Nach Bischofs-Veto: Wie geht es mit dem Synodalen Ausschuss weiter?
Was drei Kardinäle in Rom nicht vermocht haben, haben nun vier deutsche Bischöfe in Deutschland geschafft: den Synodalen Weg mit schwer überwindbaren Hindernissen einzubremsen. Im Januar meldeten die Kurienkardinäle Pietro Parolin (Staatssekretariat) Luis Ladaria (Glaubensdikasterium) und Marc Ouellet (Bischofsdikasterium) nicht nur Kritik am Vorhaben eines Synodalen Rats an, sondern untersagten mit Rückendeckung des Papstes gleich seine Einsetzung – auf allen Ebenen. Ein Beratungs- und Beschlussorgan würde eine neue Leitungsstruktur bilden und untergrabe so die Amtsautorität der Bischofskonferenz und der einzelnen Bischöfe, argumentierten die Kardinäle. Daher sei es mit der Struktur der Kirche und des geweihten Leitungsamts nicht zu verbinden.
Die Mehrheit der deutschen Bischöfe hielt dennoch an den Plänen fest, zunächst einen vorbereitenden Synodalen Ausschuss – den hatten die Kardinäle nicht verboten – und später einen Synodalen Rat einzurichten. Der Synodale Ausschuss wurde gewählt, die erste Sitzung auf November terminiert, die römischen Bedenken zur Seite gewischt: Denn die Synodalversammlung hat in ihrem Beschluss festgelegt, dass die Beschlüsse des Synodalen Rats dieselbe Rechtsqualität wie die der Synodalversammlung selbst haben sollen. Das heißt: Sie stellen lediglich Empfehlungen an die Bischöfe dar. Die für Rom besonders problematische Selbstbindung der Bischöfe an Entscheidungen der neuen Gremien wurde aus Zeitmangel sogar noch gar nicht beschlossen und an den Synodalen Ausschuss überwiesen. "Der Synodale Rat, der durch den Synodalen Ausschuss vorbereitet werden soll, wird sich daher entsprechend dem in der Beschlussfassung enthaltenen Auftrag innerhalb des geltenden Kirchenrechts bewegen", stellte der DBK-Vorsitzende Bischof Georg Bätzing daher fest.
Die ekklesiologischen Bedenken der Kardinäle verfingen bei der Mehrheit der Bischöfe nicht. Darauf sollte es aber gar nicht ankommen: Am Ende war das Geld der Hebel. Jeder einzelne Diözesanbischof kann mit seiner Stimme Ausgaben verhindern – der Haushalt des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD), muss einstimmig beschlossen werden, und die Satzung des VDD regelt ausdrücklich, dass alle Erträge und Aufwendungen für jedes Jahr veranschlagt und in den Haushaltsplan eingestellt werden müssen. Ohne einstimmigen Beschluss kann nichts ausgegeben werden. Gegen die für den Synodalen Ausschuss nötigen Mittel gestimmt haben, so teilte es unter anderem das Erzbistum Köln mit, der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki und die Bischöfe Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Stefan Oster (Passau) und Rudolf Voderholzer (Regensburg). Sie gehörten schon zu den fünf Autoren der Anfrage an den Vatikan zum Synodalen Rat, der zu dem Verbot aus Rom führte. Nur der Augsburger Bischof Bertram Meier hat nun für die Finanzierung gestimmt. Die verbleibende Vierergruppe wolle "den Weg zu einer synodaleren Kirche in ihren Bistümern gemeinsam und abgestimmt mit dem synodalen Prozess der Weltkirche gehen", heißt es in Pressemitteilung. Die Bischöfe befürchten, "dass wir zum jetzigen Zeitpunkt mit viel Geld und Aufwand ein weiteres Gremium einrichten würden, dessen Kompetenzen alles andere als klar sind – um am Ende festzustellen, dass wir es so nicht machen können". Außerdem fehle es noch an formalen Beschlüssen von ZdK und DBK, den Synodalen Ausschuss und später einen Synodalen Rat einzurichten – bisher gibt es nur den Beschluss der Synodalversammlung, der gemäß der Satzung des Synodalen Wegs lediglich eine Empfehlung darstellen kann und von sich aus keine Rechtswirkung entfaltet.
