Wie frühere Weltjugendtage Leben bis heute prägen
Weltjugendtag 1995 in Manila: Vier Millionen Menschen kommen zur Messe mit Papst Johannes Paul II. zusammen. Sprechchöre mit "John Paul II, we love you". "Gütig steht er einfach nur da", erinnert sich Monika Lazar, "ein Mensch, der so viele Menschen zusammen bringen kann". Mit 30 Jahren war Monika Lazar auf den Philippinen dabei. Und noch heute sprudelt es aus ihr heraus, wenn sie von ihren Erlebnissen spricht. "Wir haben da Weltkirche erlebt, junge Weltkirche."
Die katholische Jugend der Welt versammeln – an diese Idee glaubte Johannes Paul II., als er für Palmsonntag 1984 zu einem ersten internationalen Jugendtreffen nach Rom einlud. Dass die Kirche der Jugend viel zu sagen habe, davon waren auch seine Vorgänger überzeugt. Dass dies jedoch auch umgekehrt gilt, hatte niemand von ihnen so ernst genommen wie der Papst aus Polen: Der gegenseitige Dialog müsse "offenherzig, klar und mutig sein", forderte er.
Zur ersten Auflage kamen rund 300.000 Jugendliche. Johannes Paul II. war von der Veranstaltung so angetan, dass er für das kommende Jahr gleich wieder in die italienische Hauptstadt einlud. Über die Jahrzehnte machte er diese internationalen Jugendtreffen zur festen Institution, ab 1987 mit wechselndem Ausrichtungsort.
Wie die Weltjugendtage waren? "Unbeschreiblich"
So traf sich die Jugend der Welt 1993 zum ersten Mal in Nordamerika, in Denver. Monika Lazar (damals noch Monika Schmidt) war dabei. Als eine von wenigen Deutschen wurde sie in ein internationales Team berufen, das bei den großen Papstmessen die Texte las, ganz vorne saß und dem Papst persönlich begegnete. Die Fotos davon hat sie, ebenso wie Liederhefte und andere Erinnerungen, aufgehoben.
Wie die Weltjugendtage waren? "Unbeschreiblich". Monika Lazar war in der DDR aufgewachsen und hatte dort eine Ausbildung zur Seelsorgehelferin gemacht. "Wir dachten ja, wir sind immer eingeschlossen, die Welt passiert ohne uns. Und dann geht die Grenze auf, die Welt wird für uns offen. Das war ein Erspüren von Freiheit, das ich mir nie hätte vorstellen können", sagt Lazar. So hatte sie sich auch nicht vorstellen können, dass sie ihr weniges DDR-Schulenglisch mal gebrauchten könnte. "Und dann werde ich ausgewählt und muss nach Amerika", sagt sie lachend.
Nach ihren Erlebnissen in Denver organisierte Monika Lazar eine Fahrt zum Weltjugendtag 1995 auf den Philippinen. Mit 30 Personen reisten sie hin, zum bis heute größten Weltjugendtag jemals. Monika durfte wieder direkt am Altar dabei sein – eines ihrer prägendsten Erlebnisse: "Der Blick vom Altarraum; und ich bin ein kleines Teilchen zwischen so vielen jungen, begeisterten Menschen". Ihre Stimme klingt ergriffen, während sie erzählt. "Ich kam aus der DDR mit drei Prozent Katholiken, und plötzlich haben wir gemerkt, dass katholische Kirche mehr ist als wir; dass es eine große Gemeinschaft ist. Auch wenn die Sprache anders ist, fühlt man sich überall auf der Welt aufgehoben und Zuhause."
Dankbar schaut sie auf diese Erfahrungen zurück: "Solche Erlebnisse helfen im Leben über Durststrecken hinweg, das hat mich nachhaltig beeindruckt und geprägt", sagt Monika Lazar. Die Bilder sind ihr auch rund 30 Jahre später noch präsent.
