Joachim Frank über den Brief Benedikts XVI.

Die Rückkehr des "Panzerkardinals"

Veröffentlicht am 21.03.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Joachim Frank über den Brief Benedikts XVI.

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Sanft hebt er an und mit jener eleganten Noblesse, deretwegen seine Verehrer ihn den "Mozart der Theologen" nennen. Aber wer den Brief zuende liest, in dem Benedikt XVI. ein Geleitwort für eine Schriftenreihe zur Unterstützung seines Nachfolgers ablehnt, dem kommt weniger das Salzburger Genie in den Sinn als die Metapher vom "Panzerkardinal", die einst für die Unerbittlichkeit des Glaubenshüters Joseph Ratzinger stand. Für eine Lektüre der elf "voluminetti" (Büchlein), die KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel als Projekt zur "theologischen Nachrüstung" von Papst Franziskus bewertet, fehlt es dem "Papa Emeritus" (Briefkopf) nach eigener Aussage an Kraft und Zeit. Leider. Tja, es hatte auch nur der Kommunikationschef des Vatikans angefragt. Da könnte ja jeder kommen…

Im zweiten Teil seines Briefes, den der Vatikan erst auf medialen Druck hin veröffentlichte, attackiert Benedikt einen der an der Schriftenreihe beteiligten Autoren. Der Tübinger Theologieprofessor Peter Hünermann ist ihm nicht etwa als Mitherausgeber des großen fünfbändigen Kommentars zum Zweiten Vatikanischen Konzil in Erinnerung, sondern als anti-päpstlicher Frondeur, vor allem aber als Mitinitiator der "Kölner Erklärung". Darin hatten 1989 mehr als 200 Theologieprofessoren gegen den autoritären Führungsstil Papst Johannes Pauls II. sowie den römischen Zentralismus aufbegehrt und damit auch ihren einstigen Kollegen Ratzinger ins Visier genommen. "Nur am Rande" wolle er seine "Überraschung" vermerken, dass dieser Mann nunmehr als ein dem Papst genehmer und gewogener Autor Teil der Vatikan-PR ist.

In benevolenter Lesart bekümmert es, wie der frühere Papst – nachtragend und bar jeglicher Wertschätzung für die Lebensleistung eines Theologen von Rang – Zweifel am eigenen Format zulässt. Eine weniger nachsichtige Betrachtung führt auf die Frage, wie viele innerkirchliche Konflikte der letzten 30 Jahre ohne diese Nickeligkeiten und Kleingeistereien des "großen Theologen" im Kardinals- und Papstgewand hätten vermieden werden können. Am Tag des Abschieds von einem gewisslich Großen in Theologie und Kirche macht dieser Gedanke doppelt traurig und zornig zugleich: Die Kapazität eines Karl Lehmann, von Joseph Ratzinger alias Benedikt nicht in ständiger Konfrontation und Konkurrenz behandelt, sondern als Talent und Charisma im biblischen Sinne gehoben – wie sehr hätte das den geistigen Schatz der Kirche mehren können!

Von Joachim Frank

Der Autor

Joachim Frank ist Chefkorrespondent des "Kölner Stadt-Anzeiger", der "Berliner Zeitung" und der "Mitteldeutschen Zeitung". Außerdem ist er Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP).

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