Expertin: "Freiverantwortliche Suizidvorhaben" respektieren
Respekt vor "freiverantwortlichen Suizidvorhaben gen Ende des Lebens" fordert die Medizinethikerin Bettina Schöne-Seifert. Daraus ergebe sich das Recht, "über sein eigenes Lebensende im Rahmen des Möglichen selbst zu entscheiden", schreibt sie in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstag). Suizidhilfe und Prävention dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Schöne-Seifert verwies auf die Einigkeit unter Fachleuten, "dass die meisten Selbsttötungsabsichten aus psychischen Störungen oder akuten Krisen resultieren". In diesen Fällen gelte es, "auf Abhilfe zu setzen", und hier gebe es "Handlungs-, Forschungs- und Finanzierungsbedarf". Betroffene müssten rechtzeitig Unterstützung und Behandlung erhalten. Die Ermöglichung von Suizidhilfe sei "ein anderes komplementäres Ziel, das nicht mit Präventionserfolgen verrechnet werden kann".
Der Bundestag will Anfang Juli über eine Regelung zur Suizidbeihilfe entscheiden. Es liegen zwei Gesetzentwürfe vor. Ein liberaler ist stärker darauf angelegt, Suizid zu ermöglichen. Der andere stellt den Schutz vor Missbrauch in den Vordergrund. Ferner gibt es Anträge zum Ausbau der Suizidprävention.
Jährlich 10.000 Suizide
Bundesweit gibt es jährlich rund 10.000 Suizide, dreimal so viele wie Verkehrstote. Experten warnen, dass nach einer Freigabe der geschäftlichen Suizidbeihilfe die Zahl der Selbsttötungen zunehmen werde. Die vorliegenden Gesetzesentwürfe verlören "aus dem Blick, dass es erstes Ziel sein muss, Selbsttötungen zu verhindern", sagte der Suizidpräventions-Experte Stefan Hannen am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Bereits im vergangenen Jahr hatte sich die Deutsche Bischofskonferenz (DKB) für möglichst strenge Regeln zur Suizidbeihilfe ausgesprochen. Der Gesetzgeber müsse "der Tendenz entgegenwirken, dass sich der assistierte Suizid als selbstverständliche Form der Lebensbeendigung durchsetzt". Ein Schutzkonzept müsse ebenso das fundamentale Freiheitsrecht schützen, "das eigene Leben und Weiterleben in keiner Weise begründen zu müssen". Zuletzt setzte sich der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer für eine Schutzraumklausel für kirchliche Einrichtungen ein. Mitwirkung und auch Duldung solcher Assistenz in katholischen Einrichtungen und Diensten müssten ausgeschlossen werden können, sonst gerieten die Einrichtungen in Widerspruch zum christlichen Glauben. (cph/KNA)