"Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche wieder wettmachen"

Stetter-Karp: Neue Synodalkonferenz ist kein Papiertiger

Veröffentlicht am 22.11.2025 um 15:02 Uhr – Von Joachim Heinz (KNA) und Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Fulda ‐ Nach langem Ringen steht nun fest: Die katholische Kirche in Deutschland soll ein neues bundesweites Gremium, die Synodalkonferenz, bekommen. ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp beobachtet einen Wandel im Dialog zwischen Bischöfen und Laien, wie sie im Interview erklärt.

  • Teilen:

Zum letzten Mal hat der Synodale Ausschuss in Fulda getagt. Das aus Bischöfen, Priestern und Laien besetzte Gremium hatte unter anderem den Auftrag, eine Satzung für ein neues nationales Kirchengremium zu erarbeiten. Am Samstag wurde diese Satzung verabschiedet. Sie bildet die Grundlage für die Synodalkonferenz, in der – nach der Zustimmung durch Rom – Bischöfe und Laien die beim Synodalen Weg begonnenen Beratungen zur Zukunft der Kirche verstetigen wollen. Im gemeinsamen Interview von katholisch.de und der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) ordnet die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, diesen Schritt ein.

Frage: Frau Stetter-Karp, was haben wir in Fulda erlebt – wurde hier ein Stück Kirchengeschichte geschrieben oder ein toter Gaul namens Synodaler Weg ins Ziel geritten?

Stetter-Karp: Zu Beginn des Synodalen Wegs 2019 wurde das Bild von einer historischen Stunde immer wieder mal bemüht. Ob wir hier Kirchengeschichte geschrieben haben, müssen später andere entscheiden. Wo ich aber definitiv nicht mitgehe, ist bei Ihrem Bild vom toten Gaul.

Frage: Sondern?

Stetter-Karp: Hier gehen gut trainierte Pferde mit Durchhaltevermögen nach einem Quer-Feld-Ein-Rennen ins Ziel. Kopf an Kopf. Bischöfe und Laien haben die Satzung zur Synodalkonferenz einstimmig verabschiedet. Mit der Formel, die uns als Laien immer wichtig war: dass wir gemeinsam beraten und beschließen. Das ist am Ende eben kein Papiertiger.

Frage: Was konkret soll die Synodalkonferenz leisten?

Stetter-Karp: Wir haben jetzt intensiv um innerkirchliche Themen gerungen. Für uns als Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist aber auch die Frage, wie wir es in den kommenden Jahren in einer gesellschaftspolitisch sehr unruhigen Situation schaffen, gemeinsam mit den Bischöfen Signale zu setzen, Lösungen anzubieten, ethische Fragen aufzugreifen.

Synodaler Ausschuss
Bild: ©KNA/Bert Bostelmann

Bei der fünften Sitzung des Synodalen Ausschusses wurde intensiv über die Satzung der Synodalkonferenz diskutiert.

Frage: Können Sie ein Beispiel nennen?

Stetter-Karp: Glücklicherweise ist es uns gelungen, bei der Abgrenzung gegenüber AfD, Rechtsradikalismus und Populismus in dieselbe Richtung zu gehen. Aber Bischöfe und Laien haben es getrennt getan. Nun haben wir ein Organ, in dem wir das gemeinsam tun können.

Frage: Warum halten Sie das für wichtig?

Stetter-Karp: Weil wir uns nicht einbilden können, dass wir als Kirche in der Gesellschaft so gehört und gesehen werden, wie das vielleicht vor einigen Jahren noch der Fall war.

Frage: Bei den Debatten um die Satzung für die neue Synodalkonferenz wurde der Wunsch geäußert, mehr junge Menschen für das Gremium zu gewinnen. Interessieren die sich überhaupt dafür - wenn sie denn noch Mitglied der Kirche sind?

Stetter-Karp: Aber wie die sich dafür interessieren! Sie haben doch die Debatte selbst verfolgen können am Freitagabend. Da haben junge Mitglieder im Ausschuss vehement dafür argumentiert, dass es eine Quote für junge Menschen geben soll. Weil ohne sie Kirche nicht zu machen ist. Natürlich bleibt der katholische Jugenddachverband BDKJ ein wichtiger Ansprechpartner für uns. Und wir müssen uns verändern. Im gesamten Synodalen Weg ist es uns bisher nicht gelungen, junge Menschen wirklich in angemessener Zahl einzubinden. Letzten Endes geht es um die Rückbindung bis in die Pfarreien und Gemeinden vor Ort. Da haben wir leider viele Beispiele, wo wir noch Luft nach oben haben.

Satzung der Synodalkonferenz

Die vollständige Satzung der geplanten Synodalkonferenz gibt er hier zum Nachlesen.

Frage: In Fulda war hin und wieder die Klage zu hören, dass Vertrauen strapaziert, vielleicht sogar verletzt wurde. Inwiefern beschäftigt Sie, dass das nach sechs Jahren Synodaler Weg immer noch ein Thema ist?

Stetter-Karp: Ich bewerte es so, dass wir von unterschiedlichen Kulturen hergekommen sind. Bei uns Laien ist die Streitkultur schärfer, man kämpft mit offenem Visier. Die Bischöfe sind, das ist zumindest mein Eindruck, zurückhaltender. Dass wir inzwischen gelernt haben, wie wir Differenzen offen benennen und gleichzeitig weiter im Gespräch bleiben, halte ich für mindestens genau so wichtig wie die inhaltlichen Ergebnisse, die wir im Rahmen des Synodalen Wegs erreicht haben.

Frage: Die letzte Sitzung des Synodalen Ausschusses ist nun beendet. Was ist die Botschaft, die von dem Ausschuss ausgeht, nicht nur an die Synodalen, sondern an die Kirche in Deutschland insgesamt?

Stetter-Karp: Dass wir gemeinsam darum ringen, den durch die Verbrechen des sexuellen Missbrauchs beschleunigten Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche wieder wettzumachen. Das geht nicht an einem Tag, sondern nur Schritt für Schritt.

Von Joachim Heinz (KNA) und Christoph Brüwer