuschlagen könnte?
Bätzing: Es braucht Zeit, bis der begonnene Kulturwandel wirklich in den vielen Ecken unserer Kirche umgesetzt sein wird. Aber dieser Wandel wird nicht mehr umkehrbar sein. Dazu sind zu viele Menschen zu sehr überzeugt davon, dass das, was Papst Franziskus angestoßen hat, der richtige Weg der Kirche in die Zukunft ist.
Frage: Was wünschen Sie sich vom nächsten Papst?
Bätzing: Heute ist der Todestag von Papst Franziskus. Und dies ist der falsche Moment für Forderungen dafür, was sein Nachfolger anpacken soll. Nehmen wir uns jetzt die Zeit, uns vor diesem großen Papst zu verbeugen und in einem Moment großer Trauer innezuhalten. Und danach vertraue ich dann darauf, dass der Heilige Geist mitwirken wird in allem, was die Kirche bewegt. Und das wird zum Guten sein.