Alternative Finanzierung gesucht
Der VDD darf damit die notwendigen Mittel für Sachkosten und Personal für den Synodalen Ausschuss nicht zur Verfügung stellen. Dennoch zeigte sich die Mehrheit der Bischöfe überzeugt, dass damit der Prozess noch nicht zu Ende ist. Nun müsse nach einem "alternativen Finanzierungsmodell gesucht werden, das die Weiterarbeit ermöglicht", heißt es in der Pressemitteilung der Bischofskonferenz. Wie ein solches Modell aussehen kann, ist noch offen. Der VDD ist der einzige bundesweite Rechtsträger, den die Kirche in Deutschland eingerichtet hat, und zuständig für die Finanzierung grundsätzlich aller bundesweiten kirchlichen Aufgaben. Zwar gibt es bereits jetzt verschiedene überdiözesane finanzielle Kooperationen außerhalb des VDD, etwa bei IT- und Meldewesenstrukturen und den gemeinsamen kirchlichen Datenschutzaufsichten. Das sind aber unpolitische Verwaltungsfragen, keine theologisch und ekklesiologisch bedeutsamen und weit über Deutschland hinaus wahrgenommenen Thematiken wie die Frage nach der Weiterarbeit am Synodalen Weg.
Andere Geldgeber als die Bischöfe selbst, die sich am Synodalen Ausschuss beteiligen, sind kaum denkbar - und zwar nicht nur, weil es an passenden externen Zuschussgebern fehlt: Wenn die Kirche sich selbst reformieren will, dann muss sie das aus eigener, auch finanzieller Kraft tun. Alles andere griffe ihre Eigenständigkeit an. Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) kommt als Finanzier eher nicht in Frage. Zwar ist es das beim Synodalen Weg von den Bischöfen als Gegenüber auf Augenhöhe akzeptierte Gremium, ist aber selbst zum größten Teil aus Kirchensteuermitteln finanziert – und damit vom VDD, der die von den Bistümern für bundesweite Aufgaben zur Verfügung gestellten Mittel weiterverteilt.
ZdK will langfristige Änderung des finanziellen Gefüges der Kirche
Das ZdK kann in seiner ersten Reaktion daher nur kommentieren und die bischöfliche Mehrheit bestärken, die angekündigte alternative Finanzierung zu finden. Kurzfristig umsetzbare Ideen dafür kann das ZdK auch nicht anbieten. ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp sieht aber langfristig größere Reformen des finanziellen Gefüges als notwendig an. Die ungeteilte Verfügungsgewalt über die Kirchensteuer in den Händen der Bischöfe habe mit der Entscheidung eine Zäsur erfahren, stellt sie fest, und weiter: "Es ist an der Zeit, dass das Kirchenvolk und die Bischöfe endlich gemeinsam über Prioritäten und Verteilungen beraten und dann auch entscheiden."
Die Forderung zeigt aber nur die Aporie auf, in der sich der Synodale Weg jetzt befindet: Zu den Aufgaben, die die Synodalversammlung dem Synodalen Rat zugedacht hat, gehört gerade diese: nämlich Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung unter anderem zu Finanz- und Haushaltsangelegenheiten der Kirche zu treffen. Schon diese trockene Aufgabe ist in der Kirche eigentlich fest in der Hand des Klerus; Ausnahmen davon gibt es in Deutschland lediglich durch die staatskirchenrechtliche Besonderheit der Kirchensteuer und des Konkordatsrechts. Dass Kirchenvorstände und nicht der Pfarrer das letzte Wort über die Finanzen einer Kirchengemeinde haben, weicht vom universalen Kirchenrecht ab und ist nur aufgrund einer römischen Ausnahmegenehmigung überhaupt möglich. Zuletzt hat die Kleruskongregation 2020 mit einer Instruktion zu Pfarreien noch einmal unmissverständlich deutlich gemacht, dass das letzte Wort vom Pfarrer und nicht von gewählten Gremien ausgeht. Gewaltenteilung, wie sie im Titel des für den Synodalen Rat verantwortlichen Synodalforums genannt wird, ist der Kirche fremd.