Das sind Bilder, die nicht mehr aus dem Kopf gehen"
Junge Menschen mit bunten T-Shirts und Fahnen, im Hintergrund der Kölner Dom – solche Bilder haben viele Menschen hierzulande im Kopf, wenn sie an den Weltjugendtag 2005 denken. Erstmals fand er in Deutschland statt, Köln war Gastgeber für über eine Million Menschen sowie für den damals frisch gewählten Papst Benedikt XVI. Seine erste Auslandsreise war also ein Heimspiel, Rheinschifffahrt inklusive.
Auf dem gleichen Schiff wie der Papst war Anna Kieserg, weil sie damals im Weltjugendtagschor sang, der viele Programmpunkte begleitete. Die Kölnerin erinnert sich an die Menschenmassen am Rheinufer: "Die Menschen standen quasi bis zum Hals im Wasser, um dem Papst so nah wie möglich zu sein. Das sind Bilder, die nicht mehr aus dem Kopf gehen".
Der damalige Kölner Kardinal Joachim Meisner hatte sich für das Glaubensfest in der Domstadt stark gemacht. "Der Weltjugendtag passte gut zu Köln, weil Köln jeden willkommen heißt", sagt Anna Kieserg, "es war ein Multikulti-Fest". Sie schwärmt von der besonderen Atmosphäre in der Stadt: "Die vielen Menschen, die vollen Bahnen, der Austausch miteinander, irgendwer singt was, andere singen mit – das war ziemlich cool." Eins der Highlights für Anna: das Nachtgebet auf dem riesigen Marienfeld. Das Datum kann sie noch ganz genau sagen, denn die Kölnerin wurde in dieser Nacht 18 Jahre alt.
Agnieszka Piotrowskis Leben prägt ein anderer Weltjugendtag bis heute: 2011 war sie in Madrid mit einer Gruppe der polnischen Mission in Deutschland dabei. Vorher war lange noch unklar gewesen, ob die Studentin aus finanziellen Gründen überhaupt würde mitfahren können. In Madrid sprach ein junger Mexikaner die Gruppe an, schenkte allen einen selbst gemachten Rosenkranz, irgendjemand hatte Seifenblasen dabei, es wurden Fotos zusammen gemacht. Wieder zurück zu Hause erreicht Agnieszka Piotrowski eine Facebook-Anfrage aus Mexiko. Sebastian und sie schreiben viel, telefonieren. Und es kann kein Zufall sein, dass ein Priester aus Agnieszkas Gemeinde eine Pilgerfahrt nach Mexiko organisiert hatte, bei der kurzfristig noch ein Platz frei wurde. Sebastian und Agnieszka trafen sich in Mexiko wieder.
"Man hat die gemeinsame Basis im Glauben"
Heute sind sie verheiratet und leben mit drei Kindern in Hessen. Welche Rolle spielt es für die beiden, dass sie sich bei einem Weltjugendtag kennengelernt haben? "Man hat die gemeinsame Basis im Glauben", sagt Agnieszka Piotrowski, "und bei einem Weltjugendtag ist mehr Nähe, Offenheit, Vertrauen – in einem anderen Kontext wäre es ja komisch gewesen, zum Beispiel direkt Fotos zusammen zu machen." Agnieszka Piotrowski lacht: "Ich mache Werbung dafür, dort einen Partner kennenzulernen – fahrt zum Weltjugendtag!".
Egal wo und in welchem Jahrzehnt: Die meisten Weltjugendtagserfahrungen eint die Faszination, mit unzählig vielen jungen Menschen aus aller Welt zusammen zu kommen. Die Hintergründe jedes Einzelnen sind unterschiedlich, aber die Begegnungen sind von Offenheit geprägt. "In diesem gemeinsamen Glauben mit all den Jugendlichen zusammen, da spürt man den Heiligen Geist." Agnieszka Piotrowski sucht nach Worten, um zu erklären, was einen Weltjugendtag besonders macht. "Man spürt Gott in den anderen Menschen – die Erfahrung ist in mir etwas sehr Großes, aber ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll..." Auch diesen Satz hört man oft, wenn WJT-Begeisterte von ihren Erlebnissen berichten: Manches kann einfach nicht in Worte gefasst werden.