"Terror ist Gotteslästerung"
Die Attentäter seien keine religiösen Menschen gewesen, sie hätten etwa Haschisch-Bars geführt. "Terror ist eine Todsünde im Islam, Terror ist Gotteslästerung", betonte der Zentralrats-Vorsitzende. Die Diskussionen, die seit dem 11. September 2001 gleichförmig verliefen, hätten "in die Sackgasse" geführt. Es brauche nun einen Paradigmenwechsel; beispielsweise müsse mehr über soziale Ursachen für Terrorismus gesprochen werden.
Mazyek: Hassmails und erschreckende Telefonate
Auch gelte es selbstkritisch zu fragen, ob nicht ebendiese Diskussionen "letztendlich zu mehr Terror führen". Die Geschäftsstelle seines Verbands erlebe derzeit "wieder eine große Welle an Hassmails" und "erschreckenden" Telefonaten, berichtete Mazyek. Die jüngsten Anschläge seien insofern auch Wasser auf die Mühlen von rechten Extremisten.
Er sprach sich für eine "Allianz von Menschen guten Willens" gegen den Terrorismus aus. Terroristen wollten die Gesellschaft in Muslime und Nicht-Muslime spalten. Die Gesellschaft müsse aber deutlich machen, dass sie sich nicht zerstören lasse.
Derweil hat der Großimam und Scheich der al-Azhar-Universität in Kairo, Ahmad al-Tayyib, Verständnis für die Angst der Europäer vor dem Islam gezeigt. Die Menschen hätten Sorgen wegen der Verbrechen, die im Namen der Religion begangen würden "und die sie auf den Bildschirmen sehen", sagte er im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Wer aber den Nahen Osten kenne, könne unterscheiden zwischen dem, was er sieht, und dem Islam als der Religion der Barmherzigkeit. "In Europa können die Menschen auf der Straße das nicht unterscheiden."
Begriff "Euro-Islam" nicht sinnvoll
Der Wissenschaftler und Theologe betonte, dass der Islam nicht stehen bleibe, wenn sich eine Gesellschaft verändere. Der Begriff "Euro-Islam" ist dem Großimam zufolge aber nicht sinnvoll. "Der Islam in Europa ist nicht anders als der in Ägypten. Islam ist Islam mit den fünf Säulen", erklärte er. Muslime können in einer Kultur leben, in der Menschen andere Bräuche hätten, und sie sich aneignen. "Das ist dann aber kein anderer Islam."
Bereits am Wochenende hatten Vertreter von katholischer und evangelischer Kirche eine Debatte über den Islam gefordert. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, wünscht sich eine breite muslimische Bewegung gegen religiös motivierte Gewalt. Alle Religionen hätten die Aufgabe, sich mit ihren heiligen Schriften selbstkritisch auseinanderzusetzen.
„Der Islam in Europa ist nicht anders als der in Ägypten. Islam ist Islam mit den fünf Säulen.“
Momentan gehe die Gewalt auf der Welt unter Berufung auf die Religion hauptsächlich vom Islam aus, so der EKD-Ratsvorsitzende. "Und deswegen ist es auch für den Islam und für die muslimischen Gelehrten, für die muslimischen Geistlichen wichtig, dass sie sich selbstkritisch mit ihrer heiligen Schrift, dem Koran, auseinandersetzen."
Wichtige Leistungsträger
Alois Glück, der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) mahnte in der Debatte eine Bereitschaft zur Differenzierung an. Das sei man auch den hier lebenden Muslimen schuldig, die - "wie alle Untersuchungen zeigen" - in ihrer überwältigenden Mehrheit in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz "ihr Leben und unser Zusammenleben" gestalteten. So seien diese Menschen etwa in der Arbeitswelt wichtige Leistungsträger. (gho/KNA)