Warum die Kirche Familien heute kaum noch überzeugt
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Vor kurzem wurde in unserem Bekanntenkreis ein Kind getauft – mit fünf Jahren. Die Eltern hatten lange überlegt, ob dieser Schritt für sie richtig ist. Manche Menschen im Umfeld reagierten erfreut, andere skeptisch. Sätze wie: "Was, ihr wollt euer Kind taufen lassen? Das würde ich mir gut überlegen … bei diesem Verein", machten schnell die Runde.
Meine Tochter hörte diese Gespräche. Und wie Kinder eben sind, fragte sie direkt: "Mama, warum sind manche Freundinnen getauft – und andere nicht? Und warum reden die Leute so schlecht über die Kirche?"
Für sie als Kind war das irritierend. Für uns Erwachsene ist das schlechte Image der Kirche längst Alltag: gesunkene Kirchenbindung, kaum noch Vertrauen, hohe Austrittszahlen. Früher war der Kirchgang selbstverständlich – so wie das sonntägliche Glockenläuten, das alle gleichermaßen erinnerte: Jetzt ist Gottesdienst. Heute dagegen reiht er sich ein in ein breites Angebot von Möglichkeiten: ausschlafen, ein langes Frühstück mit der Familie, Sport, Ausflüge. Was einst feste Gewohnheit war, ist nun nur noch eine Option unter vielen. Meine Tochter brachte es auf den Punkt: Warum lebt die eine Familie ihren Glauben – und die andere nicht?
Bei ihrer Herbstvollversammlung beraten die deutschen Bischöfe, wie Kirche in einer säkularen Gesellschaft überhaupt noch sichtbar bleiben kann.
Genau diese Fragen spiegeln sich in der 2023 veröffentlichten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung wider: Immer weniger Menschen glauben an Gott, immer weniger vertrauen der Kirche. Besonders dramatisch: Selbst in kirchennahen Milieus bröckelt die Bindung. Viele Eltern geben den Glauben nicht mehr weiter – weil sie selbst unsicher sind oder der Institution misstrauen.
Menschen, denen wir im Alltag begegnen, sind aus der Kirche ausgetreten, hadern mit ihrem Glauben oder sagen offen: "Ich brauche keine Kirche, um zu glauben." Genau hier zeigt sich die Dramatik der Studie: Die Distanz ist längst nicht mehr nur äußerlich, sie geht ins Herz des Glaubens selbst.
Auch die Bischöfe ringen mit diesen Fragen. In Fulda beraten sie auf der Herbstvollversammlung, wie Kirche in einer säkularen Gesellschaft überhaupt noch sichtbar bleiben kann. Und während die Kirchenleitung die große Linie diskutiert, stellt meine Tochter die schlichte Frage: "Und was kann man machen, damit die Menschen nicht mehr sauer auf die Kirche sind?" Vielleicht gelingt es in Fulda, darauf neue Antworten zu finden: nicht theoretisch, sondern so, dass sie im Alltag tragen – für Familien, Kinder, Glaubende und Suchende. Erst dann kann aus Statistik wieder Vertrauen werden.
