Standpunkt

Synodalität normalisieren: Der Weg entsteht beim Gehen

Veröffentlicht am 20.10.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Am Wochenende hat in den Bistümern die Auftaktphase der Weltsynode begonnen. Julia Knop mahnt, diesen Beiteiligungsaufruf nicht als Last zu verstehen, sondern als Chance. Es gehe darum, Synodalität zur kirchlichen Normalität werden zu lassen.

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Manchmal ist der Weg das Ziel, zumindest ein Teil davon. Eine Kirche, die synodal werden will, muss sich auf den Weg machen, darf Probleme nicht aussitzen. Der Weg entsteht beim Gehen – doch er entgeht beim Stehen, so ein aus einem Versprecher geborenes geflügeltes Wort der zweiten Vollversammlung des Synodalen Wegs neulich in Frankfurt.

Mit der römischen Bischofssynode zur Synodalität hat der Papst nicht nur die Bischöfe, sondern die ganze Kirche auf synodale Wege geschickt. Die am Sonntag eröffnete Phase der diözesanen Beratung ist ambitionierter als es die reichlich theoretischen Fragebögen der vergangenen Bischofssynoden waren. Sie will nicht Informationen sammeln, sondern einen Kulturwandel initiieren. Es geht um eine "synodale Bekehrung", heißt es im Vorbereitungsdokument: eine Kirche zu werden, die ohne Exklusionen auskommt, die "partizipative Weisen der Ausübung der Verantwortung" ausprobiert und selbstkritisch überprüft, "wie in der Kirche die Verantwortung und die Macht gelebt werden", um unheilvolle Strukturen "umzuwandeln". Kirche soll "glaubwürdiges Subjekt und verlässlicher Partner" werden für sozialen Zusammenhalt, "Inklusion und Teilhabe, den Wiederaufbau der Demokratie, die Förderung der Geschwisterlichkeit".

Das Vademecum benennt eine Reihe hilfreicher Operatoren für die diözesane Beratung: Rollenklärung des Bischofs, eine gute Prozessmoderation durch ein gemischtes Team, aktiv gestaltete Schritte, Transparenz und Partizipation aller von der Beratung bis zur kurzen Zwischenbilanz, die die Bistümer nach den ersten Metern dieses Weges Anfang 2022 erstellen sollen. Weg und Ziel zugleich sei es, ehrlich wahrzunehmen, wie Kirche vor Ort erlebt wird, was im Glauben hilft, welche Schwierigkeiten und Verletzungen kirchliche Erfahrungen aber auch hervorrufen. Und in all dem gut zu hören, welche "Perspektiven der Veränderung"sich vor Ort auftun. Darin werde "die Stimme des Heiligen Geistes hörbar".

Vieles davon geschieht längst und muss unbedingt eingebracht werden – auf dem Synodalen Weg in Deutschland, in Gremien und Verbänden, im Gespräch untereinander. Bis zu einer synodalen Kultur, in der eine solche Vergewisserung kein Krisenphänomen, sondern Normalität ist, ist es aber noch ein gutes Stück Wegs. Umso wichtiger, die jetzige Phase der Weltsynode nicht als weitere Last im Konferenzmarathon wahrzunehmen und erschöpft stehenzubleiben, sondern diese Chance zum Aufbruch zu nutzen. Der Weg entsteht beim Gehen.

Von Julia Knop

Die Autorin

Julia Knop ist Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.