Papstbiograf über Vatikan-Brief: Ultimatum von beiden Seiten
Aus Sicht des britischen Vatikanexperten und Franziskus-Biografen Austen Ivereigh ist der Vatikan-Brief zum Synodalen Rat ein logischer Schritt. Bereits in den vergangenen Jahren habe es ein Hin und Her zwischen Rom und Deutschland gegeben, sagte Ivereigh in einem Interview mit dem Kölner "Domradio" (Mittwoch). "Die Entscheidung des Synodalen Weges, trotzdem über die Einrichtung eines Synodalen Rates abzustimmen, und die angedachte Umsetzung jetzt im März bei der letzten Synodalversammlung mussten unweigerlich dazu führen, dass Rom einschreitet und diesen Schritt für nicht legal oder valide erklärt." Beide Seiten hätten damit jeweils ein Ultimatum ausgesprochen. "Die deutschen Bischöfe sagen: Das haben wir jetzt so beschlossen und das ist rechtens. Rom sagt: Ist es nicht, stoppt den Prozess."
Die Vorstellung, ein neues Organ in der Kirche in Deutschland einzurichten, das nicht nur Bischöfen Entscheidungsgewalt gebe, sei grundsätzlich eine völlige Innovation. "Die Idee eines auf Dauer angelegten synodalen Gremiums sieht für Rom – und auch für mich als Außenstehenden – ähnlich aus, wie die Räte und Einrichtungen, die wir in der anglikanischen oder evangelischen Kirche sehen." Ein solches Parlament führe jedoch zu einer noch tieferen Polarisierung und Streit.
Ivereigh: Deutsche Kirche war unsensibel
Ivereigh machte dabei "ein großes Kommunikationsproblem" aus. Die Lage in Deutschland unterscheide sich jedoch von der in anderen Ländern. "Da ist die deutsche Kirche ein wenig unsensibel gewesen, vorauszusetzen, dass man in diesen Bereichen Reformen anstreben kann, ohne damit eine massive Spaltung auf internationaler Ebene herbeizuführen." Vieles davon beruhe auch auf gewollten oder ungewollten Missverständnissen. Um den Konflikt zu lösen, müsste man den Reformprozess in Deutschland zumindest zeitweise aussetzen, bis die Weltsynode im Vatikan abgeschlossen sei. "Das wäre die 'katholische' Art, den Konflikt anzugehen, auf der universalen Ebene. Ich glaube aber nicht, dass das für viele Delegierte beim Synodalen Weg akzeptabel wäre", erklärte Ivereigh.
Synodaler Rat und Synodaler Ausschuss: Was mit den Gremien gemeint ist
Der Synodale Weg ist nicht befugt, einen Synodalen Rat einzurichten. Und die Bischöfe müssen sich nicht an einem Synodalen Ausschuss beteiligen. Das hat der Vatikan mit seinem Brief klargestellt. Aber was hat es mit diesen Gremien auf sich? Katholisch.de erklärt die Hintergründe.
Er forderte von deutscher Seite mehr Respekt für den Standpunkt und die Entscheidung von Papst Franziskus. "Der einzige Weg nach vorne ist innezuhalten, auf die Argumente aus Rom zu hören und in einen echten Dialog zu treten", so der Papstbiograf. "Wenn die deutsche Kirche den anderen Weg wählt, sagt 'das ist unsere Entscheidung, die ist demokratisch legitimiert und deshalb setzen wir sie um', das zeigt meines Erachtens fehlenden Respekt für den Papst und die Kirche als Ganzes." Ivereigh sieht darin "ein ernstes Problem".
Alle könnten am Synodalen Weg gewinnen
In Deutschland gebe es grundsätzlich manchmal "eine Untugend", alles im Abstrakten zu betrachten. "Meine britische Bitte an die deutsche Kirche wäre also: Geht eure Probleme konkreter an, und weniger im Abstrakten, weil sie abstrakt im Endeffekt nicht gelöst werden können", so Ivereigh. Gleichzeitige könnten "alle daran gewinnen", wenn der deutsche Prozess Erfolg habe, da die Fragen auf lange Sicht ein wichtiger Beitrag in der Weltkirche sein würden. "Die Herausforderung ist nur, wie wir das Beste aus diesem Prozess in die Weltsynode einbinden können und dann – auf synodalem Wege – einen gemeinsamen Weg nach vorne finden."
Am Montag hatte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) ein vom Papst approbiertes Schreiben aus dem vatikanischen Staatssekretariat veröffentlicht, das der Errichtung eines Synodalen Rates in Deutschland eine Absage erteilt: An einem Synodalen Ausschuss müssten Bischöfe sich nicht beteiligen. Zuvor hatten die fünf (Erz-)Bischöfe Rainer Maria Woelki, Bertram Meier, Stefan Oster, Rudolf Voderholzer und Gregor Maria Hanke im Vatikan erfragt, ob sie sich an einem solchen Gremium beteiligen müssten oder dürften. Der DBK-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, betonte bereits am Montag, weiter am Synodalen Weg und dessen Beschlüssen festhalten zu wollen, zu denen auch die Einrichtung eines Synodalen Rats gehört. (cbr)