Societas Jesu (SJ)

Wachsen und lernen

Veröffentlicht am 06.01.2015 um 23:55 Uhr – Von Sascha Stienen und Agathe Lukassek – Lesedauer: 
Schüler der Jesuitenschule St. Blasien.
Bild: © KNA
Jesuiten

Bonn ‐ Eine Kanonenkugel und ein zertrümmertes Knie beim Ritterspross Ignatius von Loyola trug dazu bei, dass der größte Männerorden der Kirche gegründet wurde. Die Jesuiten kümmern sich verstärkt um Bildung.

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Ausgerechnet eine Kanonenkugel trug dazu bei, dass Ignatius von Loyola 1539 den größten Männerorden der katholischen Kirche gründete. Der gebürtige Baske, Jahrgang 1491, entstammte einem alten Rittergeschlecht. Als junger Mann liebte er das Waffenspiel, Raufereien und Liebesabenteuer. Doch im Alter von 30 Jahren zerschmetterte ihm eben jene Kanonenkugel das rechte Bein, als er die Festung Pamplona verteidigte - das Ereignis sollte sein Leben grundlegend verändern.

Was folgte, waren ein Monate langes Krankenlager und der Wandel vom Lebe- zum Gottesmann. Seine größte Tat: die Gründung der Gesellschaft Jesu.

Der Jesuitenorden (Kürzel: SJ) wurde 1540 per Dekret von Papst Paul III. zugelassen, ist also eine Gemeinschaft "päpstlichen Rechts". Dem Papst fühlen sich die Jesuiten auch heute noch besonders verbunden. Der Sitz ihres Generaloberen ist Rom. Weltweit gibt es rund 90 Provinzen mit mehr als 17.500 Mitgliedern (Stand: Juli 2012). Ihr Auftrag: der Dienst am Glauben und der Einsatz für Gerechtigkeit.

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Bild: ©KNA

Die Gründung des Jesuitenordens: Ignatius von Loyola (kniend in der Mitte) und seine Gefährten legen am 15. August 1534 ihre Gelübde ab. Peter Faber (rechts), damals noch der einzige Priester aus dem Kreis, reicht ihnen die Kommunion.

Das Wort "Jesuit" kommt von Jesus. Die Brüder verstehen sich auch heute noch als Gefährten Jesu, als Männer, die in Freundschaft zu Jesus Christus leben und sich von ihm in Dienst nehmen lassen. Am Beginn der Ordensgemeinschaft stehen Ignatius von Loyola und seine geistlichen Übungen, die Exerzitien, die er über lange Jahre entwickelte – und die bis heute ihre Gültigkeit haben. Ignatius nennt sich in seiner Autobiografie selbst "Der Pilger". Das Prinzip des Unterwegsseins, des Wachsens und Lernens gilt als Leitidee seiner Spiritualität. Für ihn und seine Nachfolger führt das Bemühen um eine tiefe Gottesbeziehung hinaus in die Welt und zu den Menschen. Die Jesuiten leben nach Jesu Vorbild: besitzlos, ehelos und gehorsam. Zum vierten Gelübde, das später abgelegt werden kann, gehört der besondere Gehorsam gegenüber dem Papst.

Selbstverantwortung im Vordergrund

Die Jesuiten haben weder eine einheitliche Ordenskleidung noch ein einheitliches Chorgebet. Selbstverantwortung lautet ihr Gebot: Jeder soll nach seinen Lebensumständen Gebet und Andacht ausüben. Das kann in einem der großen Ausbildungshäuser (Kollegien) sein, in einer kleinen Wohngemeinschaft oder gar ganz allein. Das Ordenssymbol aber ist überall gleich: Das Monogramm IHS steht für die ersten drei Buchstaben des Namens Jesu in griechischer Schrift.

Höchstes gesetzgebendes Organ des Jesuitenordens ist die unregelmäßig tagende Generalkongregation. Das Gremium setzt sich zusammen aus den Provinziälen und bis zu zwei Delegierten aus jeder Provinz. Diese Vertreter entscheiden über die Geschicke des Ordens. Seit der Gründung 1539 haben 35 Generalkongregationen stattgefunden, die letzte von Januar bis März 2008. In den Provinzen haben die Provinziäle das Sagen, auch die Untergruppen sind hierarchisch organisiert. Die deutsche Provinz hat knapp 400 Mitglieder; zu ihr gehören auch Dänemark und Schweden. Das Durchschnittsalter in den deutschsprachigen Provinzen liegt bei rund 65 Jahren.

Ein Schwerpunkt der Jesuiten ist die Bildungsarbeit. Der Orden betreibt weltweit Hochschulen und Universitäten, Gymnasien und andere Schulen. Allein in Lateinamerika sind das knapp 3.000 Dorfschulen. Insgesamt besuchen rund drei Millionen Lernende die Bildungseinrichtungen des Ordens. Weitere wichtige Betätigungsfelder sind die geistliche Begleitung von Laien, die Sozial- und Flüchtlingsarbeit sowie die Medienarbeit - so steht etwa Radio Vatikan unter der Leitung der Jesuiten.

Mit der Wahl von Jorge Mario Bergoglio zum Papst am 13. März 2013 ist mit Franziskus zum ersten Mal ein Mitglied des Jesuitenordens das Oberhaupt der katholischen Kirche. Der 30. Generalobere der Jesuiten ist seit 2008 der Spanier Adolfo Nicolas.

Von Sascha Stienen und Agathe Lukassek