Des Pfarrers rechte Hand
Bereits seit 8.00 Uhr ist er im "Auftrag des Herrn" im Einsatz. Ohne ihn würden die Gottesdienstbesucher vor verschlossenen Türen stehen. Ohne ihn würden Kelch, Weihwasser- und Hostienschale leer bleiben. Ohne ihn würde niemand wissen, welches Lied heute gesungen wird.
Wenn die anderen kommen ist schon alles vorbereitet
Er ist die rechte Hand des Pfarrers und der gute Geist der Gemeinde. Als Küster – in Süddeutschland auch Mesner genannt – verpasst Matthias Schödlbauer keinen Gottesdienst in seiner Gemeinde Mariä Himmelfahrt in Neunkirchen am Sand vor den Toren Nürnbergs. Wenn Pfarrer, Ministranten und Gottesdienstbesucher kommen, hat er bereits alles für sie vorbereitet. Das Messgewand für den Priester hängt bereit, die Lesezeichen im Evangeliar und Lektionar sind gesetzt, der Predigttext liegt auf der Kanzel. Bleibt sogar noch Zeit, um die Spinnwebe auf der Figur der Gottesmutter zu entfernen.
Davon sehen die Gottesdienstbesucher nichts. Sie würden es nur merken, wenn etwas fehlen würde. "Ich werde immer wieder mal gefragt, was man als Mesner so den ganzen Tag macht", sagt Matthias Schödlbauer und lacht. Nach der Messfeier sind die Gottesdienstbesucher und Pfarrer längst an den sonntäglichen Mittagstisch aufgebrochen. Er muss noch die Kerzen löschen, das Opfergeld in den Tresor schließen und die Altardecken zusammenpacken. Die möchte er am Nachmittag noch waschen und bügeln.
Und dann, Feierabend bis zum nächsten Gottesdienst? Weit gefehlt. Wie in den meisten Pfarreien gehören zu den Aufgaben des Mesners oder Küsters auch Hausmeisterdienste in und um die Kirche und das Pfarrzentrum. Bei einer Fläche von 6.000 Quadratmetern und einigen Gebäuden – von der Kirche über das Pfarrhaus bis zur Pfarrscheune – gibt es stets etwas zu tun: angefangen vom Rasenmähen und Büscheschneiden im Sommer bis zum Winterdienst in der kalten Jahreszeit.
Wackelt das Tischbein, tropft der Wasserhahn, klemmt es in der Toilettenspülung – auch dann ist Matthias Schödlbauer zur Stelle. "Handwerkliche Grundfertigkeiten sollte man für diesen Beruf schon mitbringen, um nicht bei jeder Kleinigkeit sofort einen Handwerker rufen zu müssen", sagt er.
Lektor, Kommunionhelfer, Pfarrgemeinderat
So musste er im vergangenen Winter den in die Jahre gekommenen Gartentraktor wieder instand setzen. Für Matthias Schödlbauer kein Problem, kann er doch nicht nur auf eine Ausbildung zum Zahntechniker, sondern auch auf eine zum KFZ-Mechaniker zurückgreifen.
Dieses vielfältige Wissen kommt ihm und seiner Pfarrei im Alltag oft zugute. "Es ist zum Beispiel bei der Reinigung von liturgischen Geräten sicherlich nicht schlecht zu wissen, dass man Gegenstände aus Gold in besonderer Weise pflegen muss", sagt er. Doch das alleine reicht nicht aus. Welches liturgische Gewand an welchem Festtag getragen wird, gehört genauso zum nötigen Allgemeinwissen. "Allzu kirchenfern sollte man für diese Tätigkeit natürlich nicht sein", sagt Matthias Schödlbauer. "Um Spaß an der Arbeit zu haben, muss man den Glauben schon auch selbst in sich tragen."
