Söding: Papst-Interview zum Synodalen Weg ist kein Verbot
Der Vizepräsident des Synodalen Wegs Thomas Söding sieht in den jüngsten Interviewaussagen von Papst Franziskus keine deutliche Kritik am Synodalen Weg in Deutschland. "Wer auf ein Verbot aus Rom gehofft hatte, wird enttäuscht sein", schreibt Söding auf Anfrage von katholisch.de am Mittwoch in einer Stellungnahme. Der Papst schaue nach Deutschland, beweise Humor und rufe seinen "bemerkenswerten Brief an das pilgernde Gottesvolk in Erinnerung, der den Synodalen Weg in Deutschland von Anfang an zutiefst beeindruckt hat", so der Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, der auch Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum ist.
In einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit den europäischen Kulturzeitschriften des Jesuitenordens hatte Papst Franziskus sich unter anderem zum Synodalen Weg in Deutschland geäußert. "Es gibt eine sehr gute evangelische Kirche in Deutschland. Wir brauchen nicht zwei von ihnen", hat er demnach dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, gesagt. "Problematisch wird es, wenn der Synodale Weg von den intellektuellen, theologischen Eliten ausgeht und sehr stark von äußeren Zwängen beeinflusst wird", so Franziskus. Es gebe einige Diözesen, in denen der Synodale Weg mit den Gläubigen langsam beschritten werde. Diese Äußerungen des Papstes wurden medial teilweise als Kritik am Reformprojekt der deutschen Katholiken verstanden. Zudem betonte er, dass er seinen Brief "An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" selbst verfasst und dass er dort geschrieben habe, was er denke.
In seinem Brief habe der Papst die spirituelle Dimension des Synodalen Wegs als entscheidend herausgestellt, so Söding, der als Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum lehrt. "Wer bei den 'Einhalten', den Schriftgesprächen, den Eucharistiefeiern der Synodalversammlung das Herz nicht verschließt, kann den Geist ein- und ausatmen, der von Gott ausgeht und mit ihm verbindet." Franziskus habe dazu aufgerufen, die Zeichen der Zeit zu erkennen, ohne sich bloß an den Zeitgeist anzupassen. "Dies versucht der Synodale Weg in Deutschland", so Söding. Der Reformprozess antworte auf die pastorale Situation vor Ort und bringe diese Erfahrungen in den weltweiten Synodalprozess der Kirche ein. "Der weltweite und der deutsche synodale Prozess passen sehr gut zusammen, so unterschiedlich die Methoden und Zielsetzungen sind."
Synodaler Weg sei kein "Exportmodell für die ganze Welt"
Zu den Markenzeichen des Synodalen Weges gehöre die starke Einbindung der Theologie in die Beratungen und Entscheidungen, so Söding. Der Synodale Weg bringe die Bischöfe mit vielen Gläubigen aus Orden und Verbänden, diözesanen Räten und katholischen Berufsgruppen zusammen. Das ZdK garantiere dabei "die Augenhöhe eines gemeinsamen Beratens und Entscheidens, das für Deutschland wegweisend ist". Eine evangelische Synode funktioniere dagegen anders. Für das katholische Modell sei etwa die aktive Rolle der Bischöfe typisch – "aber auch die gleichberechtigte Teilhabe anderer, denen die Zukunft der Kirche am Herzen liegt und die ein Mandat des Kirchenvolkes haben". Was in Deutschland entwickelt worden sei, sei kein "Exportmodell für die ganze Welt", so Söding. "Aber es zeigt, was in der katholischen Kirche möglich ist: Bischöfe, die sich anfragen lassen und ihre Antworten zur Diskussion stellen, und 'Laien', die ihre Kompetenz einbringen." Auch in der römischen Synode wäre es seiner Ansicht nach wichtig, dass die Stimme von nichtgeweihten Menschen zählen würden. "Erst dann hätte die katholische Kirche verstanden, was Synodalität ihrem Ursprung nach heißt."
