Reforminitiative kritisiert Kasper für Äußerungen zum Synodalen Weg
Die im Bistum Rottenburg-Stuttgart beheimatete Reforminitiative "Pro Concilio – Konzil von unten" kritisiert Kardinal Walter Kasper für seine jüngsten Aussagen zum Synodalen Weg der Kirche in Deutschland. Man habe "mit großer Betroffenheit" die "pauschalen abwertenden Äußerungen" zur Kenntnis genommen, heißt es in einem Offenen Brief an den Kardinal, der katholisch.de vorliegt. "Wir fragen uns, wie es sein kann, dass Sie sich angesichts der beeindruckenden theologischen Sorgfalt, mit der sämtliche Beschlüsse vorbereitet wurden, und der großen Ernsthaftigkeit, mit der in den Konferenzen, Foren und Versammlungen diskutiert wurde, ein solches Urteil erlauben und damit der Mehrheit der deutschen Bischöfe einen Bruch mit der Tradition der katholischen Kirche unterstellen können", heißt es wörtlich in dem Schreiben.
In einem vergangene Woche anlässlich des 60. Jahrestags der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils veröffentlichten Interview mit der Zeitschrift "Communio" hatte Kasper erklärt, dass die katholische Kirche nur dann Zukunft haben könne, "wenn sie auf dem vom II. Vatikanum eingeschlagenen Weg weitergeht, nicht buchhalterisch, sondern in schöpferischer Treue und in synodaler Weggemeinschaft, im gemeinsamen Hören auf Gottes Wort und im Hören aufeinander". Das sei dem Synodalen Weg aber misslungen: "Er hat bei mir und vielen anderen den Eindruck erweckt, er könne und müsse die Kirche sozusagen neu erfinden und dabei seine eigene Agenda durchdrücken." Kasper, von 1989 bis 1999 Bischof von Rottenburg-Stuttgart und ehemaliger Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, gehört zu den deutlichen Kritikern des Synodalen Wegs. Bereits häufiger hatte er betont, dass Reformen zwar nötig seien, die Kirche aber nicht beliebig veränderbar sei.
Manches versperre den Weg zum Evangelium
Man stimme Kasper zwar in der Einschätzung zu, dass einer der Gründe für den Niedergang der Kirche in der westlichen Gesellschaft die zunehmende Gleichgültigkeit gegenüber der Gottesfrage sei, so der Brief weiter. "Aber es gibt nicht nur die Gotteskrise, es gibt auch die Kirchenkrise, die zur Folge hat, dass die Kirche Menschen auf der Suche nach Sinn und Orientierung nicht mehr anzusprechen vermag und dass selbst bislang engagierte Christen resignieren und die Kirche scharenweise verlassen." Die Kirche könne ihrem Auftrag, die froh machende Botschaft des Evangeliums weiterzugeben, nur dann wirkungsvoll nachkommen, wenn sie glaubwürdig sei. "Monarchische Machtstrukturen, männlicher Klerikalismus, Pflichtzölibat, eine rigide Sexualmoral und zahlreiche dogmatische Fixierungen sind nicht Teil der biblischen Heilsbotschaft, sondern versperren als Relikte aus dem 'Gefrierfach' der Kirchengeschichte zahllosen Menschen den Weg zum Evangelium."
Mit den von Kasper angesprochenen "Umbrüchen, die auf den Beginn einer neuen Epoche hinweisen", muss sich laut der Initiative ein neues Konzil der Weltkirche befassen. Es müsse unter einer breiten Beteiligung der Gläubigen stattfinden und angesichts des Pluralismus in der Weltkirche Entscheidungen treffen, "die auf eine Einheit in der Vielfalt hinzielen, also auch gegebenenfalls in einzelnen Bereichen Ungleichzeitigkeiten innerhalb der katholischen Weltkirche ermöglichen".
Kaspers in dem Interview geäußerte Aufforderung an die Kirche in Europa, die "Fackel der Hoffnung" hochzuhalten, könne nur einer Kirche gelingen, "die sich nicht als kleine Minorität mit undemokratischen Leitungsstrukturen, einer nicht nachvollziehbaren Lehre und einer Liturgie in unverständlicher Sprache von der Gesellschaft abgrenzt". Es könne zudem nur einer Kirche funktionieren, "die ihre Botschaft für die Menschen der heutigen Zeit ansprechend formuliert und die gehört wird, weil sie das lebt, was sie verkündet". (mal)