Zur Aufgabe der Diakone gehört es, auf Missstände aufmerksam zu machen

Die "Quertreiber"

Veröffentlicht am 13.10.2015 um 00:01 Uhr – Von Janina Mogendorf – Lesedauer: 
Serie: Berufe in der Kirche

Bonn ‐ "Diakone sind schräge Vögel, wir tragen eine Querstola“, sagt Peter Höfner und lacht. Gegenüber katholisch.de schildert Höfner, der im Erzbistum Freiburg für die Ausbildung der Ständigen Diakone zuständig ist, was den Beruf des Ständigen Diakons ausmacht.

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Stephanus, Philippus, Prochorus, Nikanor, Timon, Parmenas und Nikolaus - sieben Männer von "gutem Ruf und erfüllt von Geist und Weisheit", waren die ersten Diakone im neuen Testament. Seit damals erlebte das Amt der Diener und Helfer in der katholischen Kirche wechselhafte Zeiten. So war es jahrhundertelang lediglich eine Durchgangsstufe zum Priesteramt.

Erst das zweite Vatikanische Konzil führte in den Sechzigerjahren das Ständige Diakonat auf Lebenszeit wieder ein. Heute arbeiten mehr als 3.000 Ständige Diakone in den deutschen Bistümern. Peter Höfner aus Freiburg ist einer von ihnen. Der ehemalige Pastoralreferent entschied sich Mitte der Neunzigerjahre dafür, neue Wege zu gehen. "Es gab damals einen inneren und einen äußeren Anlass, die mich beide zum Diakonat geführt haben", erzählt Höfner. Der damals 38-Jährige arbeitete zu dieser Zeit als Religionslehrer und wurde 1995 gebeten bei einer Sendereihe des Südwestfunks Anrufe von Hörern entgegenzunehmen.

Lebensverändernde Gespräche

"Die Sendung hieß '10 Angebote für das Leben' und gemeinsam mit einem befreundeten Religionslehrer habe ich Anrufer in ganz unterschiedlichen Lebensfragen beraten", erinnert sich Höfner. "Viele Anrufer befanden sich an einer Lebenswende. (Ungewollte) Schwangerschaften, Trauungen, Krankheit oder der Verlust eines nahestehenden Menschen waren Themen, um die es ging." Die Intensität der Gespräche beeindruckte die beiden Männer so sehr, dass sie sich gemeinsam für eine Ausbildung zum Diakon entschieden und auch gemeinsam 1998 geweiht wurden.

Peter Höfner in einem Seminarraum
Bild: ©privat

Peter Höfner (stehend) arbeitet in der Ausbildung von Ständigen Diakonen.

Warum Diakon? Die Nähe zum Menschen steht bei diesem Kirchendienst im Vordergrund. Diakone sollen Nöte aufspüren und sich um Benachteiligte kümmern. Sie sind Seelsorger, besuchen Kranke und Sterbende, kümmern sich um Asylanten, Häftlinge und Menschen in besonderen Lebenskrisen. Diakone trauen, taufen und beerdigen. Sie bereiten Gemeindemitglieder auf den Empfang der Sakramente vor, führen Glaubensgespräche, verkünden das Evangelium und halten auch schon mal die Sonntagspredigt. Was sie vom Pfarrer unterscheidet? Diakone leiten keine Gemeinden und stehen nicht der Eucharistie vor. Das Buß-Sakrament obliegt dem Priester.

Neben Ständigen Diakonen im Hauptberuf übt die Mehrzahl der Diakone ihren Dienst im Nebenberuf aus. So gibt es im Erzbistum Freiburg derzeit 40 hauptberufliche Diakone, etwa 130 arbeiten weiterhin auch in ihrem Zivilberuf. "Vielfach sind das kirchennahe Berufe, es gibt aber auch Zahnärzte, Banker oder Schlosser, die sich zum Diakon ausbilden lassen", so Höfner, der nach Jahren in einer Baden-Badener Gemeinde 2005 Ausbildungsleiter im Institut für pastorale Bildung in Freiburg wurde. Voraussetzung sowohl für den Haupt- als auch für den Nebenberuf ist eine theologische Ausbildung. Wer sie nicht schon mitbringt, kann in Freiburg den Theologischen Kurs, den Pastoralkurs oder den Fernkurs in Würzburg belegen.

Ein Diakon braucht viele Befürworter

Begleitend absolvieren Diakone Praktika in ihren Gemeinden und erhalten eine pastorale Ausbildung. "Der volle Dienst beginnt erst nach der Weihe, aber im Praktikum begleitet der Anwärter zum Beispiel den Pfarrer bei den Kasualien wie Traugesprächen, Taufen oder Beerdigungen", so Höfner. Wie bei einer Lehrprobe sitzt der Pfarrer oder ein erfahrener Kollege in der Kirchenbank und gibt dem Praktikanten später Rückmeldung. Bis zur Weihe bedarf es einer dreieinhalbjährigen Ausbildung und vieler Befürworter. Um Diakon zu werden braucht es ein "Ja" von der Gemeinde, vom Pfarrer, von der Ausbildungsleitung, vom Diakonatskreis, von der Personalabteilung der Diözese und vom Erzbischof. Zuallererst aber braucht es die Zustimmung der Ehefrau!

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Nicht alle Diakone sind verheiratet und für Singles gilt der Zölibat ebenso, wie für geschiedene oder verwitwete Amtsträger, denn Diakone gehören zum Klerus. Viele Männer entscheiden sich wie Höfner jedoch erst später für eine Ausbildung. Ohnehin können Verheiratete erst mit 35 Jahren zur Weihe zugelassen werden. Für Frau und Kinder ist das eine lebensverändernde Entscheidung. "Diakon ist ein Beruf, den man mit dem Einverständnis der Familie ausübt", erklärt Höfner. Zum einen kann ein Ständiger Diakon im Hauptberuf ebenso wie ein Pfarrer versetzt werden, zum anderen gibt es bei vielen Situationen Überschneidungen von Beruf und Privatleben, vor allem in der Gemeindearbeit.