ZdK und DBK zeigen sich überzeugt, dass der Synodale Ausschuss dennoch im November seine Arbeit aufnehmen kann. Auf der Agenda des Gremiums steht einiges: Nicht nur die Vorbereitung des Synodalen Rats, der trotz dem römischen Veto nach dem Willen der Mehrheit der Bischöfe kommen soll, sondern auch die Evaluation und Weiterentwicklung der Beschlüsse des Synodalen Wegs. Der Ausschuss sollte auch die Sicherung der notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen des Synodalen Rats klären – also die Frage, an dem er selbst nun zu scheitern droht.
Neben diesen praktischen Fragen sollte der Synodale Ausschuss auch Grundsätzliches debattieren: "Er sucht eine Verständigung über den Begriff der Synodalität als Grundvollzug der Kirche, der tief in der Kirche wurzelt und durch das Zweite Vatikanische Konzil und den weltweiten synodalen Prozess im Pontifikat von Papst Franziskus neu herausgestellt wurde", heißt es im beschlossenen Handlungstext. Grundvoraussetzungen dafür seien synodale Strukturen, eine synodale Kultur des Miteinanders sowie eine innere Haltung der Kritikfähigkeit und der gemeinsamen Suche nach einem tragfähigen Konsens.
Weltsynode greift Konfliktthemen des Synodalen Wegs auf
Die vier Bischöfe, die ihr Veto eingelegt haben, wollen diese Suche erst einmal über Rom spielen: "Die bereits beschlossenen Texte des Synodalen Weges sollen daher jetzt ins Gespräch mit Rom und in den Synodalen Prozess der Weltkirche eingebracht werden." Am selben Tag, an dem die DBK das Scheitern eines einstimmigen Beschlusses verkünden musste, veröffentlichte das Synodensekretariat das Vorbereitungsdokument für eben diese Synode zur Synodalität.
Das Dokument strukturiert die Beratungen bei der Synode im Herbst vor. Auf der Tagesordnung steht demnach auch einer der zentralen Konflikte in der Debatte um den Synodalen Rat: die Rolle und Autorität der Bischöfe. "Wie verstehen wir die Berufung und Sendung des Bischofs in missionarisch-synodaler Hinsicht? Welche Erneuerung der Sichtweise und konkreten Ausübungsformen des Bischofsamts ist in einer von Mitverantwortung geprägten synodalen Kirche erforderlich?" So lauten Fragen zur geistlichen Unterscheidung, die den Synodenteilnehmern an die Hand gegeben werden. Sie sollen darüber beraten, wie bei der Ausübung des bischöflichen Amts Beratung und Beteiligung möglich ist – und was passiert, wenn ein Bischof entgegen des Votums der ihn Beratenden entscheidet: "In welchen Fällen könnte sich ein Bischof veranlasst sehen, eine von den wohl überlegten Ratschlägen der Konsultationsgremien abweichende Entscheidung zu treffen? Auf welche Grundlage würde sich eine solche Verpflichtung stützen?"
Bei der römischen Synode werden die deutschen Themen also in einem weltkirchlichen Kontext diskutiert. Wie es derweil in Deutschland weitergeht, ist nicht abzusehen. Bislang bestand trotz der großen Unterschiede unter den deutschen Bischöfen doch der Grundkonsens, dass theologische Fragen nicht über den Haushalt entschieden werden. Das Erfordernis der Einstimmigkeit war ein Instrument zur Herstellung von Einmütigkeit und Konsensfindung statt tatsächlich ausgeübter Machtoption. Dieser Konsens steht nun nicht mehr. Der VDD selbst ist zwar kein Organ der Kirchenverfassung, aber als Rechtsträger der Bischofskonferenz doch ein Instrument, das der Verfassungsstruktur der Kirche zugeordnet ist. Wie auch immer die neue Finanzierung des Synodalen Ausschusses aussehen wird: Wenn nicht alle Bischöfe der Bischofskonferenz beteiligt sind, schwächt das die Autorität des neuen Gremiums, das dann nur eine Einrichtung einiger Bischöfe und des ZdKs sein kann. Und damit hat die finanzielle Entscheidung doch eine ekklesiologische Komponente – und birgt durch die Aufkündigung des Grundkonsenses zum Haushalt das Potential, dass die Bischofskonferenz noch weiter auseinanderdriftet, als sie es jetzt schon ist.