Staat solle Austrittswilligen nicht zusätzliche Hürden in den Weg legen

Bericht: Berliner Linke will Kirchenaustrittsgebühr ersatzlos streichen

Veröffentlicht am 10.05.2023 um 11:56 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Wer in Berlin aus der Kirche austreten möchte, muss dafür bislang eine Verwaltungsgebühr von 30 Euro bezahlen. Die Linke im Abgeordnetenhaus will diese Gebühr nun abschaffen. Wie sich die neue schwarz-rote Koalition positioniert, ist noch unklar.

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Die Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will die vor gut zehn Jahren eingeführte Verwaltungsgebühr für einen Kirchenaustritt in der Hauptstadt abschaffen. Wie der RBB am Mittwoch berichtete, will die Fraktion noch im Mai einen entsprechenden Antrag in das Landesparlament einbringen. Die Gebühr in Höhe von derzeit 30 Euro solle ersatzlos gestrichen werden, erklärte demnach der rechtspolitische Sprecher der Linken, Sebastian Schlüsselburg. Wenn der Staat schon die Steuern im Auftrag der Kirchen eintreibe, "dann sollte der Staat Menschen, die sich von diesen privilegierten Glaubensgemeinschaften trennen wollen, nicht noch zusätzliche finanzielle Hürden in den Weg legen".

Der Antrag der Linken könnte zu einem ersten Belastungstest für die neue schwarz-rote Koalition im Abgeordnetenhaus werden. Denn laut RBB zeigt sich die SPD, unter deren Bürgermeister Klaus Wowereit die Gebühr einst eingeführt worden war, inzwischen offen für die Streichung der Abgabe. Es stehe "der Religionsfreiheit entgegen", dass ein Kircheneintritt kostenfrei, ein Kirchenaustritt hingegen gebührenpflichtig sei, sagte der neue religionspolitische Sprecher der SPD im Landesparlament, Reinhard Naumann, dem Sender. Seine Fraktion setze sich daher dafür ein, dass bei Kirchenaustritten nicht mehr die austretende Person die Gebühr bezahlen müsse. Stattdessen solle diese "von den Kirchen beglichen werden", so Naumann. Einen entsprechenden Beschluss hatte die SPD bereits bei einem Parteitag im vergangenen Jahr gefasst.

Kirchenaustrittsgebühren derzeit in 14 von 16 Bundesländern

Wie der Koalitionspartner CDU zu der möglichen Abschaffung der Gebühr steht, ist laut RBB noch unklar, auf Nachfrage habe sich die christdemokratische Fraktion nicht äußern wollen. Man müsse den entsprechenden Antrag der Linken für einen Gesetzesänderung abwarten, so ein Sprecher. Die zuständige Kulturverwaltung, die seit Anfang des Monats von dem CDU-Politiker und Katholiken Joe Chialo geführt wird, verwies auf die gültige Rechtslage, wonach die Gebühr einerseits "möglichst kostenneutral" für den Staat sein müsse, gleichzeitig aber auch "keine abschreckende Wirkung" haben dürfe. Chialo selbst werde sich "zu gegebener Zeit" in der Sache positionieren, erklärte sein Sprecher.

Gebühren für einen Kirchenaustritt werden derzeit in 14 Bundesländern erhoben, die Höhe der Abgabe liegt dabei zwischen 12 und 60 Euro. Nur in Bremen und Brandenburg ist der Austritt aus einer anerkannten Glaubensgemeinschaft gebührenfrei. Begründet wurde die Einführung der Gebühr in Berlin einst mit dem Verwaltungsaufwand für die Amtsgerichte, bei denen man einen Kirchenaustritt in der Hauptstadt anzeigen muss. Mit der Höhe von 30 Euro orientiere man sich an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, hieß es 2013 von der damaligen Senatskanzlei. Von den knapp 3,7 Millionen Menschen in Berlin gehörten 2021 rund 506.000 der evangelischen und knapp 300.000 der katholischen Kirche an. (stz)