Familie – die kleinste Einheit der Kirche

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Diesen Sommer war ich mit meiner Familie auf Reisen. Einige Wochen fuhren wir mit einem Wohnmobil die Atlantikküste entlang. Vom Norden Frankreichs gen Süden bis Spanien.
Wir waren viele Stunden im Auto unterwegs. Dabei fiel mir auf, mit welcher Begeisterung meine Kinder Kirchtürme suchten und zählten und mit welchem Interesse sie die Klöster und Kirchen während unserer Aufenthalte besuchten. Mit Feuereifer waren sie dabei, wenn es darum ging Geld in den Opferstock zu werfen oder Gedenkkerzen anzuzünden.
Während mein Sohn Verstorbene, für die er eine Kerze anzünden wollte, auflistete wie Sammelkarten bei der Fußball-WM, sah ich, wie meiner kleinen Tochter Tränen in die Augen stiegen. "Was ist los?", fragte ich sie. "Ich habe niemanden, der tot ist", schniefte sie. Und es stimmt, sie selbst ist noch nicht mit Verlust konfrontiert gewesen und war in ihrem kindlichen Geist traurig darüber. Des einen Freud, des anderen Leid. Natürlich fanden wir umgehend eine Lösung und zündeten eine Kerze an für Menschen, denen wir Gutes wünschen.
Gemeinde im Kleinen
Familie wird häufig als kleinste Zelle der Kirche beschrieben. Wie eine Gemeinde im Kleinen also. Und auch Glaube wird im Alltag gelebt, nicht in Büchern oder Religionsunterricht. Gemeinsames Gebet, Bibel lesen, Segenshandlungen, Feiern im Jahreskreis. All das macht ein Glaubensleben aus. Hauskirche nennt man das. Und während unserer Reise wurde mir die Bedeutung dieser mehr als deutlich. Denn wenn Ritualisiertes und Alltag wegfallen, zeigt sich, was die Kinder mitnehmen auf ihre Reise, in ihr Leben.
Die Wiege meiner eigenen Religiosität ist eng verbunden mit meiner Großmutter. Das meiste, was ich über Glaubenspraktiken weiß, habe ich von ihr gelernt. Und dass, obwohl wir nie direkt darüber gesprochen haben. Aber sie hat mich teilhaben lassen an ihrem Glaubensleben. Hat mich mitgenommen in den Gottesdienst, hat mir vorgebetet (im positiven Sinne), wenn ich nicht einschlafen konnte. Ich erinnere mich an Allerheiligenfeste mit Gräbersegnung und anschließendem Familienkaffee mit Aprikosen-Riemchen-Kuchen. Und als eine Dame aus Omas Bekanntenkreis verstarb, nahm sie mich mit zur Rosenkranzandacht in die antike Kapelle. Der Friedhof ihres kleinen Dorfes war im Sommer Treffpunkt für ein Schwätzchen und wenn man schon mal da war, bog man noch in die Kapelle ab für ein kleines Weggebet.
Teilhabe statt Erklärungen
Seit mir diese Prägung bewusst ist, blicke ich anders auf die religiöse Erziehung meiner Kinder. Ich weiß, dass die wichtigen Dinge, die ich Ihnen über den Glauben mitgeben kann, nicht die sind, die sie in Schule, Kita und Kommunionunterricht lernen. Sondern mein eigenes Glaubensleben. Natürlich erinnern Sie sich auch an Bibelgeschichten und Feste im Jahreskreis, aber darüber hinaus sind es die kleinen Zeichen des Glaubens, die irgendwo zwischen Volksfrömmigkeit und Liturgie verortet sind: Das Segnen vor dem Einschlafen, Kerzen anzünden, um Menschen zu gedenken, das Kreuz über der Eingangstür…
Die Verantwortung kann also nicht an Institutionen abgegeben werden, frei nach dem Motto: Die werden es schon richten. Nein, es liegt bei mir, und am Ende natürlich auch bei meinen Kindern. Was sie aus alldem machen, ob sie irgendwann entscheiden zu glauben oder nicht, kann ich am Ende kaum beeinflussen. Aber wenn ich heute eine Kerze für jemanden anzünde, weiß ich, dass meine Kinder wissen, dass Glaube im Alltag beginnt.