Patientenbeauftragter: Paragraf 219a ist vernünftig
Für "sehr vernünftig" hält der Patientenbeauftragte der Bundesregierung die Vorschrift zum Werbeverbot für Abtreibungen. Er sehe derzeit keinen Bedarf für eine Gesetzesänderung, sagte Ralf Brauksiepe in einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). Der CDU-Bundestagsabgeordnete warnte mit Blick auf eine Gießener Ärztin, die zu 6.000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde, weil sie auf ihrer Internetseite über die Möglichkeit einer Abtreibung informiert hatte, davor, zu verallgemeinern: "Wir neigen häufig dazu, aus einem Einzelfall, der uns vielleicht nicht plausibel erscheint, zu folgern, dass es eine Gesetzesänderung braucht." Das sei falsch.
Brauksiepe: Wir reden über eine Straftat
Im Mittelpunkt der Debatte steht der Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs. Er untersagt "das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen" von Abtreibungen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht. Es gehe dabei nicht um einen normalen medizinischen Eingriff, betonte Brauksiepe und verwies auf die rechtlichen Rahmenbedingungen. Einerseits müssten Frauen in Konfliktsituationen gut beraten und informiert werden. "Andererseits reden wir über eine Straftat, die unter ganz bestimmten, im Gesetz definierten Voraussetzungen straffrei bleibt."
Bislang habe er keinen Gesetzestext gesehen, den er besser finde, sagte Brauksiepe. "Als Abgeordneter und als Patientenbeauftragter finde ich, dass das, was im Gesetz steht, eine gute Formulierung ist." Flächendeckend sorgten Beratungsstellen dafür, dass Familien insbesondere in Konfliktsituationen unterstützt und beraten würden. "Ich sehe kein ungedecktes Informationsbedürfnis."
Linktipp: "Abtreibung ist keine normale medizinische Leistung"
Nach dem Rückzieher der SPD ist klar: Das Werbeverbot für Abtreibungen bleibt. Moraltheologe Andreas Lob-Hüdepohl freut sich darüber. Im Interview erklärt er, warum es das Werbeverbot braucht. (Interview von März 2018)Diese Position vertritt auch die katholische Kirche, die sich ebenfalls für eine Beibehaltung des Paragrafen 219a ausspricht. Die Debatte darüber ging unterdessen auch auf dem derzeit laufenden Katholikentag in Münster weiter. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) nannte unmittelbar vor Beginn des Treffens das Werbeverbot einen wichtigen Bestandteil im Rahmen des nach der Wiedervereinigung gefundenen Kompromisses zur Abtreibung.
Patientenbeauftragter fordert bessere psychotherapeutische Hilfe
Weiter forderte Brauksiepe im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" eine bessere psychotherapeutische Versorgung. "Wir müssen mehr Angebote schaffen, aber auch stärker präventiv arbeiten", sagte er. Es bedürfe aber auch verstärkter Sensibilität etwa von Vorgesetzten, damit die Not nicht so groß werde. "Ebenso wie die ärztliche Versorgung auf dem Land bewältigt werden muss, braucht es ein entsprechendes Angebot an Psychotherapie", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete.
Er wünsche sich in diesem Zusammenhang auch, dass mehr Kassenzulassungen geschaffen werden. Derzeit haben Patienten auch die Möglichkeit, nicht zugelassene Psychotherapeuten aufzusuchen und über die Krankenkasse abrechnen zu lassen, wenn sie keinen regulären Therapieplatz finden. "Ich höre in diesem Zusammenhang, dass die Krankenkassen solche Kostenerstattungsanträge viel restriktiver handhaben. Dafür habe ich kein Verständnis", sagte Brauksiepe. (kim/KNA)