Die Ringe von Papst Franziskus und ihre Geschichte

Kein Fischerring im Sarg – aber was dann?

Veröffentlicht am 24.04.2025 um 10:30 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 8 MINUTEN

Vatikanstadt ‐ Zum Papst gehört der Fischerring – so verwoben mit dem Amt ist dieses Insignium, dass es vor den Augen der Kardinäle zerstört wird. Und dennoch trägt Franziskus im Sarg den Ring, mit dem man den Papst oft gesehen hat. Was ist das für ein Ring?

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Zu den bekanntesten Ritualen um den Tod eines Papstes gehört die Zerstörung des Fischerrings. Der goldene Ring ist eines der zentralen Insignien päpstlicher Vollmacht. Mit seinem Tod werden der Ring und das Siegel für päpstliche Dokumente vernichtet: Bei den Generalkongregationen zerschlägt der Camerlengo beides vor den Augen der Kardinäle. Zuvor hat er dem Papst seinen Ring in der Privatkapelle nach der offiziellen Feststellung des Todes abgenommen. Ausdrücklich erkennt die Ordnung für die Sedisvakanz und Papstwahl, die Apostolische Konstitution Universi Dominici gregis, den Generalkongregationen die Aufgabe zu, darüber zu wachen: "Sie sollen dafür sorgen, daß der Fischerring und das Bleisiegel, mit denen die Apostolischen Schreiben versehen werden, vernichtet werden", heißt es in Artikel 13.

Aufgebahrter Leichnam, hier Hände mit Rosenkranz, von Papst Franziskus
Bild: ©KNA/Vatican Media/Romano Siciliani

Der aufgebahrte Leichnam von Papst Franziskus bei der rituellen Feststellung des Todes von Papst Franziskus in der Kapelle des Gästehauses Santa Marta im Vatikan. Deutlich ist der silberne Ring zu erkennen.

Auf den Bildern des toten Papstes im Sarg ist Franziskus aber mit einem Ring zu sehen – und offensichtlich mit dem Ring, den er auch als Papst getragen hat: Ein wuchtiger, aber schlichter Silberring mit einem Kreuz. Wie kann das sein? Wurde der Fischerring nicht vernichtet, wie das Gesetz es befahl? Oder wird der Fischerring erst nach der Aufbahrung vernichtet?

Benedikts Ring wurde "entwertet"

Oder passiert hier wieder etwas Typisches für Franziskus? Denkbar wäre nämlich auch, dass eine Tradition geändert wurde: Der Ring seines Vorgängers Benedikt XVI. (2005–2013, Ringgröße 24) wurde nämlich nicht vernichtet, sondern lediglich durch zwei tiefe Einschnitte "entwertet", so dass er nicht mehr als Siegel verwendet werden konnte (eine ohnehin rein theoretische Verwendung angesichts des vom Ring getrennten Siegels). Fotos aus der Zeit nach dem Rücktritt zeigen Benedikt oft mit einem goldenen Ring, aber wohl nicht dem Fischerring. Eine neue Tradition hat er also wohl nicht etabliert. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass so auch bei Franziskus verfahren wurde.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. sitzt mit ausgestreckter Hand in einem Sessel
Bild: ©picture alliance/Daniel Karmann/dpa (Archivbild)

Für Benedikt XVI. wurde nach seinem Rücktritt eine Ausnahme gemacht. Fotos zeigen ihn häufig mit einem goldenen Ring, aber nicht dem "entwerteten" Fischerring.

Wie so vieles im Pontifikat von Franziskus ist auch die Geschichte seiner Ringe eine besondere. Demonstrative Bescheidenheit war das Motto für seinen Fischerring. Der damalige Papst-Sprecher Federico Lombardi sprach 2013 von einer "geradlinigen Schlichtheit". Gegenüber den Vorgängern hob sich der Ring ab: Benedikt XVI. trug einen von dem Goldschmiedemeister Claudio Franchi gestalteten, 35 Gramm schweren Ring aus reinem Gold, der Ring von Johannes Paul II. (1978–2005) war aus gehämmertem Gold – alles schlichter als der Fischerring von Pius IX. (1846–1878), der mit mehr als hundert Diamanten geschmückt war, aber eben sichtlich aus Gold.

