Bistum hatte Identität von 53 Beschuldigten öffentlich gemacht

Missbrauchsbeauftragte: Namensnennung in Aachen ist wichtiger Schritt

Veröffentlicht am 20.10.2023 um 14:24 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Das Bistum Aachen hat die Namen von Missbrauchsbeschuldigten öffentlich genannt – dafür gibt es Lob von der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung. Das sei ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz – auch auf lokaler Ebene.

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Die Bekanntgabe der Identität von 53 Missbrauchsbeschuldigten durch das Bistum Aachen stößt auf positive Resonanz in Berlin. Die systematische Nennung von Täternamen sei bisher einmalig und ein weiterer wichtiger Schritt zu mehr Transparenz bei der Aufarbeitung, sagte die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Aufdeckung und Aufklärung können nur funktionieren, wenn auch Täter klar benannt werden – eine Forderung, die von Betroffenen schon lange gestellt wird."

Das Bistum hatte die Liste mit Namen von Tätern und mutmaßlichen Tätern am Mittwoch veröffentlicht. Damit sollen laut dem Aachener Bischof Helmut Dieser weitere bislang noch unbekannte Betroffene ermutigt werden, sich zu melden. Der Schritt sei nach langem Abwägen und in Abstimmung mit den zuständigen Gremien erfolgt. Die betroffenen Gemeinden sind laut Bistum vorab informiert worden. Die Personen, die auf der Liste stehen, sind alle bereits tot.

Spannungsfeld von Aufarbeitung und Datenschutz

Claus sprach von einem Spannungsfeld von Aufarbeitung und Datenschutz, das nur über klare Entscheidungen aufgelöst werden könne. "Damit dies gelingt, braucht es die Schritte der Verantwortungsübernahme wie jetzt in Aachen." Die Missbrauchsbeauftragte rief kirchliche, sportliche und weitere Institutionen dazu auf, ebenfalls die Nennung von Täternamen zu prüfen.

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Bild: © picture alliance/chromorange /Monika Wirth

Der Aachener Dom ist die Bischofskirche des Bistums Aachen und das bedeutendste Wahrzeichen der Stadt Aachen.

Claus wies auf die Situation der Kirchengemeinden hin, in denen Täter sowie mutmaßliche Täter eingesetzt waren. Es sei wichtig, die Gemeinden mitzunehmen sowie rechtzeitig über die Veröffentlichung der Namen zu informieren. "Denn sie sind es, die dann vor Ort Rede und Antwort stehen und dort die weiteren Aufarbeitungsprozesse mittragen müssen."

Voraussetzung für die Veröffentlichung der Namen war laut Bistum Aachen, dass der jeweilige Beschuldigte schon mindestens zehn Jahre tot ist. Zudem seien die Betreffenden entweder von staatlichen oder kirchlichen Gerichten rechtskräftig verurteilt worden. Oder in dem jeweiligen Fall sei ein Antrag auf Anerkennung des Leids positiv beschieden worden.

Aachener Aufarbeitungskommission: Große Chance

Auch der Vorsitzende der unabhängigen Aufarbeitungskommission (UAK) im Bistum Aachen sieht eine große Chance in der Veröffentlichung von Täternamen. "Die ganze Aufarbeitungskommission begrüßt diesen Schritt", sagte Thomas Kron am Freitag. Gleichzeitig sprach er von einer mangelnden Vorbereitung des Bistums auf die Folgen der Veröffentlichung.

Kron rechnet nun mit vielen eingehenden Meldungen beim Bistum. Dabei bestehe das Risiko, dass es zu wenig Personal gebe, dies aufzufangen. Es brauche psychologische, sozialpädagogische, seelsorgerische oder juristische Hilfe für Betroffene von Missbrauch wie auch für Gläubige, die nun von Tätern in der Vergangenheit der eigenen Gemeinde erfahren hätten. Bei mangelhafter Betreuung seien die Betroffenen ein weiteres Mal die Leidtragenden.

Kron kritisierte das Bistum für mangelnde Kooperation bei der Arbeit der Aufarbeitungskommission. So hätten die Mitglieder bisher keine Akteneinsicht erhalten. Für die Aufarbeitung von Missbrauch sei diese aber zwingend erforderlich. (cph/KNA)