"Ich habe bei einer Feier zur Ehrung von Ehejubilaren mit der langjährigen Frau eines Diakons gesprochen und sie sagte, sie würde ihre Zustimmung heute nicht mehr geben. Sie hätten seit der Weihe kein Privatleben mehr gehabt", erzählt Höfner. Auch er selbst musste lernen, ‚nein‘ zu sagen, und er hat auch für die neu Auszubildenden entsprechende Konsequenzen gezogen, wie zum Beispiel eine klare Zeiteinteilung. "Es muss einfach Zeiten geben, in denen man nicht ansprechbar ist."

Ein anspruchsvoller Dienst

Zumal das Amt den Diakonen nicht nur zeitlich, sondern auch seelisch viel abverlangt. "Ich erinnere mich an meine Anfänge, als der Pfarrer mich gerne mit unliebsamen Aufgaben betraute." Zum Beispiel anonyme Beerdigungen von Obdachlosen. "Da bin ich dann als einziger im Trauerzug mitgegangen." Als besonders schwere Erfahrung hat Höfner auch einen Tag im Gedächtnis, an dem er zuerst die Hinterbliebenen in einem Suizidfall begleitete und danach eine Taufe leiten sollte. "Da kommt man an seine Grenzen und das muss man dann auch offen sagen."

Besonders wichtig ist daher die Gemeinschaft in Diakonatskreis. "Wir treffen uns regelmäßig, zusammen mit den Ehefrauen, beten gemeinsam und sprechen über berufliche Erlebnisse und Erfahrungen." Dabei gehe es auch lustig zu, denn grundsätzlich üben Diakone ihren Beruf, der ja auch eine Berufung ist, mit viel Freude und Fröhlichkeit aus. Trotzdem werden sie manchmal auch unbequem. "Diakone sind schräge Vögel, wir tragen eine Querstola", sagt Höfner lachend und erklärt auch gleich warum: "Zu unserem Beruf gehört es, auf Missstände aufmerksam zu machen und auf benachteiligte Gruppen in den Gemeinden. Damit werden wir manchmal zu Quertreibern im bewährten System."

Peter Höfner (links) zieht zusammen mit anderen Diakonen in eine Kirche ein.
Bild: ©privat

Peter Höfner (links) zieht zusammen mit anderen Diakonen in eine Kirche ein.

Zu den Berufsanforderungen gehören neben einem engagierten Glaubensleben, einem offenen Ohr für die Menschen, der Bewährung in Ehe, Familie und Beruf auch Verantwortungsbereitschaft und der Mut, den Finger in die Wunde zu legen. Immer mehr Männer entscheiden sich (selbst-)bewusst für den anspruchsvollen Dienst, ist die Erfahrung des Ausbildungsleiters. "Früher war es eher der Pfarrer, der einem engagierten Gemeindemitglied eine Ausbildung zum Diakon ans Herz legte. Heute sind es auch die prägenden Vorbilder von Ständigen Diakonen, die Männer auf den Weg zum Diakonat bringen. Es sind vor allem Männer in der Lebensmitte, die sich mit Sinn- und Glaubensfragen auseinandersetzen."

Und die Frauen?

Auch Frauen haben schon Bewerbungen an das Ausbildungsinstitut geschickt und gerade in Freiburg, dem Erzbistum, in dem Hannes Kramer 1951 den ersten Diakonatskreis ins Leben gerufen hat, ist man dem Thema gegenüber aufgeschlossen. "Hannes Kramer hatte das Frauendiakonat durchaus im Blick. Er ist aber zu früh verstorben um es vorantreiben zu können", sagt Höfner. Er weiß aber auch: "Papst Franziskus hat seine Position klar gemacht: Die Tür zum Frauendiakonat ist verschlossen. Andererseits sage ich immer: Es gibt wenigstens eine Tür." Die Bewerbungen für das Frauendiakonat hat Höfner nicht zurückgeschickt. "Sie sind hier im Institut archiviert."

Von Janina Mogendorf

Stichwort: Ausbildung zum Ständigen Diakon

Ledige Bewerber können mit 26 Jahren die Diakonen-Weihe empfangen und sind danach zum Zölibat verpflichtet. Verheiratete können ab dem 35. Lebensjahr zur Weihe zugelassen werden und die Ehefrau muss der Ausbildung zustimmen. Voraussetzung ist eine Mittlere Reife und/oder eine abgeschlossene Berufsausbildung. Danach gibt es drei Möglichkeiten: Eine berufsbegleitende theologische Ausbildung im Fernkurs (Dauer etwa vier Jahre), eine abgeschlossene Berufsausbildung als Gemeindereferent oder ein abgeschlossenes theologisches Studium. Meist parallel zur theologischen Ausbildung beginnt die etwa dreijährige pastorale Ausbildung mit Blockunterricht und Praktika.

Serie: Berufe in der Kirche

Ob Pfarrer oder Pastoralreferent, Küster oder Kirchenmusiker: Die Berufe in der Kirche sind vielfältig und stehen angesichts von Pfarreienzusammenlegungen vor großen Herausforderungen. Jeden Dienstag stellt katholisch.de ein Berufsbild vor. Lesen Sie in der kommenden Woche ein Doppelporträt eines Pastoralreferenten und einer Gemeindereferentin, die gemeinsam im Kirchengemeindeverband Bad Godesberg arbeiten.