Das Lehramt und die sexuelle Vielfalt
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Am Sonntag war in München CSD, Christopher Street Day. 125.000 Menschen säumten die Straßen, als die Politparade stundenlang durch die Stadt zog, sexuelle Vielfalt feierte, aber auch ernste Töne anschlug: Der Opfer von Orlando wurde gedacht, Freiheit und Lebensrecht für Homosexuelle in repressiven Systemen gefordert und die "Ehe für alle" hier in Deutschland angemahnt.
Erstmals gab es einen Wagen der Vereinigung "Lesben und Schwulen in der Union" (LSU) und auch Josef Schmid von der CSU, seit vorletztem Jahr 2. Bürgermeister der Stadt, war wie im vergangenen Jahr vorne mit dabei. Auch die Evangelische Jugend rollt im bunten CSD-Zug ganz selbstverständlich mit, Motto: "Gottes Vielfalt verdient Respekt". Der Einsatz für Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften steht auf breiteren Füßen als je zuvor.
Währenddessen tut sich die katholische Kirche nach wie vor schwer: Einerseits spricht das Lehramt, man solle doch bitte Schwulen und Lesben mit Takt und Mitgefühl begegnen, sie nicht persönlich verurteilen. Wohl aber bleibt in Lehramtsaugen ausgelebte Homosexualität eine Sünde und in vielen Ländern mischt sich die Kirche aktiv ein, um rechtliche Gleichstellung zu verhindern. Ein Skandal für viele Katholikinnen und Katholiken hierzulande.
Gleichzeitig ist für einen großen Teil der Katholikinnen und Katholiken Homosexualität "normal", sie verstehen die Lehre wie an vielen Punkten nicht mehr, sind davon entfremdet. Unzählige Theologen verwerfen das Homosexualitätsverbot der Bibel als heute nicht mehr gültig, ähnlich wie das biblische Tätowierungsverbot oder das Gebot, Hexen zu verbrennen. Im Bistum Basel wird die kirchliche Segnung homosexueller Paare seit Jahren geduldet. Die plurale Gesellschaft spiegelt sich immer mehr auch in einer pluralen Kirche. Ja, es scheint: Die gesellschaftliche Realität der sexuellen Freiheit und Vielfalt, des individuellen Rechts darauf, die eigene Sexualität zu leben, kommt langsam auch in der Kirche an.
Nur das Lehramt denkt in Jahrhunderten ... und die Kommentare unter diesem Standpunkt werden, fürchte ich, zeigen, dass manchen, die sich dem Katholizismus besonders verbunden fühlen, Respekt vor Menschen mit anderen Überzeugungen sehr schwer fällt. Bühne frei.