Zudem dürfe nicht vergessen werden, dass es den Synodalen Weg auch gebe, damit über die juristische und historische Aufklärung des Missbrauchs in der Kirche hinaus eine Aufarbeitung gelingen könne. "Wenn es hier keine nachhaltigen Veränderungen gibt, verpufft jeder Versuch, die Frohe Botschaft Gottes neu zur Sprache zu bringen", bilanziert Söding. (cbr)
Das Statement von ZdK-Vizepräsident Thomas Söding im Wortlaut:
Der Papst schaut nach Deutschland – er beweist Humor, und er ruft seinen bemerkenswerten Brief an das pilgernde Gottesvolk in Erinnerung, der den Synodalen Weg in Deutschland von Anfang an zutiefst beeindruckt hat. Wer auf ein Verbot aus Rom gehofft hatte, wird enttäuscht sein. Der weltweite und der deutsche synodale Prozess passen sehr gut zusammen, so unterschiedlich die Methoden und Zielsetzungen sind.
Die Synodalversammlung in Deutschland bringt die Bischöfe mit vielen Gläubigen aus den Orden und Verbänden, den diözesanen Räten und katholischen Berufsgruppen zusammen. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken garantiert die Augenhöhe eines gemeinsamen Beratens und Entscheidens, das für Deutschland wegweisend ist. Evangelische Synoden funktionieren anders. Für das katholische Modell ist die aktive Rolle der Bischöfe typisch – aber auch die gleichberechtigte Teilhabe anderer, denen die Zukunft der Kirche am Herzen liegt und die ein Mandat des Kirchenvolkes haben. Was in Deutschland entwickelt wurde, ist kein Exportmodell für die ganze Welt. Aber es zeigt, was in der katholischen Kirche möglich ist: Bischöfe, die sich anfragen lassen und ihre Antworten zur Diskussion stellen, und "Laien", die ihre Kompetenz einbringen. Wie wichtig wäre es, dass auch in der römischen Synode die Stimme der Jugendlichen, der Frauen, der Männer, die nicht geweiht sind, zählen würden. Erst dann hätte die katholische Kirche verstanden, was Synodalität seinem Ursprung nach heißt.
Zu den Markenzeichen des Synodalen Weges gehört die starke Einbindung der Theologie in die Beratungen und Entscheidungen. Auf diesem Weg kann sich die Kirchlichkeit der Theologie; es kann sich auch die Lernfähigkeit des Lehramtes bewähren. Im "Orientierungstext" wird deutlich, nach welchen Kriterien im 21. Jahrhundert eine Unterscheidung der Geister gelingen kann. In den Grundtexten aller vier Foren – der erste ist bereits verabschiedet – werden die Impulse aus der heutigen Kultur und Wissenschaft in die wegweisenden Entscheidungen der katholischen Kirche eingespeist.
Nie darf vergessen werden: Es gibt den systemischen Machtmissbrauch in der katholischen Kirche. Er ist wissenschaftlich aufgearbeitet worden, mit besonderem Augenmerk auf sexuelle Übergriffe und sexualisierte Gewalt. Es gibt den Synodalen Weg, damit über die juristische und historische Aufklärung hinaus eine Aufarbeitung gelingen kann, die auf die systemische Problematik eine systemische Antwort gibt: Gewaltenteilung, neue Priesterrollen, Zugang von Frauen zu Diensten und Ämtern der Kirche, Erneuerung der kirchlichen Sexuallehre. Wenn es hier keine nachhaltigen Veränderungen gibt, verpufft jeder Versuch, die Frohe Botschaft Gottes neu zur Sprache zu bringen.
In seinem Brief hat Papst Franziskus die spirituelle Dimension des synodalen Weges als entscheidend herausgestellt. Er hat recht. Wer bei den "Einhalten", den Schriftgesprächen, den Eucharistiefeiern der Synodalversammlung das Herz nicht verschließt, kann den Geist ein- und ausatmen, der von Gott ausgeht und mit ihm verbindet. In seinem Brief hat uns Papst Franziskus geschrieben, dass wir uns fragen müssen, "was der Geist heute der Kirche sagt (vgl. Offb 2,7), um die Zeichen der Zeit zu erkennen", ohne bloße Anpassung an den Zeitgeist. Dies versucht der Synodale Weg in Deutschland. Er antwortet auf die pastorale Situation vor Ort und bringt diese Erfahrungen in den weltweiten Synodalprozess der katholischen Kirche ein
Thomas Söding