Neuer Hausherr von Santa Maria Maggiore über Reformen

Kardinal: Nach Franziskus' Begräbnis großer Andrang in Papstbasilika

Veröffentlicht am 18.08.2025 um 00:01 Uhr – Von Mario Trifunovic – Lesedauer: 

Vatikanstadt/Bonn ‐ Der litauische Kardinal Rolandas Makrickas war für das Begräbnis von Papst Franziskus zuständig. Im katholisch.de-Interview spricht er über seine Begegnungen mit Nachfolger Leo XIV., seine Zeit im Bischofsdikasterium – und über den Nuntius des Baltikums, Georg Gänswein.

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"Jede Veränderung bringt Herausforderungen mit sich." Das sagt der litauische Kardinal Rolandas Makrickas (53) zu den vom am Ostermontag verstorbenen Papst Franziskus geforderten Reformen der Papstbasilika Santa Maria Maggiore. Seit Juli ist er der neue Hausherr der Basilika. Zuvor kümmerte sich der Vatikan-Diplomat als Sonderkommissar um die wirtschaftlichen Belange der Kirche. Santa Maria Maggiore ist eine der vier Papstbasiliken Roms und zählt zu den sogenannten exterritorialen Besitzungen des Heiligen Stuhls. Sie liegt im Stadtzentrum unweit des Bahnhofs Termini und war die römische Lieblingskirche von Papst Franziskus. Sein Grab befindet sich dort neben der Kapelle mit dem bedeutenden Marienbild "Salus populi romani". Makrickas spricht im Interview mit katholisch.de über Franziskus, Papst Leo XIV., seine Erhebung zum Kardinal, sein erstes Konklave und die Beziehung zu Nuntius Georg Gänswein.  

Frage: Kardinal Makrickas, Sie leiten die Basilika Santa Maria Maggiore als Erzpriester. Zuvor hatte Papst Franziskus Ihnen die Aufgabe anvertraut, die Basilika neu zu organisieren. Wie würden Sie die aktuelle Situation beschreiben? 

Makrickas: Heute ist die Basilika Santa Maria Maggiore einladender und von einem tieferen Sinn für das Pastorale geprägt. Die Hauptaufgabe einer Papstbasilika ist liturgisch und pastoral. Während der Neuorganisation – besonders in Vorbereitung auf das Jubiläum – haben wir diesen Aspekten mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Das Heilige Jahr ist für die gesamte Weltkirche von großer Bedeutung, besonders aber für die Papstbasiliken, weil wir Heilige Pforten haben, die alle 25 Jahre geöffnet werden. Wir haben mehr Sorgfalt auf die Organisation aller liturgischen Feiern gelegt: die heiligen Messen, die Zeremonien unseres Kanoniker-Kapitels und die Volksandachten wie das Rosenkranzgebet im Freien auf dem Sagrato in den Marienmonaten Mai und Oktober. Jeden Abend um 21 Uhr, nach dem letzten Glockenschlag der Basilika, beginnt der Rosenkranz, der jeden Tag von einer anderen Ordensgemeinschaft oder einem römischen kirchlichen Kolleg geleitet wird. In den letzten drei Jahren ist diese Andacht sehr beliebt geworden. 

Vor Weihnachten haben wir zum dritten Mal in Folge ein Live-Krippenspiel veranstaltet. Diese Tradition hat eine besondere Verbindung zur Basilika, da wir unter dem Hauptaltar der Legende nach die originale Krippe Jesu haben. Jeden Dezember kommen Gruppen aus ganz Italien, um hier im Rahmen eines großen Treffens die Krippenszene nachzustellen; zuletzt nahmen 2.000 Menschen in Gewändern aus der Zeit Jesu daran teil. Außerdem ist das Museum neben der Kirche wieder geöffnet. Weiterhin ist die Basilika jetzt digital neu aufgestellt: Es gibt eine neue Website in sieben Sprachen und Profile auf allen Social-Media-Kanälen. 

Frage: Papst Franziskus sagte, die Kanoniker von Santa Maria Maggiore sollten sich mehr auf das Gebet konzentrieren und sich nicht mehr um die Finanzen kümmern. Sind Ihnen bei der Neuorganisation Schwierigkeiten begegnet? 

Makrickas: Papst Franziskus hat klar gesagt, dass die Basilika nicht nur eine Kirche, sondern auch ein Marienheiligtum ist und dass alle unsere Aktivitäten auf dieses Ziel ausgerichtet sein sollten. Die Reform hatte zwei Hauptziele: erstens die Neuordnung der Finanzen und der Verwaltung, zweitens die Reform der Struktur des Kapitels. Letzteres hat jetzt einen konsequenten Fokus auf die Seelsorge und hat durch begrenzte Amtszeiten auch eine größere Vielfalt an Mitgliedern. 

Frage: Wie war die Reaktion darauf? 

Makrickas: Natürlich war dieser neue Ansatz für einige unerwartet und es gab Kritik. Aber letztlich haben wir gesehen, dass die Basilika nun effizienter arbeitet, indem sie spirituelle, liturgische und pastorale Aufgaben von administrativen und finanziellen trennt. Die Verwaltung wird nun einem Expertenteam anvertraut, während sich die Kanoniker ganz dem pastoralen und liturgischen Leben widmen. 

Santa Maria Maggiore
Bild: ©picture alliance/dpa | Christoph Sator

"Die Reform hatte zwei Hauptziele: erstens die Neuordnung der Finanzen und der Verwaltung, zweitens die Reform der Struktur des Kapitels. Letzteres hat jetzt einen konsequenten Fokus auf die Seelsorge und hat durch begrenzte Amtszeiten auch eine größere Vielfalt an Mitgliedern", sagt der Vatikan-Diplomat.

