"Dass die Kirche Reformen braucht, weiß Franziskus"

Söding: Kirche braucht Partizipation, um aus Krise zu kommen

Veröffentlicht am 02.10.2023 um 15:26 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Als Berater nimmt der Theologieprofessor Thomas Söding an der Weltsynode in Rom teil. In gleich zwei Interviews hat er seine Erwartungen und Forderungen im Hinblick auf das kirchliche Großereignis formuliert.

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Der Papst sollte nach Ansicht des Bochumer Neutestamentlers und Weltsynoden-Teilnehmers Thomas Söding Beschlüsse künftig nur noch nach Beratungen fassen. "Der nächste Papst sollte dafür Sorge tragen, nicht einsame Beschlüsse zu fassen, sondern auf ein Beratungsgremium zurückzugreifen, das regelmäßig tagt, mehrmals im Jahr, in dem auch Laien vertreten sind", sagte Söding der "Welt" (Sonntag). "Die Kirche braucht eine neue Organisation von Entscheidungsprozessen mit verbriefter Partizipation, wenn sie aus ihrer aktuellen Verfassungskrise herausfinden will", so der Theologieprofessor.

Als Kennzeichen dieser Krise machte er Machtmissbrauch, mangelnde Frauenrechte und eine lebensferne Sexualmoral aus, die auch in "Boomregionen" der Kirche wie beispielsweise Asien ein gewaltiges Problem seien. "Wenn die Kirche diese Probleme nicht in den Griff bekommt, wenden sich die Menschen ab", betonte Söding.

Söding rechnet erst im kommenden Jahr mit Beschlüssen

Angesprochen auf die am Mittwoch beginnende Weltsynode, an der er als theologischer Berater teilnimmt, sagte Söding, dass auf einer Synode lediglich Vorschläge gemacht und keine Dogmen oder Gesetze formuliert würden. Er rechne erst beim zweiten Teil der Versammlung im kommenden Jahr mit Beschlüssen. "Ich sage aber auch: Wer über die Art und Weise beraten will, in der die Kirche künftig Entscheidungen treffen soll, kann die konkreten Fragestellungen nicht ausblenden", so der Theologe. Dies hätten die Dokumente aus allen Erdteilen im Vorfeld gezeigt.

In Hinblick auf das zuletzt belastete Verhältnis zwischen Rom und Deutschland sagte Söding, dass man derzeit auf dem Weg zu einem engeren Austausch sei, "auch mal persönlich und informell". Dies könne nur helfen. "Dass die Kirche Reformen braucht, weiß Franziskus", erklärte der Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). "Dass unser Synodaler Weg in Deutschland erfolgreich weitergeht, hoffen weltweit sehr viele Gläubige." 

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In einem Interview mit dem "Deutschlandfunk Kultur" (Sonntag) betonte Söding, dass bereits bei der Kontinentalsynode in Prag deutlich geworden sei, dass es "unglaublich viel Respekt" vor dem Synodalen Weg der Kirche in Deutschland gebe, darunter viel Zustimmung, aber auch Skepsis. "Das erwarte ich jetzt auch auf der weltkirchlichen Ebene", so Söding. "Meine Aufgabe besteht darin, jetzt die Erfahrungen, die es in Deutschland gibt, konstruktiv-kritisch mit einzubringen, umgekehrt aber auch Fragen an synodale Prozesse in anderen Ländern und in der gesamten Kirche zu stellen."

Nervosität neokonservativer Kreise

Er beobachte eine "gewisse Ängstlichkeit" bei Führungspersonen in der Kirche, die heißen Themen anzufassen. Form und Inhalt gehörten jedoch zusammen, so Söding. "Aber: Viele der Themen, die angegangen werden müssen, sind eigentlich nur in der Form des Konzils tatsächlich zu behandeln und dann zu entscheiden." Die Synode könne ein Weg dorthin sein, sei aber in jedem Fall ein wichtiger Ort, um die Zusammenarbeit zwischen Bischöfen und Nicht-Bischöfen zu fördern. Dass bei der Weltsynode zum ersten Mal auch Frauen stimmberechtigt seien, werde die Beratungen und Beschlüsse nachhaltig verändern. Bis vor Kurzem habe es noch in Stein gemeißelt geschienen, dass nur Bischöfe bei einer Synode sprechen und entscheiden dürften. "Das ist jetzt mit einem Federstrich des Papstes geändert worden."

Er hoffe, dass der Papst seinen Worten auch Taten folgen lasse. "Ich beobachte sehr deutlich die Nervosität neokonservativer Kreise, dass der Papst überhaupt so ein Stichwort wie 'synodale Kirche' ausgerufen hat", so Söding. Von allen Seiten werde versucht, gegen dieses Konzept zu schießen. Nun sei es wichtig, sich auf diesen Prozess zu konzentrieren und darauf zu vertrauen, dass etwas dabei herauskomme. Bislang sei das auf der nationalen und kontinentalen Ebene durchaus der Fall gewesen. "Warum soll es nicht auch auf der katholisch globalen Ebene so sein?", fragte Söding. (cbr)