Beauftragt, um zu unterrichten
Denn dafür reicht ein abgeschlossenes Theologiestudium allein nicht aus. Wer Religionsunterricht erteilen möchte, benötigt zusätzlich eine Beauftragung der Kirche – auch, wenn man an einer staatlichen Schule angestellt ist. Was im ersten Moment widersprüchlich klingt, ist aber im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert.
Dort heißt es mit Verweis auf die Weimarer Reichsverfassung: "Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes." Für den Religionsunterricht gibt es sogar noch einmal eine eigene Norm im Grundgesetz. Die hält fest, dass das Fach "in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt" werden muss (Art. 7 GG).
Gegenseitige Solidarität
Für die Zeit des Referendariats – in der Regel zwei Jahre – vergibt die Kirche zunächst eine vorläufige Unterrichtserlaubnis, nach dem zweiten Staatsexamen dann eine zeitlich unbegrenzte kirchliche Beauftragung: die "Missio canonica". Die Würzburger Synode begründete die Notwendigkeit dazu mit "der Kompetenz der Kirche für den Inhalt des Religionsunterrichts". Gleichzeitig nehme der Bischof damit "im Namen der Kirche den angebotenen beruflichen Dienst des Religionslehrers an". Und schließlich gehe es bei der Beauftragung auch um die Bekundung der Solidarität der Kirche mit dem Religionslehrer – und umgekehrt.
Bevor sowohl die vorläufige Erlaubnis als auch die "Missio canonica" erteilt werden können, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein, die in den 27 deutschen Diözesen nahezu identisch sind. Dazu zählen das abgeschlossene Theologiestudium, die Mitgliedschaft in der katholischen Kirche, Taufe und Firmung, bei Verheirateten eine kirchenrechtlich gültig geschlossene Ehe und bei leiblichen Kindern deren Taufe in der katholischen Kirche. Dementsprechende Dokumente neueren Datums werden bei der Beantragung mit eingereicht.
Gleichzeitig gibt der Lehrer oder Referendar mit dem Antrag je nach Diözese eine verpflichtende Erklärung ab. Für die Bistümer in Nordrhein-Westfalen lautet die beispielsweise: "Ich erkläre mich bereit, den Religionsunterricht in Übereinstimmung mit der Lehre der katholischen Kirche zu erteilen und in meiner persönlichen Lebensführung die Grundsätze der katholischen Kirche zu beachten. Ich versichere, dass ich am Leben dieser Kirche aktiv teilnehme und mich meinen Schülerinnen und Schülern gegenüber dazu bekennen will."
Der Religionslehrer verspricht also nicht nur in Übereinstimmung mit der kirchlichen Lehre zu unterrichten, sondern dieser auch in seiner persönlichen Lebensführung zu entsprechen. Dazu zählt auch ein aktives Gemeindeleben, das natürlich weitaus schwieriger zu belegen ist als beispielsweise die Taufe. Vor der Erteilung der "Missio Canonica" werden deshalb zwei entsprechende Gutachten – meist werden sie als Referenzen bezeichnet – erwartet. Einer der Nachweise muss von einem Geistlichen erbracht werden. In der Regel ist das der Pfarrer der Heimatgemeinde. Der andere kann beispielsweise der eigene ehemalige Religionslehrer oder ein Mitglied aus der Gemeinde sein. Familienangehörige dürfen dagegen nicht als Gutachter herangezogen werden
Bei der vorläufigen Unterrichtserlaubnis sind einige Diözesen mittlerweile dazu übergegangen, eine oder beide Referenzen durch ein studienbegleitendes Angebot zu ersetzen. Dafür müssen die Lehramtsstudenten an einer Informationsveranstaltung zur "Missio" und an spirituellen Einheiten teilnehmen, ein Orientierungs- und ein Abschlussgespräch führen sowie ein Praktikum in einem kirchlichen Praxisfeld absolvieren.
Kein "Blick in das Schlafzimmer"
Wichtig ist der Kirche, dass sie nicht als Wächter des Privatlebens der Lehrer wahrgenommen wird. Der oftmals vermutete "Blick in das Schlafzimmer" bleibt also aus. Dennoch können kirchliche Unterrichtserlaubnis und "Missio canonica" auch abgelehnt oder wieder entzogen werden. Und zwar dann, wenn die bereits genannten Kriterien nicht oder nicht mehr erfüllt werden. Wer aus der Kirche austritt, kann logischerweise nicht mehr mit voller Überzeugung katholische Religion unterrichten. Das gleiche ist der Fall, wenn ein Lehrer "vom Glauben abfällt". Die Kirche nennt das Apostasie oder Häresie.
Ebenfalls problematisch sind die zivile Wiederheirat nach einer Scheidung, eine eingetragene Lebenspartnerschaft, das Eintreten für Abtreibung und ähnliche Dinge, die der Lehre der Kirche offenkundig widersprechen. Ein Entzug der Beauftragung kommt allerdings nur selten vor. Wer sich selbst aber nicht mehr im Einklang mit der katholischen Lehre sieht, kann seine "Missio canonica" auch freiwillig zurückgeben.
Die "Missio canonica" selbst wird in der Regel an speziellen Besinnungstagen oder einem spirituellen "Missio"-Tag verliehen, an dessen Ende ein feierlicher Gottesdienst steht. In dem übergibt der Diözesanbischof die entsprechenden Urkunden. Neben den Religionslehrern erhalten die "Missio" auch Pastoral- und Gemeindereferenten, denen sie im Zusammenhang mit der kirchlichen Sendung erteilt wird. Diakone und Priester haben die kirchliche Beauftragung dagegen von Amts wegen.