Fall Dillinger: Staatsanwalt entschuldigt sich für Materialvernichtung
Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat bestätigt, dass ein Teil der Unterlagen und Fotografien aus dem Besitz des Priesters Edmund Dillinger vernichtet wurde. Der 2022 gestorbene Priester wird des sexuellen Missbrauchs verdächtigt. Bei ihm wurden Hunderte, zum Teil pornografische Fotos gefunden.
Generalstaatsanwalt Manfred Kost entschuldigte sich am Freitag in Saarbrücken für die Vernichtung der Unterlagen und erklärte, dies sei nicht die richtige Maßnahme gewesen. Die Behörden hätten vielmehr prüfen müssen, "ob die Unterlagen noch für Vorgänge außerhalb der Strafverfolgung mit Blick auf Opferschutzinteressen und kircheninterne Aufklärungen oder gar bei neuen Ermittlungsansätzen zur Verfügung stehen sollten, auch wenn sich aktuell keine Verdachtsmomente ableiten ließen". Die zum Teil jugendpornografischen Fotos seien aber nicht vernichtet worden.
Zugleich teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wegen des Anfangsverdachts des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen eingeleitet wurde. Nach neuen Medienberichten hätten sich Hinweise auf "mögliche konkretisierbare Taten" ergeben. Ende Juni hatte die Staatsanwaltschaft noch mitgeteilt, dass es wohl keine Ermittlungen im Umfeld des Priesters geben werde. Nun hat die Generalstaatsanwaltschaft in Saarbrücken die Ermittlungen übernommen. Sie kündigte an, in alle Richtungen zu ermitteln und alle Ermittlungsansätze auszuschöpfen.
Vorwürfe gegen Neffen fallengelassen
Der Trierer Bistumspriester Dillinger soll mehr als vier Jahrzehnte lang Jugendliche und junge Erwachsene missbraucht, nackt fotografiert, die Bilder gesammelt und darüber Buch geführt haben. Er starb 2022. Sein Neffe fand in seinem Nachlass unter anderem Hunderte Bilder und machte seinen Verdacht öffentlich. Er wirft der Polizei im Saarland vor, Dokumente seines Onkels vernichtet zu haben, die zur Aufarbeitung hätten beitragen können. Der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) kündigte am Freitag an, die Vorwürfe der Beweisvernichtung gegen die Polizei untersuchen zu lassen.
Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Mainz das Verfahren gegen Dilligers Neffen wegen geringer Schuld eingestellt. Ihm wurde vorgeworfen, kinderpornografische Fotos seines Onkels nicht sofort an die Polizei weitergegeben zu haben. Die Staatsanwaltschaft teilte am Freitag mit, der Neffe habe die Bilder ohne erkennbare sexuelle Motivation besessen, um sie für eine Aufarbeitung des vermuteten Missbrauchs zur Verfügung stellen zu können. Der Neffe hatte sich mit dem Material zunächst an das Bistum Trier und dann an die Medien gewandt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte daraufhin gegen ihn wegen des Verdachts, das gefundene Material weder vernichtet noch einer Strafverfolgungsbehörde übergeben zu haben.
Konkret wertete die Staatsanwaltschaft demnach 4.385 Fotos aus, darunter Dias und Papierfotos. "Die Auswertung ergab, dass keines der sichergestellten Bilder sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern oder Jugendlichen zeigt. Keines der Bilder enthält kinderpornografische Darstellungen", teilte die Staatsanwaltschaft mit. Zehn Aufnahmen zeigen demnach strafrechtlich relevante jugendpornografische Inhalte. Weitere zwölf Fotos sind laut Staatsanwaltschaft im Grenzbereich zu Jugendpornografie einzuordnen.
Der Neffe widersprach zudem einer Erklärung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, wonach er der Vernichtung von Dokumenten und Fotos zugestimmt haben soll. "Ich gebe nichts frei, was ich nicht kenne", sagte er am Freitag. Er habe keine Liste mit den im Haus seines Onkels sichergestellten Fotos und Unterlagen aus Saarbrücken erhalten. Der Behauptung, er sei mit der Vernichtung dieser Dokumente einverstanden gewesen, widerspreche er "in aller Deutlichkeit". (mal/KNA)