Rom merke, "dass es für den konservativen Flügel gefährlich werden könnte"

Theologe Bogner: Haltung von Kardinal Koch führt Kirche in Irrelevanz

Veröffentlicht am 05.10.2022 um 11:46 Uhr – Lesedauer: 

Zürich/Bad Nauheim ‐ Die grundsätzliche Ablehnung des Synodalen Wegs, die Kurienkardinal Kurt Koch zuletzt gezeigt habe, sei der Weg der Kirche "in die Irrelevanz und die Bedeutungslosigkeit": Theologe Daniel Bogner glaubt, dass man in Rom alarmiert sei.

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Der Schweizer Theologe Daniel Bogner hat den Äußerungen von Kurienkardinal Kurt Koch zum Synodalen Weg in Deutschland widersprochen. Die "grundsätzliche Ablehnung", die der Kardinal zuletzt gezeigt habe, sei "der Weg von der Kirche in die Irrelevanz und die Bedeutungslosigkeit", sagte der Theologe aus Fribourg im Interview dem Schweizer Rundfunksender SRF (Dienstag). Der von Koch als negativ bezeichnete Zeitgeist "darf nicht einfach mit Beliebigkeit verwechselt werden", betonte Bogner. "Zeitgeist beinhaltet all das, was in einer gewissen Zeit passiert. Etwa, dass Männer und Frauen gesellschaftlich gleichwertig zu behandeln sind. Dass Kinder Rechte haben oder dass sexuelle Orientierung etwas höchst Persönliches ist, das wir zu respektieren haben."

Der Synodale Weg sei auch ein Versuch, hier zwischen progressiven und konservativen Stimmen in der Kirche zu vermitteln, erklärte Bogner. Auch die konservativen Bischöfe seien "gezwungen, sich einzubringen und Farbe zu bekennen". Dadurch habe der Synodale Weg bereits deutlich gemacht, dass eine Mehrheit der Bischöfe für Reformen eintrete, so Bogner. "Jetzt merkt man in Rom, dass es für den konservativen Flügel gefährlich werden könnte. Es gibt die Chance für wirkliche Veränderungen."

Der Theologe bezog sich auf ein Interview Kardinal Kochs in der Wochenzeitung "Die Tagespost". Darin hatte er über Parallelen zwischen aktuellen kirchlichen Diskussionen und solchen aus der NS-Zeit gesprochen. Es irritiere ihn, dass in einem Text des Synodalen Wegs "neben den Offenbarungsquellen von Schrift und Tradition noch neue Quellen angenommen werden; und es erschreckt mich, dass dies – wieder – in Deutschland geschieht. Denn diese Erscheinung hat es bereits während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die so genannten Deutschen Christen Gottes neue Offenbarung in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben."

Kritik von Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Limburgs Bischof Georg Bätzing, forderte daraufhin eine öffentliche Entschuldigung. Koch wehrte sich danach gegen den Vorwurf, er habe das Reformprojekt mit den den Nationalsozialisten nahe stehenden evangelischen "Deutschen Christen" verglichen. Bätzing reagierte abermals und zeigte sich mit der erneuten Stellungnahme des Kurienkardinals unzufrieden. Kochs Äußerungen bezeichnete Bogner generell als "grundfalsch, takt- und gefühllos gegenüber Jüdinnen und Juden sowie gegenüber reformierten Christinnen und Christen".

uch die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Deutschland den NS-Zeit-Vergleich des Kardinals. Dass Koch den Synodalen Weg mit der "vom Nationalsozialismus durchdrungenen" protestantischen Bewegung "Deutsche Christen" (DC) vergleiche, sei völlig aus der Luft gegriffen, erklärte das Präsidium des Deutschen Koordinierungsrates (DKR) der Gesellschaften am Dienstag in Bad Nauheim.

Zugleich verharmlose Koch in völlig unzulässiger Weise, so der Koordinierungsrat: "Waren die sogenannten Deutschen Christen evangelische Rassisten, die zum Beispiel versuchten, Jesus von Nazareth als 'Arier' einzuordnen und die Bibel zu 'entjuden', so ist die katholische Erneuerungsbewegung in keinster Weise rassistisch, nationalistisch oder antisemitisch." Es sei "kaum zu glauben, dass der in der Kurie als Ökumeneminister zu bezeichnende Kardinal eine hitlertreue protestantische Bewegung und eine katholische Reformbewegung gleichsetzt", hieß es weiter. (tmg/KNA)