Aufruf zu weltweiter Solidarität angesichts der Seuche

Erzbischof Schick: Corona als Strafe Gottes zu bezeichnen ist zynisch

Veröffentlicht am 14.03.2020 um 11:30 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das Coronavirus ist auch für die Weltkirche eine große Herausforderung. Während Vatikan und Caritas zu weltweiter Solidarität aufrufen, hat der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick klare Worte zu bestimmten innerkirchlichen Interpretationen der Seuche.

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Der Vatikan hat Regierungen weltweit zur Unterstützung armer Staaten beim Kampf gegen die Corona-Krise aufgerufen. Länder mit schwachen Gesundheitssystemen seien mit den Auswirkungen der Virusepidemie überfordert. Jetzt gelte es internationale Solidarität zu zeigen und Mittel und Ressourcen zu teilen, erklärte der für Entwicklungsfragen zuständige Kurienkardinal Peter Turkson am Freitagabend in Rom. Die Krise müsse eine Gelegenheit sein, Verbundenheit zwischen Staaten und Freundschaft zwischen Völkern zu stärken.

Turkson: Menschheit muss sich als Familie wahrnehmen

Zugleich betonte Turkson, die Verbreitung des Virus mache die gravierenden sozialen und ökonomischen Ungleichheiten weltweit sichtbar. Dies betreffe wirtschaftliche Ressourcen und Gesundheitsdienstleistungen wie auch qualifiziertes Personal und wissenschaftliche Forschung. Die Menschheit müsse sich als vernetzte und aufeinander angewiesene Familie wahrnehmen und entsprechend leben, unterstrich der Kardinal. Dass das Virus zuerst nur ein Land getroffen und sich von dort auf den ganzen Planeten ausgebreitet habe, mache dies deutlich.

Turkson rief die Menschen unabhängig von ihrer Glaubenshaltung zu geschwisterlichem Handeln auf und wandte sich gegen die Stigmatisierung von Erkrankten. "Die Krankheit kennt keine Grenzen und Hautfarben; sie spricht nur eine Sprache", so der Kardinal. Angesichts einer drohenden Wirtschaftskrise durch das Virus erinnerte er politische und wirtschaftliche Verantwortungsträger an soziale Gerechtigkeit und Unterstützung für Unternehmen und Forschung.

Auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick ruft zu mehr Nächstenliebe in der Corona-Krise auf. "Tut alles, um das Virus zu beherrschen, sorgt für die Erkrankten und kümmert Euch um die Furchtsamen, vertieft die Achtsamkeit, verstärkt die Nächstenliebe", schrieb Schick am Samstag auf seinen Social-Media-Kanälen mit Verweis auf das Evangelium.

Zugleich kritisierte der Weltkirche-Bischof der Deutschen Bischofskonferenz: "Coronavirus als Strafe Gottes zu bezeichnen, ist zynisch und mit Jesu Botschaft unvereinbar." Schick appellierte dagegen, die freie Zeit zum Nachdenken über den Sinn, Wert und Ziel des Lebens, über Gott und die Welt zu nutzen. Auch der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sieht in der Verbreitung der Coronavirus "gewiss keine Strafe Gottes, vor der wir Angst haben müssen und der wir nicht entkommen können". Gott liebe die Menschen bedingungslos und er möchte, dass es uns gut geht", so Bätzing am Samstag in Limburg.  Marian Eleganti, Weihbischof im Schweizer Bistum Chur, hatte in einem Video einen Zusammenhang zwischen dem Glauben einer Gesellschaft und ihrer Betroffenheit von Krieg, Seuchen und anderen Katastrophen hergestellt. Deswegen seien jetzt Umkehr, Buße und Gottesvertrauen gefragt. Weihwasserbecken zu leeren, sei dagegen eine "Kapitulation" des Glaubens.

Auch im sozialen Bereich könnte das Virus große Auswirkungen haben. So warnte die Caritas angesichts eingeschränkter Besuche und Kontakte in Pflegeheimen vor einem "Einsamkeitsrisiko". Es gebe aber auch schon eine Reihe von privaten Hilfsinitiativen, sagte Caritas-Sprecherin Mathilde Langendorf am Samstag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. So böten Menschen in Sozialen Netzwerken unter #Coronahilfe ihre Unterstützung an, etwa um Einkäufe für ältere Menschen in der Umgebung zu erledigen. "Manche hängen auch einen Zettel im Treppenhaus aus", lobte Langendorf. Sie rief zur Nachahmung auf. Wer sich bei der Caritas engagieren wolle, solle sich an den entsprechenden Ortsverband wenden. "Wir werden als Gesellschaft darauf angewiesen sein, dass alle einen Beitrag leisten."

Oberammergauer Festspiele in Gefahr

Ganz andere Sorgen hat Frederik Mayet, Jesus-Darsteller in Oberammergau. Er sieht wegen der Corona-Krise mit Bangen auf den Start der Passionsspiele. "Sollte die Gefahr für Gäste und Mitwirkende im Mai noch zu groß sein, wird man überlegen müssen, die Premiere zu verschieben. An eine Absage wollen wir gar nicht denken", sagte der 40-Jährige dem Magazin "Spiegel" (Samstag). Die Passionsspiele in Oberammergau finden nur alle zehn Jahre statt und sollen am 16. Mai starten. (gho/KNA)

14.03.2020, 17:00 Uhr: ergänzt um Statement von Georg Bätzing

Linktipp: Corona als Strafe Gottes? Scharfe Kritik an Churer Weihbischof

Für Weihbischof Marian Eleganti hängen der Grad des Glaubens auf der Welt und das Auftreten von Seuchen wie Corona zusammen. Statt leeren Weihwasserbecken brauche es nun Buße und Umkehr. Widerspruch auf diese Thesen ließ nicht lange auf sich warten.