Wie halte ich ungelöste Probleme aus? Glaube.Leben.
Nicht jedes Problem findet direkt eine Lösung. Das sind Momente, die ich in meinem Leben überhaupt nicht mag. Das sind Augenblicke, die Druck in mir auslösen. Und dieser Druck verstärkt sich noch, wenn Menschen von außen an mich herantreten und von mir erwarten, dass ich jetzt aber eine Lösung anbieten muss. Die Frage ist also, wie gehe ich mit diesen Momenten in meinem Leben um, in denen ungelöste Probleme im Raum stehen bleiben müssen?
Ungelöste Probleme sind deswegen ein Problem, weil sie Unsicherheit auslösen. Und Unsicherheit mag ich nicht und mag wahrscheinlich niemand. Wir wollen Klarheit, Sicherheit, feste Strukturen. Ungelöste Probleme werfen all das allerdings über den Haufen. Deswegen muss ich als erstes ein ungelöstes Problem bejahen und annehmen. Mein Gehirn wird ein Problem immer als Gefahr sehen, immer als eine Bedrohung meiner ganzen Existenz. Deswegen lohnt es sich, diesem inneren Anwallen mit einer entscheidenden Frage zu begegnen: Was kann schlimmstenfalls wirklich passieren? Ist es wirklich so, dass dieses ungelöste Problem eine ganze Existenz vernichten wird, oder ist es manchmal nicht einfach nur die Angst davor, sich zu blamieren und die Dinge nicht in dem Zeitplan fertig zu bekommen, den ich mir vorgenommen habe. Mit dieser einfachen Frage bekommt das ungelöste Problem den Stellenwert zugewiesen und den Platz, den es verdient, und wird eben nicht zum ungeheuren Monster, das gar nicht mehr bewältigt werden kann.
Die zweite Herausforderung liegt darin, mich von meinem Schwarz-Weiß-Denken zu lösen. Denn wann immer ich in diesem Muster gefangen bin, neige ich dazu, Dinge sofort beurteilen, bewerten und klassifizieren zu wollen. Das allerdings führt mich schnell in die Versuchung, Hauruck-Lösungen herbeizusehnen und diese umzusetzen, obwohl sie nicht die adäquate und angemessene Art und Weise sind, auf das Problem zu reagieren. Die Wahrheit liegt wie immer meist dazwischen. Deswegen lohnt es sich, nach Wegen und Möglichkeiten Ausschau zu halten, die mir jetzt noch gar nicht klar sind und die sich erst mit der Zeit auftun werden. Für die offen zu sein, verlangt allerdings das Schwarz-Weiß-Denken beiseite zu legen.
Das Dritte und entscheidende ist das Vertrauen. Dabei geht es allerdings nicht darum, auf seine eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten zu setzen; es geht auch nicht darum, sich mit dem stumpfen Satz "Alles wird schon wieder gut" zu beruhigen. Nein, es geht um das Vertrauen in Gottes Hilfe. Es geht um das feste Vertrauen in seine Zusage, dass er mir zwar das Leben und die Probleme nicht vom Leib hält, aber dass er mir mit seiner Kraft, seiner Hilfe und seiner Weisheit zur Seite stehen will. Es geht um die Fähigkeit zu Langmut oder, wie wir heute sagen würden, zur Resilienz. Diese Fähigkeit allerdings muss ich nicht hervorzaubern aus meinen eigenen Ressourcen. Diese Fähigkeit darf ich von Gott erbitten und er will mich dabei unterstützen, dass ich zu ihr in der Lage bin.
Mit all diesen Dingen wird sich das Problem nicht in Luft auflösen, es wird auch immer noch keine Lösung geben. Das Problem bleibt leider weiterhin bestehen. Aber ich werde auf diese Weise zumindest dazu in der Lage sein, dem Problem den Platz in meinem Leben zu geben, den es verdient. Das Problem wird mich nicht weiter mehr auffressen, wird mich nicht mehr überfordern, sondern wird eine Herausforderung unter vielen in meinem Alltag sein. Und ich werde dieses Problem dadurch händeln, mich ihm stellen und irgendwann eben auch lösen können.
Im Video-Format "Glaube.Leben." beantwortet Christian Olding Fragen, die sich jeder irgendwann einmal stellt. Die katholisch.de-Serie will Orientierung für das eigene Leben mit dem Glauben geben. Aus seiner persönlichen und beruflichen Erfahrung heraus nimmt Pfarrer Olding den Zuschauer an die Hand. Dabei bedient er sich in gewohnter Manier klarer Worte und Bilder. Jeden zweiten Dienstag erscheint eine neue Folge auf katholisch.de und in unserem YouTube-Kanal.