Und plötzlich im Gotteslob
Die prägenden Köpfe dieses Prozesses waren Petra Schneider und Markus Wittal. Auch zu anderen Liedern, die in einigen Diözesanteilen des Gotteslobs erscheinen, hat die Gemeinschaft Emmanuel Text und Melodie beigesteuert.
Eigentlich hatte Petra Schneider mit dem Komponieren begonnen, um zu beten: "Ich hatte schon als Jugendliche Gitarre und Querflöte gespielt und hatte immer Freude an der Musik. Und als Gemeindereferentin war ich stets froh, wenn ich die Musik irgendwo einfließen lassen konnte." Mittlerweile arbeitet sie in der Verwaltung des Hilfswerks " Kirche in Not ", die Musik hat sie trotzdem nicht losgelassen. Ursprünglich habe sie die Stücke nur für sich geschrieben: "Das war meine Art, meinen Glauben zu leben." Erst später habe sie die Lieder auch ins Gemeinschaftsleben eingebracht. Mittlerweile gibt es etwa 70 Lieder, die aus ihrer Feder stammen, schätzt Schneider.
Die Bibel als Inspiration
Markus Wittal ist Pfarrer der Nürnberger Gemeinden St. Bonifaz, St. Wolfgang und Heilig Kreuz. Auch er ist früh mit der Musik Berührung gekommen, hat Klavier, Gitarre, Querflöte und Orgel gelernt. Musik war eines seiner Abiturfächer. Inspiriert von der Bibel hat er während des Studiums angefangen, einzelne Stücke zu schreiben. Im Laufe der Zeit hat er mehrere Messen, Musicals, Oratorien - teils zusammen mit Petra Schneider - für die Gemeinschaft Emmanuel beigesteuert.
Die Gemeinschaft Emmanuel ist eine der neuen geistlichen Bewegungen, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entstanden. Pierre Goursat hat sie 1972 in Frankreich ins Leben gerufen – damals als Gebetskreis. Schnell fand die Gemeinschaft auch in Deutschland ihre Anhänger. Die Mitglieder nutzen ihre Musik nicht nur für die Liturgie, auch bei der Mission spiele sie eine wichtige Rolle: "Die Musik erreicht das Herz, aber sie ist auch Ausdruck des Herzens im Gebet; und Musik trägt die frohe Botschaft in die Welt", erklärt Wittal. Jedes Jahr kommen neue Lieder dazu: Die gesammelten Werke der Gemeinschaft Emmanuel umfassen in Frankreich etwa 21 Bände; Deutschland hat zwei Liederbücher herausgegeben : Eines mit Lobpreisungen und anderen thematischen Stücken und eines mit liturgischen Liedern.
Im Grunde könne jeder ein Kirchenlied schreiben, meint Wittal, es bedürfe lediglich ein wenig liturgisches Grundwissen, "aber bei weitem kein Theologie-Studium." Ein paar Kriterien gilt es jedoch zu erfüllen: Ein geistliches Lied muss passen – zum Beispiel im Gottesdienst: "Ein Eingangslied muss zum Beispiel den Fokus auf Gott lenken, aber auch die Gemeinde selbst in den Blick zu nehmen", so Wittal. Bei anderen Stücken müsse man sich strenger an die Worte des Messbuchs halten. Oft dienen die Lieder auch dazu, die Liturgie zu erklären und zu erläutern.
Verschlungener Weg ins Gotteslob
Wie es ausgerechnet ihr Lied ins neue Gotteslob geschafft hat, ist Petra Schneider und Markus Wittal weiterhin ein Rätsel. Sie lachen. Die Lieder werden auf Treffen ausgetauscht und verbreiten sich so immer weiter. "Irgendwann ist sicherlich irgendein Diözesanbeauftragter darauf aufmerksam geworden", so Wittal. Und Schneider ergänzt: "Wir sind eigentlich erst im Rahmen der Rechtefrage darauf aufmerksam geworden, dass die Bischofskonferenz das Lied ins Gotteslob aufnehmen möchte."
Der unbekannte "Diözesanbeauftragte", den Wittal als treibende Kraft hinter dem Gotteslob vermutet, ist in Wirklichkeit eine ganze Kommission. Seit Juli 2004 haben die acht Mitglieder der "Arbeitsgemeinschaft Lieder" im Auftrag der deutschen Bischöfe mehr als 3.000 Lieder und Hymnen gelesen, gehört und gesungen. Gemeinsam haben sie dann die 286 Titel ausgewählt, die nun den Stamm des neuen Gotteslobs bilden. Andere Lieder, zum Beispiel "Fest soll mein Taufbund immer stehen", sind den Diözesanteilen vorbehalten, weil jedes Bistum seine eigene Textvariante bevorzugt.
Großer finanzieller Profit ist mit dem Einzug ins Gotteslob jedoch nicht verbunden. Ihre Musik kommerziell nutzbar zu machen, ist aber auch gar nicht das Ziel der Gemeinschaft. Abdrucke und Kopien spülten zwar hier und dort ein wenig Geld in die Kassen, "aber reich wird man damit nicht", so Schneider. Wichtig sei etwas ganz anderes: "Unser Ziel ist die Evangelisierung, also die frohe Botschaft in die Welt zu tragen", sagt Schneider, "Und wenn wir es schaffen, dass wir mit unseren Liedern die Herzen anderer Menschen berühren, ist viel erreicht."