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Warum ein Theologiestudent ein Messdiener-Gebetbuch geschrieben hat

Veröffentlicht am 26.02.2023 um 00:01 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Münster ‐ Während seine Mitschüler nach dem Abitur gejobbt oder die freie Zeit genossen haben, hat Janis Jaspers ein Buch geschrieben. Damit möchte der Theologiestudent Messdienerinnen und Messdienern helfen, sich vor jeder Messe auf ihren Dienst einzustimmen – und "liturgischen Stress" lindern.

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Wer bringt Kelch und Hostienschale zum Altar? Wer schellt während der Gabenbereitung? Was kommt nach dem Vaterunser? Und wo ist nochmal das große Messdienergewand? "Liturgischer Stress", so nennt Janis Jaspers die manchmal unübersichtlichen und aufgeregten Vorbereitungen in der Sakristei, bevor – gerade an kirchlichen Feiertagen – die Messe beginnt. Und der 21-Jährige weiß, wovon er spricht, denn Jaspers war selbst viele Jahre lang als Messdiener und Gruppenleiter in seiner Heimatpfarrei im nordrhein-westfälischen Kleve engagiert. "Gerade in solchen Situationen ist es wichtig, noch einmal zur Ruhe zu kommen und sich zu vergewissern: Wir haben alles besprochen. Der gute Gott macht den Rest." Hilfreich kann dabei aus Sicht des jetzigen Theologie-Studenten auch ein gemeinsames Gebet sein. Aus diesem Grund hat er ein Buch mit Gebeten für Messdienerinnen und Messdiener verfasst.

Jaspers stört der manchmal verbreitete Effizienzgedanke beim Mitfeiern der Liturgie. "Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen", sagt er. "Es geht vielmehr darum, selbst einen Anteil daran zu haben und davon zu profitieren." Wenn einen persönlich etwas beschäftige oder man vielleicht sogar mit dem Glauben hadere, dann könne man das auch mit in die Liturgie nehmen und die eigenen Anliegen vor Gott bringen. Für Jaspers geht es nicht darum, nach außen hin seinen Dienst zu verrichten, indem man zum Beispiel das Weihrauchfass schwingt oder den Kelch zum Altar bringt: "Das hat auch immer etwas mit der inneren Einstellung zu tun, indem man sagt: 'Ich lasse den Alltag einen kurzen Moment hinter mir, ich bin jetzt hier, ich bin bei Gott und ich mache das für Gott und mit Gott.'" Dafür sei es auch wichtig, vor dem Gottesdienst zur Ruhe zu kommen – beispielsweise durch ein gemeinsames Gebet.

Viele Gebete zu lang und mit komplizierten Begriffen

In seiner Heimatpfarrei gab es schon vor Jaspers Zeit als Messdiener die Tradition, dass alle liturgischen Dienste vor der Liturgie ein Gebet sprechen. Das Problem: Es gab nicht für alle Tage des Kirchenjahres und nur für bestimmte Lesejahre passende Gebete. Auch zu Anlässen wie Taufen, der Erstkommunion oder einer Messdieneraufnahme fehlten Gebete. Viele Texte waren zudem zu lang oder enthielten komplizierte Worte, mit denen die Zuhörenden nicht direkt etwas anfangen konnten. Das wollte Jaspers ändern.

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Schon während er sich im Corona-Jahr 2020 auf das Abitur vorbereitet, beginnt er damit, seine Gedanken in einem Text-Dokument zu formulieren. Nach dem Abitur und vor dem Beginn eines Freiwilligen Sozialen Jahres intensiviert Jaspers seine Arbeit sogar noch: Während andere ehemalige Mitschülerinnen und Mitschüler in dieser Zeit jobben oder sich einfach ausruhen, nimmt Jaspers sich ein Lektionar mit allen drei Lesejahren, setzt sich auf die Terrasse und schreibt an dem Gebetbuch.

Kurz und prägnant, so sollen die Gebete aus Jaspers Sicht sein und sich auf einen zentralen Gedanken fokussieren. Sein persönliches Lieblingsgebet ist beispielsweise das Gebet zum ersten Fastensonntag. Es lautet etwa so: "Vergebender Gott, heute hören wir, wie Jesus dreimal in Versuchung geführt wird. Wir bitten dich: Gib uns die Widerstandskraft, immer wieder neu 'Nein' zu sagen. Amen."

