Schavan: Franziskus ist "politische Avantgarde"
Mit seiner Botschaft sei der Papst "so etwas wie politische Avantgarde". Das gelte auch für seine Vorgänger. Päpste sprächen vor Abgeordnetenkammern nicht auf einer parteiischen, sondern auf einer übergeordneten Ebene von Werten und Grundhaltungen. So böten sie der Politik einen Kompass, so Schavan, die kürzlich ein Buch mit Papstreden vor Parlamenten herausgegeben hat.
"Europa hadert"
Europa befinde sich derzeit "in einer Situation der Verunsicherung". Es entstehe der Eindruck, "dass das, was wir Wertegemeinschaft nennen, blass geworden ist. Es droht Entsolidarisierung. Europa hadert", diagnostizierte die Botschafterin.
Unterdessen habe Religion an Bedeutung gewonnen. Lange habe es so ausgesehen, dass eine säkulare Zeit angebrochen sei, in der Religion zu Privatsache geworden sei. „Das ist aber ganz anders geworden“. Religion sei aus dem privaten Raum auch auf die Bühne der Politik zurückgekehrt.
In diesem Zusammenhang verwies Schavan auf ein Wort des früheren EU-Kommissionsvorsitzenden Jacques Delors, Europa brauche nicht nur politische Fähigkeiten und wirtschaftliches Know-How, sondern auch "eine Seele und Spiritualität".
Schavan: Europa braucht Bewusstsein für Gemeinschaft
Die Karlspreisverleihung an Franziskus könne "Nachdenklichkeit erzeugen und das Bewusstsein für Gemeinschaft stärken". Dies brauche Europa dringend, "damit es nicht wieder abgleitet in nationale Egoismen", sagte Schavan.
Papst Franziskus erhält im kommenden Jahr den Aachener Karlspreis. Zur Bekanntgabe der Verleihung erklärte das Karlspreisdirektorium kurz vor Weihnachten, Franziskus setze den Rückschlägen und dem Vertrauensverlust in der EU eine "Botschaft der Hoffnung" entgegen. Die Preisverleihung soll in Rom stattfinden; das genaue Datum steht noch nicht fest. (gho/KNA)