Frage: Hat die Verbindung von Papst Franziskus zur Basilika die Zahl der Besucher erhöht? 

Makrickas: Auf jeden Fall. Papst Franziskus hatte eine tiefe geistliche und persönliche Bindung zu dieser Basilika – als Jesuit, als Priester, als Bischof und besonders als Papst. Er besuchte die Basilika 126 Mal während seines Pontifikats und kam auch schon vorher. Er wollte, dass sie ein Ausdruck der Marienverehrung ist, und sein persönliches Beispiel war sehr bewegend. Schon zu Lebzeiten begannen viele Menschen, die Basilika als das erste Marienheiligtum der westlichen Welt neu zu entdecken. 

Frage: Und nach seinem Tod? 

Makrickas: Während seines Pontifikats nahm die Zahl der Pilger zu, und nach seinem Tod und dem hier gefeierten Begräbnis noch mehr. Zum Beispiel besuchten während des Jugendjubiläums an drei Tagen jeweils mehr als 100.000 junge Menschen die Basilika. Die Besuche dauern seither an. 

Frage: Ende Dezember hat Sie Papst Franziskus zum Kardinal ernannt, womit Sie auch am Konklave teilnehmen konnten. Wie haben Sie das erlebt? 

Makrickas: Für mich war das eine zutiefst bewegende geistliche Erfahrung. Ich habe diese Tage in einer intensiven Atmosphäre des Gebets und Nachdenkens erlebt. Innerhalb eines Monats sind wir vom bemerkenswerten Pontifikat von Papst Franziskus in ein neues Kapitel übergegangen. Die Reaktion der Menschen während der Beerdigung war außergewöhnlich: so viele nahmen an der Messe teil, füllten die Straßen und beteiligten sich an der Prozession von Sankt Peter nach Santa Maria Maggiore, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Pilger und Römer sprechen noch heute darüber. Auch das Konklave selbst war ein zutiefst geistlicher Moment. Es verlief schnell, was die Einheit des Kardinalskollegiums zeigt und dass die Kirche wirklich nicht von menschlichen Wünschen, sondern vom Heiligen Geist geleitet wird, besonders bei der Wahl des Nachfolgers des heiligen Petrus. 

Bild: ©Büro des Präsidenten der Republik Litauen/Robertas Dačkus

"Es sind keine friedlichen oder einfachen Zeiten in Europa, aber ich bin überzeugt, dass seine Mission sowohl der Kirche als auch der Gesellschaft in den baltischen Ländern zugutekommen wird", sagt Makrickas zu Geog Gänswein.

Frage: Apropos Konklave und neues Pontifikat: Können Sie uns etwas über Ihre Beziehung oder Ihre Begegnungen mit dem neuen Papst Leo XIV. erzählen? 

Makrickas: Es hat mich sehr gefreut und mit Stolz erfüllt, dass ich Kardinal Prevost schon vorher kannte, durch meine Arbeit als Mitglied des Bischofsdikasteriums, deren Präfekt er war. Wir trafen uns alle zwei Wochen zu Plenarsitzungen, und ich lernte ihn als einen zutiefst geistlichen, heiligen Mann kennen – ein großes Vorbild. Seit seiner Wahl habe ich ihn dreimal in der Basilika getroffen. Wenige Tage nach seiner Wahl besuchte er das Grab von Papst Franziskus, um in der Kapelle Salus Populi Romani zu beten. Ich glaube, er war von einem besonderen Detail der Basilika berührt: Nahe dem Grab von Papst Franziskus befindet sich ein Altar, der dem heiligen Franziskus geweiht ist, und in der Nähe ein weiterer, der dem heiligen Leo gewidmet ist. Die Geschichte der Kirche und die Folge der Päpste spiegeln sich so in der Kunst der Basilika wider. 

Das zweite Mal kam er nach der Zeremonie der Besitzergreifung der Papstbasiliken – nach dem Besuch von Sankt Johannes im Lateran kam er nach Santa Maria Maggiore und grüßte und segnete die Menschen von der Segensloggia aus. Das hatte es seit der Zeit von Pius XII. nicht mehr gegeben. Das dritte Mal war während der traditionellen Fronleichnamsprozession, die in unserer Basilika mit der Anbetung des Allerheiligsten und dem feierlichen Segen endet.

Frage: Sie stammen ursprünglich aus Litauen. Derzeit ist Erzbischof Georg Gänswein Nuntius für Lettland, Estland und Litauen. Haben Sie Kontakt zu ihm? 

Makrickas: Ich habe Erzbischof Gänswein seit seiner Ernennung zum Nuntius mehrmals in Rom getroffen, und erneut in Litauen, als ich im Februar meine ersten Messen als Kardinal feierte. Er kam auch nach der Beerdigung von Papst Franziskus in die Basilika, um das Grab zu besuchen. Ich kannte ihn vorher nicht, aber wir haben uns inzwischen kennengelernt. 

Frage: Und wie sehen Sie seine Mission in den baltischen Ländern? 

Makrickas: Ich glaube, seine Mission in den baltischen Ländern wird fruchtbar sein. Er ist der zweite deutsche Nuntius in Litauen; der erste war Erwin Josef Ender aus Münster, der von 1997 bis 2001 amtierte. Damals war ich Untersekretär der Bischofskonferenz in Litauen, und wir hatten viele Kontakte. Ich erinnere mich sehr gut an die großartige Arbeit, die er in seiner vierjährigen Mission geleistet hat. Es sind keine friedlichen oder einfachen Zeiten in Europa, aber ich bin überzeugt, dass seine Mission sowohl der Kirche als auch der Gesellschaft in den baltischen Ländern zugutekommen wird. 

Von Mario Trifunovic