Streit geht weiter

Prozess um Abtreibungen: Arzt verliert gegen christliches Klinikum

Veröffentlicht am 08.08.2025 um 15:08 Uhr – Lesedauer: 

Lippstadt ‐ Eine christliche Klinik darf bei Abtreibungen Grenzen setzen. Das entschied das Arbeitsgericht Hamm nach der Klage eines Frauenarztes. Der Mediziner kündigt juristischen und politischen Widerstand an.

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Die Abweisung der Klage eines Frauenarztes gegen die Einschränkung von Abtreibungen am christlichen Klinikum Lippstadt stößt auf gemischte Reaktionen. Das am Freitag verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Hamm bestätigt eine Dienstanweisung des Krankenhausträgers, Schwangerschaftsabbrüche außer bei Gefahr für Leib und Leben der Mutter in der Klinik zu untersagen. Die Weisung erstreckt sich zudem auf die Nebentätigkeit des klagenden Arztes, Joachim Volz, in seiner Bielefelder Privatpraxis. Der Vorsitzende Richter Klaus Griese erklärte bei der Urteilsverkündung in Lippstadt, die Klinik sei zu beiden Maßnahmen berechtigt, ohne zunächst eine Begründung zu nennen. Volz kündigte an, in Berufung zu gehen.

2.000 Menschen demonstrieren

Der Fall hatte bundesweite Aufmerksamkeit ausgelöst. Die Weisung erging nach der Fusion des evangelischen Krankenhauses Lippstadt mit dem katholischen Dreifaltigkeits-Hospital – auf Wunsch der katholischen Seite. Volz, Chefarzt der Gynäkologie, sieht die Einschränkung als unvereinbar mit seiner ärztlichen Verantwortung. Seine Online-Petition "Ich bin Arzt – meine Hilfe ist keine Sünde!" sammelte rund 230.000 Unterschriften. Vor der Verhandlung demonstrierten rund 2.000 Menschen unter dem Motto "Stoppt das katholische Abtreibungsverbot", darunter die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann. Bei einer Gegendemonstration der konservativen Piusbruderschaft beteten fünf Teilnehmer den Rosenkranz.

Volz zeigte sich kämpferisch und kündigte an, nach der Zustellung der schriftlichen Urteilsbegründung vor das Landesarbeitsgericht zu ziehen. Zudem erklärte er: "Wenn unser Staat möchte, dass das Urteil so gilt, müssen wir den politischen Weg gehen, um das Recht zu ändern." Das Klinikum Lippstadt begrüßte das Urteil und zeigte sich in seiner Position bestätigt. Ein konfessioneller Krankenhausträger dürfe gerade auch einem Chefarzt zum Spektrum seiner Behandlungsmöglichkeiten verbindliche Vorgaben machen.

Erzbistum weist Vorwürfe zurück

Das Erzbistum Paderborn, auf dessen Gebiet die Klinik liegt, betonte: "Unsere ethische Haltung ist keine Einmischung in persönliche Entscheidungen, sondern Ausdruck eines Menschenbildes, das jedem Leben, von der Empfängnis an, Würde und Schutz zuspricht." Vorwürfe, es gebe keine Ethikkommission in der Klinik oder keine ortsnahe Versorgung für Abtreibungen wies es zurück.

Arbeitsrechtler Gregor Thüsing nannte das Urteil juristisch folgerichtig. Ein Arbeitnehmer habe kein Recht, selbst zu bestimmen, welche Leistungen er erbringt, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Lebensschutz gehöre zum Kernbereich christlicher Überzeugungen. Wer einen Pluralismus der Träger akzeptiere, müsse dies anerkennen. Die Grünen kritisierten die Entscheidung. "Dies ist kein guter Tag für die Frauen in Lippstadt und in ganz Deutschland", erklärte Haßelmann. Sie sprach von einem Rückschritt für die Versorgung schwangerer Frauen und forderte ein Umdenken der katholischen Kirche. (KNA)