ZdK-Generalsekretär Vesper über den neuen DBK-Vorsitzenden

"Mit ihm kann man streiten"

Veröffentlicht am 13.03.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Stefan Vesper, ZdK-Generalsekretär auf einer Bank im Grünen
Bild: © KNA
Bischofskonferenz

Bonn ‐ Stefan Vesper kennt den neuen Vorsitzenden der Deustchen Bischofskonferenz von der Vorbereitung zahlreicher Großveranstaltungen wie dem ökumenischen Kirchentag 2010. "Er ist eine gute und eine starke Lösung für unsere Kirche", sagt der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken über Kardinal Reinhard Marx. Was er vom neuen Vorsitzenden erwartet und was das Ganze mit Papst Franziskus zu tun hat, erklärt Vesper im Interview mit katholisch.de.

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Frage: Herr Vesper, jetzt ist es offiziell. Kardinal Reinhard Marx ist der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Was war Ihre erste Reaktion, als Sie das gehört haben?

Vesper: Ich habe mich sehr über diese Entscheidung gefreut. Kardinal Reinhard Marx ist eine gute und eine starke Lösung für unsere Kirche. Er ist ein Mann des Dialogs und ein erfahrener Bischof. Wir haben als Laien sehr gute Erfahrung mit ihm gemacht.

Frage: Nach vier Wahlgängen haben sich die Bischöfe schließlich für den Erzbischof von München und Freising entschieden. Was sprach für ihn? Wo sehen Sie seine Stärken?

Vesper: Ich kenne den Kardinal sehr gut, da wir unter anderem den Katholikentag 2006 in Saarbrücken gemeinsam durchgeführt haben. Das damalige Leitwort "Gerechtigkeit vor Gottes Angesicht" spiegelt eine seiner prägenden Überzeugungen wieder: Wir haben als Christen Aufgaben in unserer Gesellschaft, die wir mutig und tapfer angehen müssen. 2010 haben wir dann den ökumenischen Kirchentag unter dem Motto "Damit ihr Hoffnung habt" veranstaltet. Auch das Wort "Hoffnung" bewegt ihn sehr. Denn dadurch entsteht erst die Bereitschaft, sich als Christ in der Gesellschaft aus dem Glauben heraus einzusetzen. Kardinal Marx ist ein Mann, der den Widerspruch liebt, der sich mitten unter den Menschen wohl fühlt und der immer frei predigt. Er schätzt das offene Wort sehr. Dadurch wird er uns glaubwürdig in der Gesellschaft und in der Kirche repräsentieren.

Frage: Es gibt viele Themen, die die Kirche in Deutschland und ihre Gläubigen beschäftigen. Beispiele sind der Missbrauchsskandal, die Affäre um den Limburger Bischof oder die Debatte um die wiederverheirateten Geschiedenen. Muss Kardinal Marx etwas anders machen als sein Vorgänger, Erzbischof Robert Zollitsch?

Vesper: Erzbischof Zollitsch hat in den letzten Jahren – in einer schwierigen Konstellation in der Bischofskonferenz – eine herausragende Leistung vollbracht. Immerhin galt es, das Erbe der Kardinäle Höffner und Lehmann fortzuführen. Mit Kardinal Marx ist jetzt aber eine neue Situation entstanden. Einerseits gibt es einen neuen Papst, andererseits gibt es auch Wechsel auf anderen Bischofsstühlen. Ich glaube, dass Marx jetzt in guter Weise eine starke Führung übernehmen wird. Das ist für unsere Kirche wichtig, da wir in Deutschland eine Öffentlichkeit haben, in der ein Bischof oder Kardinal der Kirche ein Gesicht geben muss. Dafür benötigt man Autorität und Führungskraft.

Kardinal Marx mit Bischofsstab
Bild: ©KNA

Kardinal Reinhard Marx feiert einen Gottesdienst anlässlich seiner Erhebung zum Kardinal am 28. November 2010 in München.

Frage: Auf den Kardinal kommen auch viele öffentliche Auftritte zu. Er ist aber bereits ein vielbeschäftigter Mann. Er gehört beispielsweise dem vatikanischen Wirtschaftsrat und der K8-Kommission an, um nur eine Ämter zu nennen. Wie kann er das meistern?

