Pontifex gibt bei "Fliegender Pressekonferenz" auch nächste Reiseziele bekannt

Papst Franziskus verteidigt Irak-Reise trotz Corona-Pandemie

Veröffentlicht am 08.03.2021 um 15:34 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Wieso war die Irak-Reise des Papstes trotz Corona notwendig? Was sind seine nächsten Reiseziele? Und wohin will er definitiv nicht mehr zurückkehren? Bei einer seiner legendären "Fliegenden Pressekonferenzen" stand Franziskus Journalisten Rede und Antwort.

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Nach seiner viertägigen Irak-Reise ist Papst Franziskus am Montagmittag wieder in Rom eingetroffen. Zuvor stand er auf dem Rückflug von Bagdad bei einer "Fliegenden Pressekonferenz" Journalisten Rede und Antwort.Dabei verteidigte Franziskus die Entscheidung, trotz der Covid-Pandemie in den Irak zu reisen. Den Beschluss habe er nach Abwägung der Risiken frei und aus innerer Überzeugung gefällt, sagte der Papst. "Ich habe viel darüber nachgedacht, viel gebetet." Ausschlaggebend war nach seinen Worten "die Sorge um die Menschen". Als maßgeblich nannte er auch die "erschütternden" Berichte über das Schicksal der Jesiden, die unter den Terrormilizen des "Islamischen Staates" (IS) besonders zu leiden hatten.

Jede Papstreise sei Ergebnis eines "langen Wegs" der Abwägung und Vorbereitung, betonte Franziskus. Zur aktuellen Visite luden ihn nach seinen Worten zwei aufeinanderfolgende irakische Botschafter beim Heiligen Stuhl, deren Amtskollegin beim Staat Italien und Staatspräsident Barham Salih ein. Der Papst räumte ein, dass ihn das dreitägige Programm Kraft gekostet habe: "Diese Reise hat mich wesentlich mehr erschöpft als die anderen", sagte er unter Verweis auf seine 84 Jahre.

Papst sieht neuen Schritt im Dialog mit Islam

In seiner Begegnung mit Großajatollah Ali al-Sistani sieht Franziskus einen wichtigen Schritt zur Verständigung der Religionen. Der Papst stellte den Empfang durch den schiitischen Geistlichen in Nadschaf in eine Reihe mit dem Dokument von Abu Dhabi über die "Brüderlichkeit aller Menschen". Den Text, der nach Worten des Papstes während sechs Wochen im Geheimen vorbereitet und im Februar 2019 mit dem sunnitischen Großimam Ahmad al-Tayyeb unterzeichnet worden war, nannte er einen "ersten Schritt". Das Treffen mit al-Sistani sei ein zweiter, "und es werden weitere folgen". Das Abu-Dhabi-Dokument habe ihn zu seiner im Oktober veröffentlichten Enzyklika "Fratelli tutti" über die "Geschwisterlichkeit aller Menschen" bewegt; beide Texte müssten gemeinsam gelesen werden, weil sie in die gleiche Richtung zielten, so der Papst.

Zur Frage, ob die Begegnung mit dem angesehenen Geistlichen im Irak auch ein Signal für den schiitischen Iran enthalte, antwortete Franziskus, es sei eine "universale Botschaft" gewesen. "Ich verspürte die Pflicht zu dieser Pilgerfahrt des Glaubens und der Buße", sagte Franziskus. Er habe in al-Sistani "einen Großen, einen Weisen" und einen "Mann Gottes" treffen wollen. Franziskus beschrieb den 90-jährigen Großajatollah als sehr respektvoll und entgegenkommend. "Ich fühlte mich geehrt", sagte der Papst. Er nannte al-Sistani einen "demütigen und weisen" Mann, der seit zehn Jahren keine politische Besucher empfange. Das Treffen habe ihm "in der Seele gutgetan", so Franziskus.

Er verwies auf ein von al-Sistani benutztes Zitat von Imam Ali, einer zentralen Figur für den schiitischen Islam, demzufolge ein Mensch "entweder ein Bruder im Glauben oder Ebenbild in der Geschöpflichkeit" sei. "Tiefer als die Gleichheit können wir nicht gehen", sagte der Papst. "Alle gemeinsam sind wir Geschwister und müssen zusammen mit den anderen Religionen vorwärtsgehen." Franziskus räumte ein, es gebe aus katholischen Reihen auch Kritik an dieser Haltung. Um einen Schritt auf andere zuzugehen, müsse man auch Risiken eingehen. "Solche Entscheidungen werden immer im Gebet und im Dialog getroffen", sagte er. Es handele sich aber nicht um eine Laune, sondern um die Linie, die das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) vorgebe.

Bild: ©Julia Steinbrecht/KNA

Erzbischof Ludwig Schick, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), wertet die Papstreise als starke Botschaft für den Frieden.