Ein Fischerring aus dem Fundus

Bei Franziskus kam das natürlich nicht in Frage: Lediglich aus vergoldetem Silber statt purem Gold sollte der Ring sein, und noch mehr: Der Fischerring von Franziskus war recyclet. Eigens für ihn angepasst, aber nicht eigens für ihn gemacht: Für den Fischerring wurde ein Ring verwendet, den der 2004 gestorbene Künstler Enrico Manfrini für Papst Paul VI. (1963–1978) gestaltet hatte. Laut Lombardi wurde der Ring zunächst nicht in Metall gegossen, Paul VI. trug lieber den Ring, den er während des Zweiten Vatikanums getragen hatte. Die Wachsform für den zunächst verhinderten Papstring wurde aber durch den Papstsekretär Pasquale Macchi (1923–2006) aufbewahrt, später wurde daraus ein Silberring gegossen, der anschließend vergoldet wurde. Papst Franziskus wählte den Ring für sich aus einer Auswahl von Ringen aus, die ihm nach seiner Wahl durch den päpstlichen Zeremonienmeister präsentiert wurden. Das Motiv des späteren Fischerrings ist der Apostel Petrus mit den Schlüsseln.

Offizielles Foto des Vatikans des Fischerrings in Großaufnahme: Der Apostel Petrus mit Schlüsseln.
Bild: ©picture alliance / AP Photo |Im Andrew Medichini (Archivbild)

Das offizielle Foto des Fischerrings von Franziskus wurde 2013 vom Pressesaal des Heiligen Stuhls veröffentlicht. Der vergoldete Silberring zeigt ein Bild des Apostels Petrus mit den Schlüsseln.

Dieser vergoldete Silberring ist also der eigentliche Fischerring. Nach der Übergabe des Ringes beim Gottesdienst zu seiner Amtseinführung am 19. März 2013 sah man den großen, goldenen Fischerring selten. Schon aus der Zeit des Beginns seines Pontifikats gibt es wenige Fotos mit diesem Ring am Finger, später immer weniger. Und dennoch ist es der Fischerring, der das Insignium des Papstes ist, der daher zerstört werden musste und der deshalb auch nicht am Finger des Leichnams stecken kann.

Bei seinem Einführungsgottesdienst am 19. März erhält Papst Franziskus den goldenen Fischerring
Montage von zwei Bildern von Kardinal Bergoglio, links mit silbernem Bischofsring, rechts mit goldenem Kardinalsring
Papst Franziskus hat die Hände zum Gebet erhoben, an seiner Hand der Fischerring
Galerie: 5 Bilder

Auf den meisten Fotos sieht man statt des goldenen Fischerrings einen viel schlichteren silbernen Ring – genau der Ring, den Franziskus nun auch im Sarg trägt. Über diesen Ring ist wenig bekannt. Man sieht ihn aber auf einigen Fotos aus der Zeit vor der Papstwahl an der Hand von Kardinal Jorge Mario Bergoglio. Interessant ist, dass Franziskus wohl schon als Kardinal die Ringe gewechselt hat: Auf den meisten Bildern aus dieser Zeit scheint er wie später als Papst den silbernen Ring mit dem Kreuz zu tragen. Auf einem Foto einer Pressekonferenz im Vatikan von 2003 sieht man aber einen länglichen, goldenen Ring am Finger des damaligen Erzbischofs Buenos Aires: Den Kardinalsring, den er 2001 von Papst Johannes Paul II. bei seiner Ernennung erhalten hat. Den schien der junge Kardinal schon damals nur bei besonders förmlichen Anlässen zu tragen. Im Tod bleibt er bei seiner Wahl für den Alltag.

Von Felix Neumann

24. April 2025, 13.50 Uhr: Verwendung von Benedikts Fischerring korrigiert.