Vesper: Ich denke, er muss tun, was er schon angekündigt hat. Er muss die Aufgaben neu sortieren und gegebenenfalls abgeben. Ein Aspekt ist mir aber sehr wichtig: Mit der Mitgliedschaft im K8-Gremium gehört er zu denen, die den Reformkurs von Papst Franziskus an wichtiger Stelle mit umsetzen sollen. Dass die deutschen Bischöfe diesen Mann zum Vorsitzenden gewählt haben, ist auch eine Bestätigung des Kurses des Papstes. Das sollte man nicht außer Acht lassen.

Frage: Kommen wir noch einmal zu den Themen, die speziell die deutsche Kirche betreffen. Was muss der neue DBK-Vorsitzende da als erstes angehen?

Vesper: Das wichtigste ist eigentlich, dass wir immer noch dabei sind, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückzugewinnen. Und dafür ist Kardinal Marx eine überzeugende Lösung: Er ist sprach- und argumentationsfähig, mit ihm kann man streiten und ringen. Er hat keine Angst vor der Debatte oder vor den Medien und ist jemand, der in unserer Gesellschaft ein guter Zeuge unseres Glaubens ist. Und auch in der Bischofskonferenz besitzt er Rückhalt und Autorität.

Frage: Sie erwähnten, dass man mit Kardinal Marx "streiten und ringen kann". Mit Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat er das schon getan, als es um das Thema wiederverheiratete Geschiedene ging. Kann es da eventuell zu größeren Konflikten mit Rom kommen, wenn sich Marx nun als DBK-Vorsitzender zu solchen Themen äußert?

Vesper: Ich denke nicht. Marx ist ein überzeugender Anhänger des Papst-Kurses und auf einer Linie mit den Überlegungen von Kardinal Walter Kasper zum Thema "wiederverheiratete Geschiedene". Schon Erzbischof Zollitsch hat gesagt, dass das die Linie ist, auf der die deutschen Bischöfe diskutieren. Das wird durch die Wahl von Kardinal Marx eindeutig bestärkt. Und ich bin sicher, dass er alles dafür tun wird, unsere Kirche zu einer noch barmherzigeren zu machen.

Frage: Was wünschen Sie sich sonst noch für die Zukunft der deutschen Kirche?

Vesper: Dass sich der Rückenwind fortsetzt, den der neue Papst mitgebracht hat. Dass wir weiter an Glaubwürdigkeit gewinnen und gemeinsam mit den Mitgliedern der evangelischen Kirche zeigen, dass Christen der Gesellschaft etwas anzubieten haben.

Das Interview führte Björn Odendahl

Dossier zur Vollversammlung

Mit Spannung blickt die katholische Welt auf die Vollversammlung der deutschen Bischöfe. Katholisch.de stellt fortlaufend alle wichtigen Informationen zusammen.

Deutsche Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz ist der Zusammenschluss der katholischen Bischöfe in der Bundesrepublik. Sie kommen aus den 27 Bistümern, stehen als Ortsbischöfe an der Spitze eines Bistums oder sind Weihbischöfe. Ebenfalls zur Konferenz gehören - auch wenn sie nicht Bischöfe sind - Diözesanadministratoren, die ein Bistum nach Rücktritt oder Tod eines Ortsbischofs übergangsweise verwalten. Die Konferenz dient der Förderung gemeinsamer seelsorglicher Aufgaben, der Beratung und der Koordinierung der kirchlichen Arbeit. Sie gibt Richtlinien vor und pflegt Verbindungen zu anderen Bischofskonferenzen. Ihr oberstes Organ ist die zwei Mal jährlich tagende Vollversammlung. Die Frühjahrstreffen finden an wechselnden Orten statt, die Herbstvollversammlung tagt stets in Fulda und damit am Grab des "Apostels der Deutschen", des heiligen Bonifatius. Derzeit hat die Konferenz 66 Mitglieder (Stand: Februar 2014). Vorsitzender war seit Frühjahr 2008 der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch. In Münster wurde 12. März 2014 der Münchner Kardinal Reinhard Marx zu seinem Nachfolger gewählt.