Ordo Carmelitarum (OCarm)

Vor Gott stehen

Veröffentlicht am 06.01.2015 um 23:54 Uhr – Von Gabriele Höfling – Lesedauer: 
Karmelitinenn beten im Berliner Karmel "Regina Martyrum".
Bild: © KNA
Karmelitinnen

Bonn ‐ Ein Orden ohne direkt identifizierbaren Ordensgründer – was ungewöhnlich klingt, ist bei den Karmeliten und Karmelitinnen der Fall.

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Die Karmeliten (OCarm) haben sich nicht nach einer Person, sondern nach einem Ort benannt: Im 12. Jahrhundert entwickelte sich der Orden aus einer Gruppe von Kreuzfahrern und Pilgern, die sich im heutigen Israel am Berg Karmel niederließen und ein streng asketisches Leben führten.

Die ersten Karmeliten-Mönche lebten nach dem Vorbild von Eremiten unter Stillschweigen in Keuschheit und Armut. Nur zu wenigen Anlässen wie der Messfeier hatten sie Kontakt untereinander. Als Vorbild nahmen sich die Ordensleute die heilige Maria und den Propheten Elija, der im 9. Jahrhundert vor Christus mit seinen Jüngern am Berg Karmel gelebt haben soll. Noch heute gibt es dort zwei Karmeliten-Klöster. Papst Honorius III. bestätigte den Orden im Jahr 1226. Der erste deutsche Karmel bildete sich schon früh: 1249 ließen sich einige Ordensvertreter in Köln nieder.

Zwei Gruppierungen

Kurz zuvor, im Jahr 1247, hatte Papst Innozenz IV. eine gelockerte Ordensregel bestätigt, die den Karmeliten die Möglichkeit zur Seelsorge außerhalb der Klostermauern gab und das Gebot des Stillschweigens abmilderte. Im 16. Jahrhundert spaltete sich der Orden in zwei Gruppierungen auf. Zuvor war es zu weiteren Lockerungen gekommen, die einem Teil der Mitglieder zu weit gingen. Teresa von Avila (1515-1582) reformierte ihren Karmel und besann sich dabei auf die Regel von 1247 zurück. Gut ein Jahrzehnt nach ihrem Tod, im Jahr 1593, spalteten sich die strenger lebenden Unbeschuhten Karmeliten von den Beschuhten Karmeliten ab. Beide Ordensrichtungen sind in der katholischen Kirche anerkannt.

Bild: ©andrea-goeppel.de

Gian Lorenzo Berninis "Verzückung der heiligen Theresa". Die Kirchenlehrerin Teresa von Avila ist wohl die bekannteste Karmelitin.

In der Folgezeit betätigten sich die Karmeliten auch als Missionare. Mit der Entdeckung des amerikanischen Kontinents kamen sie bis nach Panama, Kolumbien und Brasilien. Deshalb gibt es heute auf der ganzen Welt Konvente beider Ordenszweige.

Edith Stein gehörte dem Orden an

Neben den Franziskanern, Dominikanern und Augustiner-Eremiten zählen die Karmeliten zu den klassischen Bettelorden. In Deutschland ist der weibliche Ordenszweig mit rund 25 Niederlassungen (Stand: Juni 2012), sogenannten Karmeln, besonders stark vertreten. Eine der bekanntesten Vertreterinnen ist die heilige Edith Stein, die 1922 vom Judentum zum Katholizismus konvertierte und 1933 in den Kölner Karmel eintrat. 1942 wurde sie wegen ihrer jüdischen Herkunft in einem Konzentrationslager der Nationalsozialisten ermordet.

Auf ihren Internetseiten betonen die Karmeliten, dass sie den Sinn ihres Ordens primär im "Stehen vor Gott", also in Meditation und Gebet sehen und ihre anderen Aufgaben erst nachgeordnet begreifen. Sie tragen ein braunes Gewand mit Überwurf und Kapuze, bei feierlichen Anlässen einen weißen Mantel mit einer weißen Kapuze.

Der Karmelitenorden in Deutschland

Von Gabriele Höfling