Erzbistum sieht sich in Spannungsverhältnis

Paderborn macht "unplausible" Vorwürfe gegen Kardinäle öffentlich

Veröffentlicht am 09.10.2025 um 15:21 Uhr – Lesedauer: 

Paderborn ‐ Missbrauchsvorwürfe gegen konkrete Personen sind eine heikle Sache. Wann sind sie bekannt zu machen? Anlässlich einer neuen Studie äußert sich das Erzbistum Paderborn zu Vorwürfen gegen frühere Erzbischöfe.

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Das Erzbistum Paderborn hat Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen die früheren Erzbischöfe und Kardinäle Lorenz Jaeger (1892–1975, Foto oben, links) und Johannes Joachim Degenhardt (1926–2002) öffentlich gemacht. Anlass sei die am Donnerstag veröffentlichte Untersuchung im Auftrag der (Erz-)Bistümer Münster, Essen und Köln über mutmaßliche kirchliche Täternetzwerke ritueller Gewalt, teilte die Erzdiözese mit. Dies geschehe allein aus Transparenzgründen, weil Degenhardt in der Untersuchung einer Kölner Anwaltskanzlei genannt werde und eine Persönlichkeit der Zeitgeschichte sei.

Keiner der bisher bekannten Vorwürfe gegen die früheren Erzbischöfe sei plausibel dargelegt, so das Erzbistum. Zum selben Schluss kommt das Gutachten der Kanzlei Feigen Graf zu angeblichen Täternetzwerken ritueller Gewalt, denen verstorbene Bischöfe und Kardinäle der Bistümer Köln, Essen, Münster, Paderborn und Hildesheim angehört haben sollen.

Bisher drei Vorwürfe bekannt

Bisher sind dem Erzbistum nach eigenen Angaben durch insgesamt zwei mutmaßliche Betroffene Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen Jaeger und Degenhardt bekannt geworden. Vor wenigen Tagen habe es von einem dritten Vorwurf erfahren, um den es in der Studie der drei anderen NRW-Bistümer gehe. Die Meldungen mit Anträgen auf Anerkennungszahlungen wegen erlittenen Leids datieren laut Erzbistum aus den Jahren 2016, ergänzt im Jahr 2021, sowie aus dem Jahr 2023.

Alle derzeit bekannten Vorwürfe gegen Jaeger und Degenhardt "unterscheiden sich in Qualität und Plausibilität deutlich von den Meldungen, die üblicherweise bei der Interventionsstelle oder den unabhängigen Ansprechpersonen eingehen", so das Erzbistum. Sie seien teils nur unvollständig dargestellt, enthielten widersprüchliche Angaben oder seien über Dritte und nicht unmittelbar von möglichen Betroffenen eingebracht worden. Verschiedene Gutachter hätten sie als unplausibel eingestuft.

Hilfe für Betroffene

Gleichwohl sehe sich das Erzbistum in einem Spannungsverhältnis, heißt es abschließend. Grundsätzlich wolle man Betroffenen und ihren Schilderungen Glauben schenken und Unterstützung anbieten. Zudem gebe es berechtigtes öffentliches Interesse, wenn Vorwürfe gegen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens erhoben werden. Andererseits seien auch die Persönlichkeitsrechte Verstorbener zu wahren, zumal bei unplausiblen Vorwürfen.

Wegen des am Donnerstag veröffentlichten Gutachtens aus Köln habe man sich dennoch entschlossen, die bisher bekannten Vorwürfe gegen die Erzbischöfe bekannt zu machen. Diese flössen ohnehin in laufende Studien und den diözesanen Aufarbeitungsprozess ein. (KNA)