Auch über seine kommenden Reiseziele spracht der Papst. So will Franziskus im Herbst den Eucharistischen Weltkongress in Ungarns Hauptstadt Budapest besuchen und dort die Abschlussmesse feiern. Es handele sich aber nicht um einen offiziellen "Besuch des Landes", betonte er. Dabei stellte er eine Visite in der benachbarten Slowakei in Aussicht. Budapest sei nur zwei Autostunden von Bratislava entfernt. "Warum nicht einen Besuch bei den Slowaken machen?", fragte Franziskus. - Der Eucharistische Weltkongress, ein katholisches Großtreffen, findet vom 5. bis 12. September in Budapest statt.

Zudem stellte der Papst nach seinem Irak-Besuch auch eine Reise in den Libanon in Aussicht. Das Land befinde sich "in einer existenziellen Krise" und sei "mehr als nur aus dem Gleichgewicht", sagte Franziskus. Der Libanon leide an der "Schwäche einiger noch nicht versöhnter Verschiedenheiten". Patriarch Bechara Boutros Rai habe einen Zwischenstopp in Beirut im Rahmen der Irak-Reise vorgeschlagen. Franziskus hielt dagegen, dies scheine ihm zu wenig "angesichts des Problems eines Landes, das leidet wie der Libanon". Er habe in einem Brief an den maronitischen Patriarchen jedoch einen Besuch zugesichert. Eine Reise nach Syrien ziehe er hingegen nicht in Erwägung; dessen ungeachtet sei er dem "gemarterten und geliebten Syrien" verbunden.

Selbst nach einem möglichen Amtsverzicht möchte Franziskus jedoch nicht in sein Heimatland Argentinien zurückkehren. "Ich werde hier in meiner Diözese Rom bleiben", sagte er. "Ich war 76 Jahre in Argentinien - das reicht, nicht wahr?", scherzte er. Eine Argentinien-Reise habe für November 2017 zusammen mit einem Besuch in Chile und Uruguay auf dem Programm gestanden, sagte er. Die Visite in Chile sei dann aber wegen der Präsidentschaftswahl im Dezember abgesagt und auf Januar 2018 verschoben worden. In diesem Monat sei ein Besuch in Argentinien und Uruguay aus klimatischen Gründen nicht mehr in Frage gekommen. Daher habe man stattdessen Peru als zweites Ziel gewählt. Der Papst widersprach Spekulationen über eine Abneigung gegen sein Heimatland. Man dürfe keine "Fantasien von Patriaphobie" anstellen.

Schick: Papstreise starke Botschaft für den Frieden

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sieht in der Irak-Reise des Papstes eine starke Botschaft für den Frieden. So sei seine Rede in Ur mit Verweis auf Abraham ein Appell für einen "Dialog der Geschwisterlichkeit, der Vergebung und des Friedens" gewesen, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) am Montag im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Dann wird auch der Irak zu einem gelobten Land werden. Er fordert vor allem die Religionen auf, sich auf den Frieden zu besinnen und dafür zu wirken. Das ist eine starke Botschaft!"

Schick hob zugleich die Erklärung al-Sistanis hervor. Es sei bemerkenswert, "wenn er betont, dass die Christen zum Irak gehören und wie alle Iraker in Frieden und Sicherheit leben können müssen und er sich dafür einsetzen will. Das waren schon hoffnungsvolle Worte", so der Erzbischof. Schick war selbst nach eigenen Worten eingeladen, den Papst zu begleiten. Dies sei jedoch wegen der Vorschriften aufgrund der Corona-Pandemie unmöglich gewesen.

Der Erzbischof sprach von einer der "wichtigsten und gefährlichsten Reisen von Franziskus" in dessen Pontifikat. "Mich hat es gefreut, dass der Papst den Irak überhaupt besuchen kann und dass er den Mut dazu hatte." Er hoffe, dass sich dadurch im Irak etwas bewege. Zum einen gehe es darum, dass Schiiten und Sunniten Frieden fänden. Zum anderen hätte das auch Einfluss auf die gesamte Region, etwa den Iran, Syrien oder die Türkei mit den Kurden, so der Erzbischof. "Der Irak würde zu einem Stabilitätsfaktor für die gesamte Region." Die Kirche in Deutschland rief Schick dazu auf, die Christen im Irak zu unterstützen, so dass sie dauerhaft dort leben könnten. Wichtig sei der Aufbau von Schulen, Kindergärten und auch Universitäten, da diese auch von vielen Muslimen besucht würden. "Das trägt zur Verständigung bei", so der Weltkirche-Bischof, der das Land bereits zwei Mal besucht hat, zuletzt im April vor drei Jahren. (tmg/KNA)