Unsere Theologen haben eine Kerze nötiger als Bayern!
In einer Woche mit der Top-News "Markus Söder zündet im Wallfahrtsort Maria Vesperbild eine Kerze für Bayern an" können wir uns getrost erstmal dem Wetter zuwenden. "Alle reden vom Wetter – wir nicht" warben einst die Deutsche Bundesbahn und der Sozialistische Deutsche Studentenbund. Heute schweigen nur noch die Theologen zum Wetter.
Während die Ranga Yogeshwars dieser Welt uns erklären, was die Hitzewelle für Zuckerrüben, Arbeitgeber und Paarungsverhalten bedeutet, warten wir vergeblich auf ein Wort zum Sonnenschein. Wer sich fragt, ob es so etwas wie eine optimale Betriebstemperatur für den Glauben gibt, oder ob die deutschen Katholiken romtreuer würden, wenn in unseren Breiten ständig römische Temperaturen herrschen würden, bleibt im Regen stehen. Ein Schönwetter-Theologe möchte offenbar niemand sein.
So hat die meteorologische Theologie seit der bahnbrechenden Hausarbeit "Glaube, Gewissen und Gewitter im gelehrten Diskurs des 16. Jahrhunderts" von Nadja Schuppenhauer aus dem Jahr 2007 - im Internet als eBook für 3,99 Euro erhältlich - offenbar keine Fortschritte mehr gemacht. Das sollte Sachgrund genug sein, um noch einmal darüber nachzudenken, ob die Bistümer in Nordrhein-Westfalen die "sachgrundlose Befristung" von Stellen zumindest für Theologen nicht lieber ausweiten statt einschränken sollten, wie jetzt beschlossen.
Auch ökumenisch gesehen birgt ein dauerhafter Temperaturanstieg für Europa Sprengstoff, der das Frauenpriestertum als Knallfrosch erscheinen lässt. Ein Blick auf die konfessionelle Landkarte des Kontinents genügt, um ihn zu erkennen: Wo die Sonne scheint, sind die Leute katholisch, wo es oft regnet oder schneit, evangelisch. Da scheint die Prognose nicht allzu gewagt, dass die Erderwärmung zu einer Rekatholisierung Europas führen dürfte. Empirische Untersuchungen liegen dazu zwar bislang noch nicht vor, aber, liebe Protestanten, Hand aufs Herz: Haben Sie in den vergangenen Wochen nicht auch bemerkt, dass Ihnen der Papst und der Zölibat irgendwie mit jedem Hektoliter Sonnenmilch sympathischer wurden? Neuevangelisierung durch Erderwärmung nennt man das.
Vielleicht geht es den Theologen mit dem Wetter ja so wie Sting mit dem ewigen Leben. Diese Vorstellung, so bekannte der Sänger in einem Interview, habe ihm schon als Kind "ontologische Höhenangst" eingeflößt. Wer dieses Gefühl nicht kennt, sollte drei Stunden Helene Fischer hören und danach "Englishman in New York".
Gegen "ontologische Höhenangst" hilft wahrscheinlich nicht einmal Klosterfrau-Melissengeist, obwohl deren Erfinderin zu ihrem 175. Todestag am Freitag ausgiebig gewürdigt wurde. Da muss dann wohl doch Markus Söder auch für die Theologen mal eine Kerze in Maria Vesperbild anzünden.