Leo XIV. schärft bei der Weihnachts-Premiere sein Profil als Papst
"Benvenuti a tutti! Bienvenidos! Welcome!" Überraschung für 5.000 Menschen im Regen: Vor der Christmette an Heiligabend trat Leo XIV. auf den Petersplatz, um sie zu begrüßen. "Der Petersdom ist sehr groß, aber leider nicht groß genug, um euch alle zu empfangen", sagte er auf Englisch. Und auf Italienisch: "Danke, dass ihr hier seid, sogar bei diesem Wetter!" Dann segnete er sie. Und verschwand eilends, um bis Mitternacht seine erste Christmette als Papst zu feiern.
Leos spontaner Auftritt an Heiligabend kennzeichnet einen Stil, mit dem er auch an seinem ersten Weihnachtsfest als Papst eigene Akzente setzte. Schon mehrfach seit seiner Wahl am 8. Mai tauchte er unverhofft etwa in der Vatikanischen Audienzhalle, im oder vor dem Petersdom auf, um Menschen zu begrüßen, die dort Hitze oder Regen auswichen oder auf reguläre Auftritte von ihm warteten.
"Frohe Weihnachten" auf Deutsch
Leo XIV. pflegt einen eigenen Kommunikationsstil, für den ihm auch seine Sprachkenntnisse zugutekommen. Beim "Urbi et orbi", dem weltweit übertragenen Segen "Der Stadt und dem Erdkreis" griff der gebürtige Chicagoer, der rund 20 Jahre Seelsorger und Bischof in Peru war, auf eine alte Tradition zurück: Er sprach Weihnachtsgrüße in zehn Sprachen, darunter Arabisch und Chinesisch. Auf Deutsch sagte er: "Frohe Weihnachten! Der Friede Christi herrsche in euren Herzen und in euren Familien."
Diesen von Paul VI. (1963-1978) begründeten Brauch hatten Johannes Paul II. (1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013) gepflegt: Sie verlasen mitunter in mehr als 60 Sprachen Grüße beim "Urbi et orbi", der immer an Ostern und Weihnachten erteilt wird. Franziskus verzichtete auf diesen Usus, den Leo nun, bei seinem zweiten Mal auf der Mittelloggia des Petersdoms, wieder aufleben ließ. Die rund 26.000 Menschen auf dem Petersplatz dankten es ihm mit Beifall und Jubel.
Rückzug nach Castel Gandolfo: Auch das markiert seinen Stil: Sehr konsequent legt er bislang Erholungstage in der päpstlichen Residenz rund 30 Kilometer südlich von Rom ein.
Erstmals hatte er den feierlichen Segen "Urbi et Orbi" an seinem Wahlabend am 8. Mai erteilt. Und auch diesmal trug er die rote Mozzetta, den päpstlichen Schulterumhang, den sein Vorgänger Franziskus nie umgelegt hatte.
Grüße im Papamobil
Weiteres Novum am ersten Weihnachtstag: Leo XIV. feierte die Messe in der Papstbasilika selbst und hielt auch eine ausgiebige Predigt. Über Jahrzehnte war der Gottesdienst am 25. Dezember nicht vom Papst, sondern von einem Kardinal geleitet worden. Und auch nach der Festmesse tauschte Leo wieder rasch sein goldenes Messgewand gegen den weißen Talar, um im Papamobil über den Petersplatz zu fahren und die vielen Menschen zu grüßen. Danach ging es schnurstracks zurück in die Basilika, wo er sich für den Papstsegen vorbereiten musste.
Dabei hielt er die dritte ausgefeilte Ansprache binnen 13 Stunden. Nebenbei: Mit der Anfangszeit 22.00 Uhr näherte sich die Christmette wieder der Tradition der "Heiligen Nacht". Seine Predigten an Heiligabend und am Ersten Weihnachtstag hatten sehr poetische Anklänge; er zitierte einen israelischen Dichter und sprach viel von Sternen, Morgenröte, von Liebe, Gesang und Jubel.
Zugleich enthielten beide Predigten deutliche politische Botschaften: Der Papst geißelte Allmachtsfantasien, Ausgrenzung und Ausbeutung und mahnte immer wieder Frieden an. Beim Segen "Urbi et orbi" benannte er detailliert Not und Krisen vieler Länder der Erde. Die Ukraine und Russland rief er auf, mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft einen "ehrlichen, direkten und respektvollen Dialog" zu führen.
Ruhetag in Castel Gandolfo
Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt zu Weihnachten am Freitag, dem Gedenktag des ersten christlichen Märtyrers Stephanus, erinnerte Leo an verfolgte Christen weltweit. "Sein Beispiel an Festigkeit, Mut und Vergebung begleite alle, die sich in Konfliktsituationen dafür einsetzen, Dialog, Versöhnung und Frieden zu fördern", sagte er beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz.
Danach wollte sich Leo XIV. für einen Ruhetag nach Castel Gandolfo zurückziehen. Auch das markiert seinen Stil: Sehr konsequent legt er bislang Erholungstage in der päpstlichen Residenz rund 30 Kilometer südlich von Rom ein. Denn schon spätestens zum Jahreswechsel und dem 6. Januar mit der Schließung der Heiligen Pforte warten weitere Großeinsätze auf den Papst.
