Spanien feiert heute "Unsere Liebe Frau auf dem Pfeiler"

Die erste Marienerscheinung der Geschichte

Veröffentlicht am 12.10.2017 um 14:30 Uhr – Von Tobias Glenz – Lesedauer: 
Maria

Bonn ‐ Am 12. Oktober wird im spanischen Saragossa gefeiert: Im Jahr 40 n. Chr. soll sich dort die erste Marienerscheinung der Geschichte abgespielt haben. Und das noch zu Lebzeiten der Gottesmutter.

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Lourdes, Fatima, Guadalupe: Diese Marienwallfahrtsorte sind heute weltberühmt. Aber haben Sie schon einmal von Saragossa und "Unserer Lieben Frau auf dem Pfeiler" gehört? Als Marienverehrer sollte man das eigentlich. Denn dort hat sich der Legende nach die erste Marienerscheinung der Geschichte zugetragen. Heute befindet sich in Saragossa die größte Barockkirche Spaniens – und in ihr ein Gnadenbild der Jungfrau Maria auf einer Säule. Zehntausende Pilger suchen es jährlich auf.

Das Ereignis, das den Beginn einer fast 2.000-jährigen Geschichte von Marienerscheinungen markiert, soll sich im Jahr 40 nach Christus abgespielt haben. Tod, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu lagen erst wenige Jahre zurück, die Gottesmutter Maria war zu jener Zeit noch am Leben.

Der Apostel Jakobus "der Ältere" – mit seinem Bruder Johannes einer der erstberufenen Jünger Jesu – reiste in diesen frühen Tagen der Christenheit durch die heidnischen Provinzen des Römischen Reiches und kam auch nach Hispania, der lateinische Name der Iberischen Halbinsel. Seinen Missionsversuchen dort war der Überlieferung nach jedoch nur wenig Erfolg beschieden, sodass der Apostel in Lethargie verfiel.

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Mutlos und verzweifelt soll Jakobus eines Tages am Ufer des Flusses Ebro, im Gebiet des heutigen Saragossa, gesessen und gebetet haben. Plötzlich umgab ihn ein helles Licht. In diesem Licht erblickte er die Jungfrau Maria – umgeben von einer Heerschar Engel. Sie ermutigte den Apostel, die Evangelisierung fortzusetzen, und versicherte ihm, dass viele Menschen durch ihn zum Glauben kommen werden.

Maria bat Jakobus außerdem, an der Stelle ihrer Erscheinung eine Kirche zu errichten. Sie hinterließ dort eine Säule aus dem Edelstein Jaspis, um den Ort zu markieren, und platzierte darauf eine Madonnenstatue mit Kind. Da Maria zu jenem Zeitpunkt noch lebte und sich in Jerusalem aufhielt – das Ereignis soll also vor ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel stattgefunden haben –, muss diese allererste Marienerscheinung als "Bilokation" verstanden werden: der Aufenthalt einer Person an zwei Orten zugleich.

Jakobus, so die Legende weiter, soll zusammen mit einigen Gefolgsleuten umgehend mit dem Bau des gewünschten Gotteshauses begonnen haben. Jene Kirche – eher Kapelle – war der Überlieferung nach das erste Sakralgebäude der Welt, das der Gottesmutter geweiht wurde. Heute steht an derselben Stelle die Basilika Unserer Lieben Frau auf dem Pfeiler.

Martyrium des Jakobus

Nach Vollendung der kleinen Kirche reiste Jakobus wieder nach Jerusalem. Dort soll er unter König Herodes Agrippa im Jahr 44 den Märtyrertod durch Enthauptung gefunden haben. Seine Jünger brachten die sterblichen Überreste zur Bestattung zurück nach Spanien. Dort, wo sich heute die Kathedrale von Santiago de Compostela erhebt, wird seit Jahrhunderten sein Grab verehrt. Die Menschen von Saragossa hingegen nahmen die Mariensäule und die Kirche des Jakobus unter ihre Obhut.

Bild: ©KNA

Die "Basilica de Nuestra Senora del Pilar", in der sich das Gnadenbild Unserer Lieben Frau auf dem Pfeiler befindet. Die im gotischen Stil im 16. Jahrhundert erbaute Kathedrale zählt zu den bedeutendsten Kirchenbauten der Iberischen Halbinsel.

Im Zusammenhang mit der Mariensäule sollen sich in der Geschichte zahlreiche Wunder ereignet haben. Eines ist beispielsweise aus der Zeit des Spanischen Bürgerkriegs (1936 bis 1939) überliefert: Die linksgerichteten Republikaner bombardierten 1936 Saragossa – und auch die Marienkirche. Von den Bomben, die in der Nähe des Gotteshauses abgeworfen wurden, soll jedoch keine einzige explodiert sein. Das prominenteste Wunder spielte sich der Überlieferung nach allerdings im 17. Jahrhundert ab: Miguel Pellicer, ein Bettler aus der spanischen Ortschaft Calanda, fand aufgrund eines amputierten Beins keine Arbeit. Unaufhörlich betete er vor der Mariensäule – bis eines Tages sein Bein auf wundersame Weise wiederhergestellt war.

Solche Wunder sind selbstverständlich immer Glaubenssache. Dennoch gingen auch die Päpste früh von der Echtheit der Marienerscheinung und der Säule aus. Calixtus III. empfahl im 15. Jahrhundert sogar ausdrücklich Pilgerfahrten nach Saragossa. Die Heilige Ritenkongregation bekräftigte im Jahr 1723 die Authentizität der Erscheinung. 1730 erlaubte Papst Clemens XII., dass das Fest von "Unserer Lieben Frau auf dem Pfeiler" im Spanischen Kolonialreich gefeiert werden durfte. Schließlich wurde sie auch zur Schutzpatronin der spanischsprachigen Welt erhoben. Ihr Festtag ist der 12. Oktober – und fällt damit zusammen mit dem spanischen Nationalfeiertag.

Von Tobias Glenz