Historiker: Von Pius XII. stammt Begriff "Brüder im Glauben" für Juden
Nach Aussage des Berliner Historikers Michael F. Feldkamp stammt der Ausdruck "Brüder im Glauben" mit Blick auf Juden und Christen vom späteren Papst Pius XII. selbst. Die Formulierung, die sich auch beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) wiederfinde, gehe auf ein Schreiben Eugenio Pacellis (1876-1958) aus der Zeit des Ersten Weltkriegs zurück, sagte der Historiker am Samstagabend bei einem Vortrag der Görres-Gesellschaft in Rom.
Die seit 2020 zugänglichen Archivdokumente über den Papst seien Grundlage für einen Paradigmenwechsel in der Pius-Forschung, so Feldkamp, der 2018 eine Biografie von Pius XII. veröffentlicht hat. Sie zeigten eindeutig, welche Haltung der Papst zur Judenfrage gehabt und wie er ihnen geholfen habe. Pius XII. habe sich aufgrund seiner Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg auf den Frieden konzentriert und grundsätzlich der Neutralität verschrieben. Trotzdem habe er sich, so Feldkamp, bereits sehr früh während der NS-Zeit auf Geheimdiplomatie eingelassen.
Wolf: Vatikan hat wann immer möglich reagiert
Der Historiker Hubert Wolf hatte im vergangenen Jahr von rund 15.000 Bittschriften von Juden aus ganz Europa an Papst Pius XII. in den Archiven berichtet. Der Heilige Stuhl habe wann immer möglich auf die Hilferufe reagiert, so Wolf – etwa mit "Geld, Essen oder einem Unterschlupf". Auch bei Anfragen nach einem Visum oder Geld für eine Schiffspassage, um der Deportation zu entkommen, habe der Papst manchmal helfen können.
Papst Franziskus hatte die Dokumente der Vatikanarchive ab dem 2. März 2020, dem 81. Jahrestag der Wahl Eugenio Pacellis zu Papst Pius XII., zugänglich gemacht. Dies wurde von der Forschung zuvor jahrelang verlangt, um Aufschluss über die Haltung von Pius XII. während der NS-Zeit zu bekommen. Öffentlich zugänglich sind bislang die Archivbestände bis 1939, dem Ende der Amtszeit von Pius XI. (1922-1939). (KNA)