Oder man muss ihn wiederfinden. "Ich habe den Kontakt zur Kirche erst durch die Arbeit hier wiederbekommen", sagt er. Wobei ihm das Mesnersein fast schon in die Wiege gelegt wurde. Aufgewachsen ist Matthias Schödlbauer im katholischen Milieu des Caritas-Pirckheimer-Hauses in der Nürnberger Innenstadt. Sein Vater war als Hausmeister im kirchlichen Tagungshaus beschäftigt, seine Mutter dort als Wirtschaftsleitung tätig.
„Um Spaß an der Arbeit zu haben, muss man den Glauben schon auch selbst in sich tragen.“
Der sonntägliche Kirchgang als nicht zur Debatte stehendes Ritual, der Dienst als Messdiener, die christliche Erziehung – für Matthias Schödlbauer irgendwann auch ein Stück zu viel des Guten. "Ich brauchte zu einem gewissen Zeitpunkt einfach Abstand", sagt er. "Nun kam der Bezug auf diese Weise wieder zurück und das ist gut so."
Und wie: Denn nur beim Mesnersein ist es für Matthias Schödlbauer nicht geblieben. Sehr schnell wurde er in den Pfarrgemeinderat gewählt und übernahm auch sonst Aufgaben, die über die eigentliche Tätigkeit hinausgehen. "Dass ich gerade bei Beerdigungen unter der Woche, wenn niemand sonst Zeit hat, den Lektorendienst übernehme oder hin und wieder als Kommunionhelfer aushelfe, liegt doch nahe", sagt er.
Er sei doch ohnehin da und während des Gottesdienstes habe er schließlich die Zeit. "Bis auf die Klassiker, mal den Klingelbeutel durch die Reihen zu geben oder zur Wandlung zu läuten, habe ich doch während eines normalen Gottesdienstes nicht viel zu tun", sagt er. Für ihn alles Selbstverständlichkeiten. Seit kurzem fungiert er sogar als Kantor: Matthias Schödlbauer ist seit mehr als zwei Jahren voll und ganz zurück im Gemeindeleben.
"Ich bin überall, wo man mich braucht"
Kurzfristig eine Beerdigung am Vormittag, nachmittags Gartenarbeit, am Abend dazu noch eine Veranstaltung im Pfarrzentrum – da ist es gut, dass Matthias Schödlbauers Heimweg nur 250 Meter lang ist und er sich schnell umziehen kann. Wobei selbst 250 Meter einige Zeit in Anspruch nehmen können. "Als Mesner ist man stets präsent und deshalb kennen einen die Leute natürlich", sagt Schödlbauer, der vor seiner Zeit als Mesner Oldtimer restaurierte. "Man trifft immer jemanden, der sich mit einem unterhalten möchte."
Der Kontakt mit den unterschiedlichsten Menschen gehört neben der Möglichkeit zur freien Zeiteinteilung und der Vielfältigkeit der Aufgaben zu den Dingen, die für ihn den Reiz seiner Arbeit ausmachen. "Ich bin überall, wo man mich braucht. Nicht nur handwerklich, sondern auch organisatorisch. Immer wieder bin ich auch einfach als Mensch gefragt."
Samstag und Sonntag unabkömmlich
Die Kehrseite der Medaille für den begeisterten Radsportler: Am Sonntag an einem Rennen teilnehmen, ist für ihn schlichtweg unmöglich. Auch an den Samstagen ist Matthias Schödlbauer zumindest im Sommer meist unabkömmlich. Dann herrscht Hochzeit-Hochsaison.
Auch jeder Urlaub ist eine kleine Herausforderung. "Als Mesner ist man schließlich Einzelkämpfer und man braucht immer jemanden, der für diese Zeit die Gottesdienste übernimmt, den Garten gießt oder im Winter den Schnee räumt." An Ostern, Pfingsten, Weihnachten ist ohnehin nicht daran zu denken, sich frei zu nehmen. "Ich genieße es dafür sehr, meinen freien Montag zu haben, an dem ich dann bei gutem Wetter draußen sein kann, wenn andere im Büro sitzen." Auch dafür steht Matthias Schödlbauer gerne am Sonntagmorgen in der Sakristei und füllt die Hostien in die Schale, während sich andere noch eine Tasse Kaffee einschenken und in ihr Brötchen beißen.