20 Wochenstunden für die Messdienerarbeit

Aber warum braucht es überhaupt unterschiedliche Gebete zur Vorbereitung auf den Gottesdienst? Jaspers ist es wichtig, dass die Ministrierenden durch das Gebet eine spirituelle Grundhaltung einnehmen können für das, was anschließend folgt. "Es bringt einem mehr, wenn man schon mal ein bisschen weiß, wohin die Richtung in der Liturgie geht", sagt der Theologie-Student. Gerade als Ministrant beschäftigt man sich aber nicht unbedingt mit den Lesungen oder dem Tagesevangelium. "Wenn man immer dasselbe Gebet nimmt, dann muss es schon sehr allgemein sein, damit man von Trauer über den Tod an Karfreitag bis hin zur größten Freude über die Auferstehung alles abdeckt", sagt Jaspers.

Das Buch-Projekt verfolgt er aus eigenem Antrieb, zusätzliche Motivation etwa von Hauptamtlichen aus der Gemeinde braucht er nicht. "Ich habe sowieso sehr viel Zeit in die Messdienerarbeit investiert – im Schnitt bis zu 20 Stunden in der Woche", erzählt Jaspers. "Ich habe mir gedacht: Das kann etwas Nachhaltiges sein, das das Potenzial hat, zehn oder zwanzig Jahre genutzt zu werden." Und selbst, wenn das Buch nur kurz genutzt werden würde, habe er sein Ziel erreicht, indem er den Messdienern geholfen habe, sich auf die Liturgie einzustimmen, ist er überzeugt.

Gebet zur Messdieneraufnahme in der Gemeinde

Guter Gott,

am heutigen Tag wächst unsere Messdienergemeinschaft. Wir wollen uns bereit machen für den Dienst an deinem Altar. 

Wir bitten dich: Segne unsere Messdienergemeinschaft auf die Fürsprache des hl. Tarzisius.

Amen.

Als das fertige Buch schließlich in der Sakristei in Kleve ausliegt, fallen die Rückmeldungen überwiegend positiv aus: Viele Hauptamtliche bedanken sich bei Jaspers für seine Bemühungen und die Arbeit am Buch. Und auch bei den Messdienerinnen und Messdienern selbst spürt er Erleichterung darüber, dass es statt langer, komplizierter Texte nun nur noch wenige Zeilen kurze Gebet für die Sonn- und Feiertage des Jahres gibt. Bei seiner Verabschiedung aus der Ministrantenarbeit, bevor er sein Studium in Münster antritt, lobt auch der Messdienerleiter, unter dem Jaspers selbst einmal mit dem Dienst am Altar begonnen hat, seine Arbeit – und betont, dass es doch schade wäre, wenn das Gebetbuch nur in der Sakristei in Kleve ausliegen würde.

Jaspers wendet sich daraufhin mit seiner Vorlage an Verlage – und bekommt zunächst einige Absagen. Zu speziell ist das Thema. Der Leipziger St.-Benno-Verlag sagt schlussendlich aber zu und publizierte das Buch zum derzeit gültigen Lesejahr A. Für den Studenten, so sagt er, ist es ein unbeschreibliches Gefühl, die ersten Exemplare seines Buches auszupacken und in der Hand zu halten.

Dozent leitet Buch an Heimatpfarrer weiter

Und auch in seiner neuen Heimat in Münster bleibt das Buch nicht unentdeckt: Viele Kommilitoninnen und Kommilitonen seien begeistert und hätten interessiert nachgefragt, wie er auf die Idee gekommen sei, erzählt Jaspers sichtbar stolz. Selbst ein Dozent spricht ihn in einem Hauptseminar auf sein Buch an und berichtet, die Empfehlung direkt gleich an seinen Heimatpfarrer weitergegeben zu haben.

Jaspers steht zwar noch am Beginn seines Theologie-Studiums. Dennoch hat er schon einen Plan, wohin ihn sein beruflicher Werdegang einmal führen soll: Der 21-Jährige möchte als Pastoralreferent in der Seelsorge arbeiten – gerne auch im Jugendbereich. Und auch beim nun veröffentlichten Buch soll es nicht bleiben: Die Versionen zu den Lesejahren B und C liegen schon in Jaspers sprichwörtlicher Schublade.

Von Christoph Brüwer

Buch-Tipp

Jaspers, Janis: Gott, wir bitten dich! Ministranten-Gebete in der Sakristei. Lesejahr A: Weihnachtsfest-, Osterfest- und Jahreskreis. Leipzig: St. Benno Verlag. 64 Seiten, 19,95 Euro. ISBN: 9783746262444

Inzwischen ist auch der zweite Band zum Lesejahr B erschienen:

Jaspers, Janis: Gott, wir bitten dich! Ministranten-Gebete in der Sakristei. Lesejahr B: Weihnachtfest-, Osterfest- und Jahreskreis. Leipzig: St. Benno Verlag, 64 Seiten, 19,95 Euro. ISBN: 9783746264561